Wertstoff- und Straßenreinigungsdepot Augsburg
Das gestiegene Konsumverhalten der Gesellschaft hat eine logische Folge: mehr Abfall. Die Stadt Augsburg hat die Architekten Knerer und Lang mit dem Neubau eines Wertstoff- und Straßenreinigungsdepots beauftragt. Es strahlt in Olympiablau.
Text: Spix, Sebastian, Berlin
-
Das Grundstück des neuen Wertstoff- und Servicepunkts Holzweg befindet sich im Norden von Augsburg auf einem ehemaligen Festplatz. Die Baukosten liegen bei 9,8 Millionen Euro
Foto: Connolly Weber Photography
Das Grundstück des neuen Wertstoff- und Servicepunkts Holzweg befindet sich im Norden von Augsburg auf einem ehemaligen Festplatz. Die Baukosten liegen bei 9,8 Millionen Euro
Foto: Connolly Weber Photography
-
Direkt an der Einfahrt erstrecken sich über eine Länge von 37 Metern bis zum ersten Gebäudeknick Personal- und Büroräume sowie eine Werkstatt hinter den blauen Stahltrapezprofilen.
Foto: Connolly Weber Photography
Direkt an der Einfahrt erstrecken sich über eine Länge von 37 Metern bis zum ersten Gebäudeknick Personal- und Büroräume sowie eine Werkstatt hinter den blauen Stahltrapezprofilen.
Foto: Connolly Weber Photography
-
Die Fahrzeughalle für LKWs und Transporter der Straßenreinigung befinden sich mit einer Gesamtfläche von 1500 Quadratmetern ...
Foto: Connolly Weber Photography
Die Fahrzeughalle für LKWs und Transporter der Straßenreinigung befinden sich mit einer Gesamtfläche von 1500 Quadratmetern ...
Foto: Connolly Weber Photography
-
... einander gegenüberliegend im Zentrum des Gebäudes.
Foto: Connolly Weber Photography
... einander gegenüberliegend im Zentrum des Gebäudes.
Foto: Connolly Weber Photography
-
In den seitlichen Lagerhallen befinden sich die Waschhallen.
Foto: Connolly Weber Photography
In den seitlichen Lagerhallen befinden sich die Waschhallen.
Foto: Connolly Weber Photography
-
Außen zurückhaltend grau, innen leuchtend blau: Das Salzlager ist zu zwei Seiten, Hof und seitlicher Anfahrt, geöffnet.
Foto: Connolly Weber Photography
Außen zurückhaltend grau, innen leuchtend blau: Das Salzlager ist zu zwei Seiten, Hof und seitlicher Anfahrt, geöffnet.
Foto: Connolly Weber Photography
-
Um die Betonwände des Salzlagers vor Korrosionzu schützen, wurden sie teilweise mit Holzlatten verkleidet.
Foto: Connolly Weber Photography
Um die Betonwände des Salzlagers vor Korrosionzu schützen, wurden sie teilweise mit Holzlatten verkleidet.
Foto: Connolly Weber Photography
-
Obwohl das Depot für Splitt und Salz insgesamt 642 Quadratmeter groß ist, ist das Rangieren derLaster Millimeterarbeit.
Foto: Connolly Weber Photography
Obwohl das Depot für Splitt und Salz insgesamt 642 Quadratmeter groß ist, ist das Rangieren derLaster Millimeterarbeit.
Foto: Connolly Weber Photography
In Kreuzberg werden Wertstoffhöfe nicht wirklich gebraucht. Unrat und Sperrmüll landen einfach auf dem Bürgersteig oder unter der Hochbahn. Wochen später wird was übrigbleibt vom Berliner Stadtreinigungsbetrieb eingesammelt. Nicht selten findet sich unter dem Treibgut das ein oder andere Brauchbare für den eigenen Haushalt. Und so wird weiter abgestellt und angehäuft und nur selten bei den freundlichen BSR-Mitarbeitern des fünf Kilometer entfernten Recyclinghofs in Lichtenberg abgegeben.
Anders wird in Süddeutschland wiederverwertet und verschrottet. Die drittgrößte Stadt Bayerns, Augsburg, hat sich bereits 2012 dem Thema stark ansteigendem Abfallaufkommens, Recycling und Neustrukturierung angenommen. Die Stadt entschied sich Wettbewerbe für drei neue Depots auszuschreiben, um vier sanierungsbedürftige sowie zu klein gewordene Höfe zu ersetzen und um die Standorte sinnvoll auf die einstige Fuggerstadt zu verteilen. Über die Wettbewerbe wurden Ideen für eine nachhaltige Modernisierung der Anlagen und Lösungen für die planerische Kombination aus Wertstoffhof und Straßenreinigungsdepot gesucht. Dass bei dieser vermeintlich drögen Bauaufgabe durchaus eine zeitgemäße Architektur entstehenund eine städtebaulich wertvolle Lösung gefunden werden kann, zeigt der im letzten Jahr in Betrieb genommene Neubau in Augsburg-Oberhausen von Knerer und Lang Architekten.
Neben der historischen Altstadt ist Augsburg geprägt von Industrie- und Gewerbearealen, die sich zwischen über Jahrzehnte eingemeindeter Ortschaften in das Weichbild einfügen. Im Norden der 290.000 Einwohnerstadt verbindet die Straße Holzweg die Stadteile Oberhausen und Löwenbräu. Von Schrebergärten, Sonnenstudio, Schützenhof „Fortuna“ und KFZ-Prüfstelle umgeben, befindet sich das Grundstück des neuen Depots auf einem ehemaligen Festplatz. Verkehrsgünstig unweit der B17 gelegen, ein geeignetes Baugrundstück.
