Bauwelt

„Wir organisieren nicht nur den Wettbewerb, wir entwickeln das gesamte Projekt gemeinsam mit den Bauherren“

Hans-Peter Achatzi und Uwe Dahms vom Büro C4C im Gespräch mit Friederike Meyer

Text: Achatzi, Hans-Peter, Berlin; Dahms, Uwe, Berlin; Meyer, Friederike, Berlin

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Hans-Peter Achatzi (links) und Uwe Dahms in ihrem Berliner Büro, im Gespräch mit Friederike Meyer (vorn)
Foto: Nils Ballhausen

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„Wir organisieren nicht nur den Wettbewerb, wir entwickeln das gesamte Projekt gemeinsam mit den Bauherren“

Hans-Peter Achatzi und Uwe Dahms vom Büro C4C im Gespräch mit Friederike Meyer

Text: Achatzi, Hans-Peter, Berlin; Dahms, Uwe, Berlin; Meyer, Friederike, Berlin

Herr Achatzi, Herr Dahms, warum betreuen Sie Wettbewerbe?
Uwe Dahms   Wettbewerbe sind ein wunderbares Instrument, mit Sicherheit Entwürfe hoher Qualität zu erlangen. Doch hatte es mich als Wettbewerbsteilnehmer oftmals verwundert, dass in der Auslobung bereits entwurfsbestimmende Projektentscheidungen zu früh beziehungsweise nur unzureichend getroffen wurden.
Hans-Peter Achatzi   Wir sind darum zusammen mit dem Bauherren bestrebt, das Projekt weiter zu entwickeln und die optimale Basis für den Entwurf zu legen. Der Wettbewerb ist dann der krönende Abschluss.
Mit welchen Wünschen kommen die Bauherren zu Ihnen?
Achatzi   Beispiel Gelsenkirchen. Der Vorstand von Schalke 04 hatte einen Entwurf für ein neues Fan- und Besuchergebäude auf dem Tisch, war aber nicht zufrieden damit und wollte einen Wettbewerb für die Fassaden durchführen. Sie waren begeistert von der „adidas World of Sports“ in Herzogenaurach, an deren Entwicklung wir mitgewirkt haben, und fragten, ob wir den Wettbewerb betreuen können. Als wir zum ersten Mal auf dem Schalke-Gelände in Gelsenkirchen waren, erkannten wir ein grundlegenderes Problem. Die Orientierung am Standort war unklar, wir hatten den Eindruck, das Gelände braucht dringend eine Ordnung. Wir schlugen vor, in einem Workshop mit den Vorständen und Fanvertretern die Potenziale des Standortes herauszuarbeiten. Am Ende wurde es ein Wettbewerb für die Neuordnung des Geländes und den Neubau eines Fan- und Besuchergebäudes an einem anderen Standort (Bauwelt 48.2012).
Dahms   Aus unserer Sicht ist es in dieser frühen Phase eines Projektes von grundlegender Bedeutung, die Vorgaben und Anforderungen zu hinterfragen. Mit den richtigen Fragestellungen möchten wir den Auftraggebern die Möglichkeit bieten, ihre Anforderungen zu präzisieren und die Aufgabenstellung auf den Punkt zu bringen.
Welche Einstellung haben Sie, wenn Sie mit einem Bauherren ein Programm entwickeln? Was empfehlen Sie, wenn ein Investor zum Beispiel für sein Grundstück maximale Rendite will?
Achatzi   Wir sind Bauherrenvertreter, vermitteln zwischen ihm, den Verwaltungen der Stadt und den Planern. Das ist unsere Aufgabe. Man darf unsere Rolle aber nicht überbewerten. Wir sind keine Quartiersentwickler, können die Stadt nicht verändern. Wir können aber mit den richtigen Fragen Optionen eröffnen und zu einem frühen Zeitpunkt im Projekt alle Beteiligten zusammenführen und zu einer Aufgabenstellung und Lösung begleiten.
Dahms  Wir halten viel von offenen Prozessen und vertrauen ihnen. Eine möglichst offene Kommunikation ist dafür erforderlich. So werden Vermutungen und Gerüchte vermieden. Es entsteht ein vertrauensvoller Prozess.
Wo beginnt für Sie denn der Wettbewerb?
Dahms   Wir trennen Problemraum und Lösungsraum. Erst werden die Anforderungen definiert und wenn der Denkraum möglichst weit geöffnet ist, kann der Wettbewerb starten.
 Welchen Einfluss nehmen Sie auf die Art des Verfahrens?
Dahms  Wir haben eine Beratungsaufgabe, eine Verantwortung und eine Einflussmöglichkeit.
Achatzi   Aber der Bauherr entscheidet natürlich. Unsere Rolle verstehen wir als Berater und stellvertretender Architekt, nehmen also auch die Rolle der späteren Teilnehmer ein. Es ist uns ein Herzensanliegen, für den Bauherrn und die Teilnehmer gleichermaßen ein begeisterndes Verfahren zu entwickeln – mit allen erforderlichen Informationen zum einen und den größtmöglichen Spielräumen zum anderen. Nur so ist ein gutes Ergebnis garantiert.
Sie organisieren häufig offene Wettbewerbe. Welche Erfahrungen haben Sie damit?
