Bauwelt

Haslach an der Mühl


Architekt vor Ort


Text: Bettel, Sonja, Wien; Gruber, Roland, Wien


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    Foto: LandLuft

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    Foto: Architekturbüro Arkade

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Von einem Ort der Produktion zu einem Ort des Know-how: Dass die Phase des Niedergangs übersprungen werden konnte, liegt an einer vorausschauenden Verwaltung und einem heimatverbundenen Architekten.
Als 1999 die Firma Vonwiller für immer ihre Fabriktore schloss, war Haslach am Tiefpunkt der langjährigen Textilindustrie-Krise angelangt. Die einst größte Weberei im Bezirk mit rund 400 Arbeitsplätzen hatte zuletzt nur noch 40 Mitarbeiter. Was blieb, war ein großer Wissens- und Erfahrungsschatz über Textilproduktion in der Bevölkerung und eine riesige Industrieruine mitten im Ort. Norbert Leitner, der von 1997 bis 2007 Bürgermeister von Haslach war, erinnert sich: „Wir standen vor der Wahl, entweder zu resignieren oder die Stilllegung als Chance zu nutzen.“
Mit Unterstützung des Haslacher Architekten Josef Schütz, der in der Bausubstanz aus den Jahren 1820 bis 1865 Entwicklungspotenzial sah, wagte die Gemeinde das Unternehmen. Sie konnte das Bundesland Oberösterreich überzeugen, den Industriebau zum Standort des Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrums (BBRZ) zu machen. Auch bei einem geplanten Technologiezentrum entschied man sich letztlich für Haslach. Beim Kauf des Vonwiller-Areals bewies Bürgermeister Leitner viel Verhandlungsgeschick, sodass die Gemeinde den Komplex, der vor der Insolvenz auf einen Wert von fast zwei Millionen Euro geschätzt worden war, für gut 200.000 Euro erwerben konnte. 
Architekt Josef Schütz ist geborener Haslacher, Sohn eines Bauern mit Bezug zu Grund und Boden, wie er sagt. Nach der Schulzeit ging er zum Architekturstudium an die TU Wien. Nach zweijähriger Berufstätigkeit in der Hauptstadt kehrte er 1987 zurück nach Haslach – entgegen der vorherrschenden Meinung, dass man auf dem Land keine Architekten brauche. Bereits im Rahmen seiner Diplomarbeit beschäftigte sich Schütz mit dem sterbenden Ortskern von Haslach und stellte Vergleiche mit anderen Or­ten an. Er betrachtet den Ortskern als das Wohnzimmer eines Dorfes, das erhalten und wiederbelebt werden müsse.
Am Beginn seiner Tätigkeit baute Schütz in Haslach kleine Einfamilienhäuser und erweiterte alte Bauernhöfe – mit einer geringeren Dachneigung als bei den alten Häusern, mit gro­ßen Fenstern, mit Öffnungen zum Garten. Der Begriff „Schütz-Haus“ wurde zu einem Schlagwort in der Region – hin und wieder auch als Schimpfwort gemeint. Mit seinen Bauten zog nach und nach moderne Architektur in die Gegend ein. 1998 initiierte Josef Schütz den „Architekturfrühling“, zu dem er seither alljährlich Kunden und Architekturinteressierte einlädt. Als mehrtägiges Fest organisiert, gibt es neben einer Ausstellung der neuesten Arbeiten des Architekturbüros auch eine Hauptausstellung, die von außen zugekauft wird – z.B. über grenzüberschreitendes Bauen, junges Bauen in Tschechien oder Bauen im ländlichen Raum. Nach dem Eröffnungsvortrag eines prominenten Vertreters der Architekturwelt folgt ein Rahmenprogramm mit Führungen, Kabarett, Konzert und Frühschoppen. 
Schütz wohnt selbst im Ortskern und hat historische Gebäude für sich und seine Familie adaptiert, ebenso für sein „Architekturbüro Arkade“, das in einem Gebäude mit einem historischen Arkadengang untergebracht ist. Das Büro hat auch die Sanierung und den Umbau der Vonwiller-Fabrik übernommen, der sieben Jahre dauerte. Nachdem mit dem BBRZ und dem Technologiezentrum zwei große Institutionen mit im Boot saßen, war die weitere Nachnutzung des riesigen Areals kein Problem mehr. Von Vorteil war, dass in der Gemeinde ohnehin einige Bauprojekte anstanden, die ursprünglich einzeln umgesetzt werden sollten. Dazu zählten unter anderem die Errichtung einer Musikschule und die Renovierung des Veranstaltungssaals. Die Gemeinde konnte alle diese Projekte in der ehemaligen Weberei unterbringen und dadurch Bauzeit und Kosten sparen sowie Synergien schaffen.
Neben dem BBRZ, dem Technologiezentrum, Veranstaltungssälen und der Musikschule zog auch ein Gastronomiebetrieb ein. 13 Millionen Euro wurden insgesamt investiert – der Großteil stammt von Land, Bund und EU, ein kleiner Teil von der Gemeinde. Durch den Ankauf eines benachbarten Fabrikgebäudes wurde die Fläche noch vergrößert. Dort hat sich das „Textile Zentrum Haslach“ etabliert, das mit Lehrgängen, Symposien und Ausstellungen den kulturellen Austausch fördert und den Kontakt zur noch bestehenden Textilindustrie aufrechterhält.
Gebaut wurde aber nicht nur auf dem Vonwiller-Areal. Auf den sogenannten Gollner-Gründen sind inzwischen „betreubares“ Wohnen, ein Feuerwehrhaus, ein Bauhof und ein Altstoffsammelzentrum entstanden. In Eigeninitiative hat Josef Schütz ein verfallenes Gebäude inmitten des historischen Ortskerns gekauft und in den letzten Jahren – nach den Grundsätzen seiner Diplomarbeit aus dem Jahr 1985 – als neues Gebäude zum Wohnen und Arbeiten wiedererrichtet.



Fakten
Architekten Architekturbüro Arkade, Haslach an der Mühl
Adresse Haslach an der Mühl


aus Bauwelt 24.2013
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