Bauwelt

Eishallen


Konstruiert wie Äste und Algen


Text: Ahrend, Kim


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    Foto: Pohl Architekten

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Im Inneren von Eishallen muss es in erster Linie kalt sein. Hinzu kommt eine enorme Spannweite und ein großes Raumvolumen. Dennoch sollen sich die Zuschauer nicht wie in einem dunklen Kühlschrank fühlen.
Wie sich auf diese Herausforderungen mit Hilfe bionischer An­wendungen reagieren lässt, zeigen Teile der Eisschnelllaufhallen in Erfurt und Inzell.
In Erfurt hat die Erforschung von Lastabtragungen in der Natur die Konstruktion des Tragwerks beeinflusst. Das Rippengefüge der bogenförmigen Holzrahmen-Elemente, die das 190 Meter lange und 85 Meter breite Stadion überspannen, ist strahlenförmig angeordnet und gleicht der lastabtragenden Struktur einer Seeigelschale. Die Stahlüberspannungen der Dachträger wiederum sind direkt von der inneren Struktur von Astgabeln und Knochen abgeleitet. Eine Methode, die heute als „Soft Kill Option“ in vielen Ingenieurbereichen genutzt wird: Die Druckstreben der Halle werden durch Hinzugabe oder Wegnahme von Material geformt und so auf ständige und veränderliche Lasten optimal abgestimmt. Das Ergebnis ist ein leichtes und materialeffizientes Bauteil. 
Für die natürliche Belichtung und das passive Klimakonzept der Eishalle Inzell war die intensive Beschäftigung mit Diatomeen hilfreich. Die Struktur dieser einzelligen Algen ist hierarchisch aufgebaut: Das Skelett ist in mehrere Ebenen mit verschiedenem Muster und immer kleinteiligerer Struktur unterteilt. Die Ebenen haben tragende und schützende Funktion und bilden eine semipermeable Membran aus, die Nährstoffe herein- sowie Stoffwechselprodukte herauslässt. Die abkapselnde Dachhülle der Halle in Inzell hat, ähnlich wie bei Diatomeen, schützende sowie dämmende Funktion und lässt Licht einfallen, aber Kälte nicht heraus. Eine sogenannte Low-E-Membran spiegelt die Kälte zurück, die so im Inneren erhalten bleibt. Getrocknete und damit kondensatfreie, warme Luft leitet die Membran nach außen ab. Innerhalb der Dachhaut sind in regelmäßigen Abständen linsenförmige Öffnungen aus transluzenten ETFE-Folienkissen angeordnet. Sie sind so ausgerichtet, dass sie überwiegend Nordlicht einfangen, mit dem sich die Halle nicht aufheizt. Ein Reflektorgewebe verteilt das Licht und verhindert ein punktweises Auftauen der Eis­fläche. In diesem Dachaufbau lassen sich Parallelen zum biologischen Vorbild erkennen: Durch das Prinzip des Abkapselns entsteht ein Mikroklima, das in Kombination mit dem Tageslichtkonzept aufwendige, energiereiche Technik für Kühlung und Lüftung minimiert.



Fakten
Architekten Pohl Architekten, Erfurt
aus Bauwelt 31.2011
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