Bauwelt

Wohnen in der Schallschutzmauer

Bebauung der Funkkaserne Nord in München

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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1.Preis: Léon Wohlhage Wernik mit Atelier Loidl Landschaftarchitekten

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1.Preis: Léon Wohlhage Wernik mit Atelier Loidl Landschaftarchitekten


Wohnen in der Schallschutzmauer

Bebauung der Funkkaserne Nord in München

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Auf dem Areal der ehemaligen Funkkaserne in München sind insgesamt 1600 Wohneinheiten geplant. Im Wettbewerb ging es um die Bebauung entlang des viel befahrenen Frankfurter Rings. Sie soll das Gebiet vor Lärm schützen.
Bis Anfang der 90er Jahre war München die größte Garnisonsstadt Deutschlands. Seitdem sind neun­einhalb der insgesamt elf Kasernenareale für eine zivile Nutzung frei geworden. Aufgrund der angespannten Mietpreissituation nutzt die Stadt diese Flächen vor allem für Wohnungsbau. So auch die 24 Hektar der Funkkaserne im Norden von München. Im Jahr 2002 hatten Ortner + Ortner gemeinsam mit Topotek 1 hierfür einen städtebaulichen Wettbewerb gewonnen, ihr Entwurf diente als Grundlage für einen Bebauungsplan: 1600 Wohnungen sind im Plan, nach der in München gängigen Mischung: zur Hälfte gefördert und zur Hälfte frei finanziert, sowohl Bauträger als auch Baugruppen sind involviert. Inzwischen ist das Gelände geräumt, nur die alten Bäume sind geblieben – und Teile der DomagkAte­liers, deren Sanierung die Stadt finanziert hat.

Bastion mit freundlichem Gesicht


Für den Bereich entlang des viel befahrenen Frankfurter Rings hatte die Stadt ursprünglich einen Gewerbebau vorgesehen, der das neue Quartier vor Lärm schützen sollte, doch fand sich kein passendes Angebot. Deshalb wurde der B-Plan geändert und das 350 Meter lange Grundstück an die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag verkauft. Diese plant hier nun rund 350 vorwiegend geförderte Mietwohnungen und 150 Studentenwohnungen, die zweierlei leisten müssen: dem gesamten Funkkasernen-Quartier ein Gesicht nach außen geben und es zugleich schützen. Im Wettbewerb war deshalb eine Kombination aus gut gestalteter Lärmschutzbebauung und hoher Wohnqualität gefragt.
Unter den 19 Teams aus Architekten und Landschafts­architekten wählte die Jury (Vorsitz: Manfred Ortner) Léon Wohlhage Wernik einstimmig zum Sieger. Die Berliner Architekten haben bereits am Mittleren Ring in München-Bogenhausen bewiesen, dass qualität­volles Wohnen an einer vielbefahrenen Staße möglich ist (Bauwelt 21.10). Bei der Funkkaserne konzentrieren sie die Studentenwohnungen und eine Kita im winkelförmigen östlichen Bauteil, die Mietwohnungen in vier U-förmigen Baukörpern, die jeweils einen nach Süden geöffneten, leicht erhöhten Hof umfassen. Kleine Wohnungen liegen im Norden, große im Sü­den. Mit unterschiedlicher Geschossigkeit und dadurch herausgebildeten Kopfbauten leiten die Architekten von der kompakten und entlang der großen Straße doch schon abweisend wirkenden Bebauung zu den Punkthäusern über, die südlich angedacht sind. Die Jury lobte unter anderem die skulpturale Qualität der Architektur und wie die Architekten in der Maßstäblichkeit zwischen Straße und Quartier vermitteln. Sie bemängelte jedoch die fehlende Lösung für den Schallschutz zwischen den Baukörpern für das südliche Wohngebiet.   
Die beiden dritten Preisträger (ein 2. Preis wurde nicht vergeben) haben dies bereits mit bedacht. Während das Team um Helmut Wimmer transparente Schallschutzwände in die Gebäudezwischenräume stellt, nutzt das Team um Fink + Jocher diese sogar als eine Art Gartenzimmer und schlägt sie den Wohnungen zu. Dass die im Vergleich zum 1. Preis wesentlich einladender wirkende Straßenfassade vom Team um Wimmer tatsächlich so aussehen könnte, bezweifelte die Jury. Die dargestellte Relieftiefe weiche vom vorgeschlagenen Detail ab.  

Teil eines großen Plans

Das Funkkasernenareal ist das vierte Kasernenareal, das München zu einem Wohnquartier umwandelt. Auf dem Gelände der früheren Waldmann- bzw. Stettenkaserne in Schwabing entstand Wohnraum für 4000 Menschen, das Quartier Ackermannbogen. Auf dem Areal der Prinz-Eugen-Kaserne im Stadtteil Bogenhausen sollen ab übernächstem Jahr 1800 Wohnungen gebaut werden, 400 davon als ökologische Mustersiedlung. Anstelle der Luitpold-Kaserne sind weitere 1000 Wohnungen geplant. Nachdem der Stadtrat im Jahr 2007 das Konzept für die geplante Werkbundsiedlung Wiesenfeld abgelehnt hatte (Bauwelt 23.07), nimmt man nun erneut Anlauf. Derzeit läuft ein Wettbewerb für ein „Kreativquartier“. Auch die Fürst-Wrede-Kaserne an der Ingolstädter Straße und die Ernst-von-Bergmann-Kaserne an der Neuherbergstraße würde die Stadt München in Wohnbauland verwandeln, falls sich die Bundesrepublik eines Tages zur Grundstücksfreigabe entschließt.

vollständiges Ergebnis:

1. Preis (23.000 Euro) Léon Wohlhage Wernik mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten, beide Berlin | ein  3. Preis (13.000 Euro) Stefan Forster Architekten, Frankfurt; Fink + Jocher mit Realgrün Landschaftsarchitektur, beide München | ein  3. Preis (13.000 Euro) Helmut Wimmer und Delugan Meissl mit EGKK Lanschaftsarchitektur, alle Wien | 4. Preis (7000 Euro) Florian Krieger, Darmstadt mit glück.landschaftsarchitektur, Stuttgart | 5. Preis (4000 Euro) Bogevichs Buero, München mit Huber Landschaftsarchitekten, Freising
Fakten
Architekten Léon Wohlhage Wernik, Berlin; Atelier Loidl Landschaftsarchitekten, Berlin; Stefan Forster Architekten, Frankfurt; Fink + Jocher, München; Realgrün Landschaftsarchitektur, München; Helmut Wimmer, Wien; Delugan Meissl, Wien; EGKK Lanschaftsarchitektur, Wien
aus Bauwelt 8.2012
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