Um das funktionale Raumprogramm zu erfüllen, entschieden sich Knerer und Lang für eine U-förmige Großskulptur. An drei Seiten nimmt der Neubau die Grenze des 11.000 Quadratmeter großen Grundstücks auf und bildet in der Mitte des Areals einen länglichen Hof aus. Die Nutzungen – Verwaltung, Sozialräume, Fahrzeughallen, Magazine, Salzlager und Containerstellplätze – wurden hintereinander aufgereiht und größtenteils eingeschossig unter einem Dach gefasst. Aufgrund der unterschiedlichen funktionalen Höhenanforderung der Räume falteten die Architekten das teils begrünte Dach als plastische Landschaft über den Bau.
Vom Holzweg aus betrachtet wirkt das Depot durch seine graue Fassade aus schmalen vertikal angeordneten Lärchenholzleisten beinah unscheinbar. Trotz des großen Volumens und der an Wellenschläge erinnernden, frei modulierten Dachlandschaft, fügt es sich zurückhaltend in das verkehrsträchtige und divers bebaute Gewerbegebiet. Ursprünglich sollte das Gebäude komplett in Holz konstruiert werden. Angesichts der starken Belastung durch Feuchtigkeit in den Waschanlagen, Salzlagern und den zu berücksichtigenden Aufprallkräften, planten die Architekten nach der Beauftragung im VOF-Verfahren um und realisierten es aus Ortbeton und Betonfertigteilen.
Mit der Einfahrt betritt man das Depot wie eineBühne. Ähnlich einer Theateraufführung wird jeder Abfall-Kunde zum Statist einer bunten Szenerie, die sich vor einer hellblauen Kulisse aus Wänden, mit grau-asphaltierten Grund und mit orange ausstaffierten Schauspielern samt Fuhrwerk abspielt. Anstelle der grauen Holzleisten der Außenfassade wurde die Innenseite des Gebäudes mit strahlend blauen und leicht vom Spritzwasser zu reinigenden Stahltrapezprofilen verkleidet. Die Farbe Olympiablau aus dem Farbkonzept Otl Aichers hatten die Architekten bereits für ihre Modernisierung des Studentenwohnhauses im Olympiadorf in München verwendeten (
Heft 8.2014). In Verbindung mit der Signalfarbe Orange der Berufskleidung der 50 Mitarbeiter sowie dem knallbunten Fuhrpark und Containern entsteht ein farbiger Kontrast, der an Pop-Art-Werke Roy Lichtensteins erinnert und der Orientierung auf dem Areal dient. Unterschiedliche große Türen, Tore, Garagen oder offene Lagerräume sind durch nach innen versetzte Laibungen in der Stahlfassade leicht ablesbar. Ein variierender Überstand lässt die Oberkante des Daches mit seinen Knicken beweglich erscheinen. Herzstück des Depots bildet ein riesiges Salzlager, welches sich im hinteren Bereich der Straßenreinigung im Steg des U-förmigen Gebäudes befindet. Zwischen zwei großen Fahrzeughallen schließt das Gebäude zum Westen hin an seiner höchsten Stelle mit lichten neun Metern ab. Über die gesamte Querseite erstreckt sich das Lager und bietet im Innenraum in einer Kombination aus Betonwand und Holzschalung ausreichend Platz zur Lagerung von Streusalz und Splitt. Das Rangieren der Sattelschlepper ist hingegen Millimeterarbeit.
Besonderes Augenmerk legten die Architekten in ihrem Konzept, welches in enger Zusammenarbeit mit den Nutzern erarbeitet wurde, auf die Büro- und Sozialräume. Zum Süden hin orientiert, befindet sich im Erdgeschoss neben der Verwaltung ein großzügiger und heller Aufenthaltsraum samt angeschlossener Küche. Im Obergeschoss sind weiß verputzte und solide ausgestattete Besprechungs-, Umkleide- und Sporträume sowie Büros untergebracht. Ein zum Hof liegender Ruheraum bietet ausreichend Platz zum Entspannen während der Pausen.
Wenngleich Winde und Sogkräfte im Hof den Arbeitern manchmal Probleme beim Öffnen von Toren und Containerklappen bereiten und der Info-Raum zur Anmeldung hinter der einfarbigen Fassade in der Mitte der Großskulptur von manchem Besucher erst spät wahrgenommen wird, ist der „Wertstoff- und Servicepunkt Holzweg“ ein vorbildlicher Funktionsbau. Nutzer und Planer haben ihn, wie beide betonen, in respektvollem Selbstverständnis gemeinsam realisiert.
x
Bauwelt Newsletter
Immer freitags erscheint der Bauwelt-Newsletter mit dem Wichtigsten der Woche: Lesen Sie, worum es in der neuen Ausgabe geht. Außerdem:
- » aktuelle Stellenangebote
- » exklusive Online-Beiträge, Interviews und Bildstrecken
- » Wettbewerbsauslobungen
- » Termine
- » Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und jederzeit wieder kündbar.
Beispiele, Hinweise: Datenschutz, Analyse, Widerruf
0 Kommentare