Achatzi   Wir halten den offenen zweiphasigen Wettbewerb für ein optimales Instrument. Das hat auch unser Forschungsprojekt für das Bundesbauministerium bestätigt. Es ist jedoch wesentlich, die Leistungsanforderungen in der
1. Phase auf das Nötigste zu beschränken. So hatten wir beim offenen Wettbewerb für eine Studentenwohnanlage in Göttingen zwar mit 169 Teilnehmern in der 1. Phase eine starke Beteiligung, doch bedankten sich im Anschluss überraschend viele Teilnehmer ausdrücklich für das faire und offene Verfahren.
Dahms   Wir sehen die 1. Phase als Bewerbungsphase mit Konzept. Daraus wählt die Jury die Teilnehmer der 2. Runde nach qualitativen Kriterien aus.
Offene Wettbewerbe werden wegen der meist vielen Teilnehmer und des damit verbundenen Vorprüf- und Juryaufwands kritisiert. Was sagen Sie?
Dahms   Bei einem Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren ist der Aufwand auch groß. Ich muss im Vorfeld die Angaben zu den Büroarbeitsplätzen und Referenzen prüfen und ein Auswahlgremium muss tagen. Außerdem: Wenn mehr offene Wettbewerbe stattfänden, würde das die Zahl der Teilnehmer reduzieren und die Auswahl qualifizieren. Wir können zeigen, dass es finanziell und zeitlich keinen grundlegenden Unterschied macht.
Die Angst beim Auslober ist ja meist, dass ein kleines, unerfahrenes Büro gewinnt.
Achatzi   Auch kleine Büros können Großes leisten. Falls der Auslober mehr Erfahrung wünscht, kann man in der Auslobung vorsehen, dass sich kleine Büros in Abstimmung mit dem Auslober mit einem erfahrenen Büro zusammenschließen.
Dahms   Manche Auslober legen besonderen Wert darauf, internationale Namen im Wettbewerb zu haben. Wir raten zu einem Einladungswettbewerb. Doch empfehlen wir in solchen Fällen auch, auf die großen Namen der Zukunft zu setzen – die sich im offenen Wettbewerb durch Leistung behaupten.
Wann betrachten Sie Ihre Arbeit als erfolgreich?
Achatzi   Wenn der 1. Preis gebaut ist und der Auslober, die Nutzer und die Stadt zufrieden sind.
Dahms   Wir sagen nach der Jurysitzung nicht einfach Tschüss. Manche Bauherren wünschen im Anschluss noch Begleitung. Wir sorgen für einen geschmeidigen Übergang. Aber wir wollen unsere Arbeit nicht nach hinten ausdehnen. Erstens könnte es Interessenskonflikte geben und zweitens habe ich nicht die erforderliche Erfahrung – es wäre fahrlässig, dem Bauherren weitere Leistungen anzubieten.
Was würden Sie am Wettbewerbswesen ändern?
Achatzi   Die RPW ist ein gutes Instrument. Es hängt von den Architektenkammern ab, wie engagiert sie damit umgehen. Die meisten öffentlichen Auftraggeber machen Verhandlungsverfahren ohne Planungswettbewerb. Dies gibt keine Sicherheit in Bezug auf die Qualität des Entwurfs, den Partner, die Termine, die Kosten. Es ist das inhaltlich schlechteste Verfahren, bietet dem Auftraggeber aber die vermeintlich beste Chance, seinen Wunschkandidaten zu beauftragen.
Dahms   Der Grund ist, dass viele Verwaltungen bei Bauprojekten überfordert sind, weil sie personell immer weiter beschnitten werden. Sie brauchen in erster Linie frühzeitig im Projekt einen Partner. Und den suchen sie über das VOF-Verfahren ohne Wettbewerb. Mit dem ausgewählten Planer erarbeiten sie dann erst die Aufgabe im Detail – und manchmal auch die Grundlagen. Anschließend wird in einem nicht definierten Ablauf der Entwurf erarbeitet – mit ungewisser Qualität. Man sollte die Beratung des Auslobers von der späteren Entwurfsleistung trennen. Es wäre sinnvoll, die qualitätssichernde Beratung in der Projektentwicklung als eigenen Bestandteil von Architektenleistungen zu definieren.
Das Interview führte Friederike Meyer am 26. Mai im Büro von C4C in Berlin
Hans-Peter Achatzi betreut seit 1979 Wettbewerbe, zunächst als Studentischer Mitarbeiter in der Senatsverwaltung, seit 1980 in eigenen Büros. 1997 entschied er sich, mit dem Planen aufzuhören und ausschließlich Wettbewerbe zu betreuen. Gründete das Büro „phase eins“, mit Benno Hossbach, seit 2013 mit Uwe Dahms Geschäftsführer von C4C Competence for Competitions
Uwe Dahms betreut seit 1997 Wettbewerbe, zunächst als Mitarbeiter bei „phase eins“, war mehrere Jahre Architekt in Portugal, seit 2013 mit Hans-Peter Achatzi Geschäftsführer von C4C Competence for Competitions
Betreute Wettbewerbe Sukhavati Spiritual Care Center Bad Saarow, Schalke 04 – Standortentwicklung Schalker Feld in Gelsenkirchen, DFB-Zentrale in Frankfurt am Main, Appartements „An der Lutter“ in Göttingen, Bauhaus Museum Dessau

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