Bauwelt

Hinterstoder


Strategische Zukunftsentwicklung


Text: Bettel, Sonja, Wien; Gruber, Roland, Wien


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    Foto: Robert Oberbichler

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In 10-Jahres-Schritten plant die Gemeinde seit Anfang der Neunziger kontinuierlich ihre Zukunft. Inzwischen werden die Projekte und Themenblöcke immer komplexer. Fast nebenbei entsteht dabei gute Architektur.
Lange Zeit lag Hinterstoder im Dornröschenschlaf. Dies änderte sich 1986, als erstmals der internationale Ski-Weltcup ins Tal kam, und 1994, als sich Hinterstoder der Aktion „Dorferneuerung“ des Landes Oberösterreich anschloss. Bereits 1992 erstellte die Gemeinde unter Mitwirkung von rund 30 Dorfbewohnern das strategische Ortsentwicklungskonzept „Hinterstoder 2000“, das die wichtigsten Schritte in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, (Bau-)Kultur und Natur/Umwelt für die kommenden Jahre umfasste. „Wir brauchten einen Veranstaltungssaal und einen neuen Kindergarten, die Landesausstellung stand an, und auch da haben wir uns bemüht, neue Wege zu gehen“, erzählt Bürgermeister Helmut Wallner. Als Erstes wurde von 1993 bis 1997 die Dorfstraße mit allen Hauszugängen und öffentlichen Plätzen erneuert. Dies machte den Ort freundlicher und entschleunigte den Autoverkehr.
Der Beitrag Hinterstoders zur oberösterreichischen Landesausstellung 1998 war das „Alpineum“ – eine völlig neue Form von Heimatmuseum und der erste mutige Schritt in Sachen moderner Architektur in der Gemeinde. Das Land wollte das neue Museum nicht als klassisches Heimatmuseum mit geschnitztem Holzbalkon und karierten Vorhängen. Die Architekten Christiane und Erik Holter reagierten mit einem Gebäude aus Holz und Glas, mit einer multimedialen Ausstellungsgestaltung von Georg Lippitsch, Andreas Schmidt und Roland Wallner. Nach anfänglichen Widerständen bildete sich in der Bevölkerung langsam ein Verständnis für diese Form des Bauens heraus. Im Jahr 2000 folgte die internationale Anerkennung: Das Alpineum wurde für den „European Museum of the Year Award“ nominiert und unter den „25 originellsten Ausstellungshäusern Europas“ gelistet.
Strategie-Papiere von Kommunen landen oft in der Schublade. Nicht so in Hinterstoder. Um die Jahrtausendwende – ein Großteil der Agenda war bereits abgearbeitet – machte man sich Gedanken, was folgen sollte. Die Gemeinde wollte auf das bewährte Konzept eines professionell organisierten Strategieprozesses nicht mehr verzichten, wenngleich sie erst die Geldgeber auf Landesebene davon überzeugen musste, dass die Strategiearbeit einer Gemeinde kontinuierlich zu erfolgen hat, damit die mühsam erweckte Entwicklungsdynamik nicht gleich wieder ausgebremst wird. 
Das Programm „Hinterstoder 2010“ läutete die nächste Runde ein. Bürger und Interessensgruppen erarbeiteten unter der professionellen Begleitung eines externen Moderators in Workshops und Arbeitsgruppen Lösungsvorschläge zu den brennendsten Zukunftsfragen. Der Input von Experten spielte dabei eine ebenso große Rolle wie der Austausch mit Verantwortlichen erfolgreicher Projekte in anderen Gemeinden. Sämtliche Themengruppen, von Altenbetreuung bis Weltcup-Rennen, wurden auf diese Art in das Leitbild integriert. Der Umgang mit Baukultur wurde dabei selbstverständlicher und hat sich zunehmend professionalisiert, wie die Projekte dieser Jahre zeigen. Da nach jahrelangen Bemühungen um zeitgemäße Architektur diese „Perlen“ dann auch entsprechend präsentiert sein wollten, wurde mit dem renommierten Lichtplaner Dieter Bartenbach ein Beleuchtungskonzept für das Ortszentrum entwickelt. 
Derzeit läuft „Hinterstoder 2020“. Ging es in der Anfangszeit des Dorfentwicklungsprozesses noch um „Basics“, die fehlten und die man mit einfachen Baumaßnahmen bewältigen konnte, wurden die Projekte und Themenblöcke immer komplexer. So erfordert zum Beispiel die Entwicklung eines öffentlichen Mobilitätsangebots für ein 20 Kilometer langes Tal eine ganze Reihe von Einzelmaßnahmen, die nicht mehr nur auf Ortsebene gelöst werden können.   
Im Zuge der Erstellung des Ortsentwicklungskonzepts wurde deutlich, dass die Gemeinde eine Veranstaltungshalle benötigte – für eigene kulturelle Aktivitäten wie auch als Pressezentrum für den Ski-Weltcup 2011. Im Vorfeld wurden alle Vereine eingeladen, ihre Wünsche und Bedürfnisse vorzutragen. Es folgte ein geladener Wettbewerb mit fünf Architekturbüros. Die Architekten hatten je 20 Minuten Zeit, dem Gemeinderat ihre Entwürfe zu erläutern. Danach wurde sofort abgestimmt – ohne Fachjury. „Wir haben uns das zugetraut“, sagt der Bürgermeister, „weil durch die vielen Projekte, die wir schon gemacht haben, in den Köpfen eine Entwicklung stattgefunden hat.“ Nach einer halben Stunde hatte man sich auf den Entwurf von Riepl Riepl Architekten aus Linz geeinigt.
Die „Hösshalle“, 2002 eröffnet, war richtungsweisend für die folgenden Projekte: die Rundwanderwelt Hinterstoder mit einer auffälligen roten Aussichtsplattform in den Umrissen eines Würfels, ein Corporate Design für den Ort, moderne Hinweistafeln und Prospekte, die Neugestaltung des Erdgeschosses des Gemeindehauses als „hinterstoder.lounge“ und der Umbau der alten Turnhalle zum Feuerwehrhaus.




Adresse Hinterstoder


aus Bauwelt 24.2013
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