Kunstfabrik
Spitze des Eisbergs
Text: Geipel, Kaye, Berlin
Die Buda-Insel im Zentrum der flämischen Kleinstadt Kortrijk war bis vor kurzem ein vernachlässigter Ort mit verlassenen Fabriken und heruntergekommenen Häusern. Für eine ehemalige Textilfabrik suchte die Stadt nach einer neuen Nutzung. Geld für das Atelierhaus war kaum vorhanden. Die Brüsseler Architekten 51N4A machten aus beinahe Nichts Architektur: Sie bündelten die Erschließung und gaben dem verschachtelten Gefüge einen prismatischen Eingang.
„Die Verbreiterung des Flusses Leie“, so schrieb der Kritiker Marc Dubois in
Bauwelt 43.10, „war ein rücksichtsloses Projekt der sechziger Jahre“. Sie sollte die Schifffahrtsverbindung zwischen Antwerpen und Paris vereinfachen. Jahrhundertealte Hauszeilen entlang des Flusses wurden einfach abgerissen. In den achtziger Jahren begann die flämische Regierung unter dem Druck der Kommunen umzudenken. Der Umbau der Leie wurde nicht mehr als unvermeidbar, sondern als Chance für eine städtebauliche Erneuerung verstanden. Die im Zentrum von Kortrijk gelegene Flussinsel Buda ist Teil dieser langfristigen Sanierungsstrategie. Ein erstes Zeichen bildete 1998 der „Buda-Tower“ der ehemaligen Tack Brauerei, der von Stéphane Beel zu einem Haus der Kunst transformiert wurde. 2001 gab die Stadt dann eine Studie in Auftrag, die die Möglichkeiten einer kulturellen Nutzung der Insel erkunden sollte, die zu diesem Zeitpunkt städtebauliches Ödland war: Es gab ein paar Wohnungen, ein Krankenhaus und leerstehende Industrieanlagen. Der Soziologe Rudi Laermans entwickelte dann ein Nutzungskonzept, private und öffentliche Institution sollten in umgenutzten Gebäuden zusammenarbeiten.
Die jetzt umgebaute Textilfabrik Desmet-Dejaeghere ist ein Bestandteil dieser Reaktivierungs-Strategie der Insel. Den 2005 ausgeschriebenen Wettbewerb für die Umnutzung zu einem Kulturzentrum gewannen die Brüsseler Architekten 51N4E. Die sogenannte „Buda Fabriek“ umfasst Werkstätten, Ateliers, und Studio- und Ausstellungsräume. Das Budget war mit 2 Millionen Euro äußerst knapp bemessen.
Zentrales Entwurfskonzept ist die Verknüpfung und Verbindung der verschiedenen Funktionen um einen räumlichen Dreh- und Angelpunkt. Die Architekten lösten die Aufgabe mit einer Art Doppelstrategie. Zur Straße hin gibt es einen fünfeckigen, zum Himmel offenen Eingangskubus. Dieser Kubus aus gelben Ziegeln, von den Planern „Spitze des Eisbergs“ genannt, markiert nach außen das verschachtelte Gefüge der neuen Kunstfabrik im Inneren. Von diesem Eingangspavillon aus betritt man den klimatisch geschlossenen Bereich der Kulturfabrik. Dort, wo die verschiedenen Gebäudeteile zusammenstoßen, verbindet eine zentrale Treppe die Etagen. Ansonsten beschränkt sich die Sanierung auf die technische Ertüchtigung, die architektonischen Eingriffe blieben minimal.
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