Bauwelt

Kapitel 2: Essential Books


Funktion der Lektüre beim Entwerfen von Varianten


Text: Schmidt, Marika, Berlin


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    Nicolai Schlapps

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Marika, kannst du was schreiben über die drei wichtigsten Bücher bei SANAA?
Drei Bücher? Welche drei Bücher? Ich war nur für ein paar Monate bei SANAA, nicht im großen Büro von SANAA, sondern in dem kleinen von Ryue Nishizawa am gleichen Ort. Ich erinnere mich, wie erstaunt ich in den ersten Tagen ob der Langsamkeit der Prozesse war. Überall im Büro wurden Modelle gebaut, und die Art zu zeichnen verlangte ein hohes Maß an Konzentration und Genauigkeit. Geredet wurde nur über konkrete Situationen. Erstaunt war ich auch, als es nach Besprechungen mit 20 verschiedenen ausgearbeiteten Varianten bloß hieß: „Study more.“ Study more? Das war alles? Kein Bewerten des Gesehenen und Gesprochenen. Dafür aber weitere, unzählige Varianten denken. Ich erinnere mich, wie ich schließlich selbst nicht mehr nur in ein oder zwei festgelegten Richtun­gen Lösungen finden, sondern jeden Stein umdrehen wollte. Ich erinnere mich an Besprechun­gen, in denen keiner Rat wusste. N. hat dann S. an den Tisch geholt. Nach Erläuterung der Situation hat S. dann T. und K. geholt. Alle saßen da, staunten, lachten und schüttelten den Kopf wegen der verfahrenen Lage. Dann hieß es wieder: Study more.
Ich erinnere mich auch, wie ich die Bücher­regale der Büros inspizierte, in denen ohne erkennbares System alles Mögliche gestapelt war: Architekten, Künstler, Epochen und Erdteile. Viele Bücher offenbar Geschenke, manche davon Klassiker, noch nicht ausgepackt aus der Folie. Ich bekam zu hören: „Außer den Ausländern guckt hier niemand rein.“ Die Monografienserie von El Croquis war allerdings genauso abgegriffen wie in anderen Büros, Ausdruck der ratsuchenden konstruierenden Mitarbeiter. Doch, wie gesagt, die Bücher waren im Regal. Ich erin­nere mich weiter an Kollisionen mit meinem
jeweiligen japanischen Gegenüber, an Gefühlszustände, die mir zuvor noch nicht begegnet waren und mich für Momente dem Zustand totaler Hilflosigkeit überließen, nicht wissend, wie die Situation aufzulösen sei. Ich erinnere mich, wie viel Kraft die permanente Präsenz in Gemeinschaft erforderte und wie unverständlich die für mich augenscheinlich auch schmerzvolle Selbstaufgabe und Disziplin der einheimischen Kollegen blieb – dann war die Zeit vorüber, und ich ging mit der Erfahrung unvoreingenomme­nen Entwerfens und weiteren Fragen. Welches waren die drei wichtigsten Bücher bei SANAA? Study more!



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