Bauwelt

Ladislav-Sutnar-Fakultät für Design und Kunst in Pilsen


Der Neubau für die Ladislav-Sutnar-Fakultät wurde zu einer Zeit geplant, als die Organisation der Schule noch nicht feststand. Die robuste Rasterstruktur und offene Räume ermöglichten eine schrittweise Aneignung


Text: Klíma, Petr, Pilsen


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    Der Fakultätsneubau steht an der Grenze zwischen Universitätscampus und Gewerbegebiet
    Foto: Petr Jehlík

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    Der Fakultätsneubau steht an der Grenze zwischen Universitätscampus und Gewerbegebiet

    Foto: Petr Jehlík

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    Die mit textilen Bildtafeln bespannte Westfassade macht deutlich, dass es sich hier mitnichten um eine
    Lagerhalle handelt
    Foto: Petr Jehlík

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    Die mit textilen Bildtafeln bespannte Westfassade macht deutlich, dass es sich hier mitnichten um eine
    Lagerhalle handelt

    Foto: Petr Jehlík

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    In Längsrichtung wird das Gebäude aus 13 Modulen von jeweils 7,5 Metern gebildet, fünf  ergeben die Gebäudetiefe
    Foto: Petr Jehlík

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    In Längsrichtung wird das Gebäude aus 13 Modulen von jeweils 7,5 Metern gebildet, fünf  ergeben die Gebäudetiefe

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    Die Baupläne entstanden, als die Struktur der Fachrichtungen noch nicht festgelegt war.
    Foto: Petr Jehlík

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    Die Baupläne entstanden, als die Struktur der Fachrichtungen noch nicht festgelegt war.

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    Viele Raumkonstellationen sollten möglich sein.
    Foto: Petr Jehlík

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    Viele Raumkonstellationen sollten möglich sein.

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    Drei Jahre nach Eröffnung zeigt sich das Haus im Gebrauch
    Foto: Wolfgang Kil

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    Drei Jahre nach Eröffnung zeigt sich das Haus im Gebrauch

    Foto: Wolfgang Kil

Die westböhmische Metropole Pilsen, in diesem Jahr eine der beiden europäischen Kulturhauptstädte, stützte ihr kulturelles Kapital jahrzehntelang vor allem auf traditionelle Institutionen wie das städtische Tyl-Theater, eine eigene Philharmonie oder eine überregional bedeutende Kunstgalerie. Zu den wichtigen Zentren tschechischer Gegenwartsarchitektur zählt Pilsen bisher nicht, obwohl in den letzten Jahren durchaus einige aufsehenerregende Bauten entstanden. Neben dem Neuen Theater (Bauwelt 32–33.2015) gehört dazu zweifellos der Neubau für die Fakultät für Design und Kunst der Westböhmischen Universität. Nach nur knapp zweijähriger Bauzeit wurde er im Oktober 2012 eröffnet. Der Neubau gab den entscheidenden Impuls dafür, dass die Fakultät, die sich vor allem auf Angewandte Kunst und Design konzentriert,  heute das ist, was sie ist. 2004 als Institut für Kunst und Design gegründet, wurde sie als jüngste öffentliche Kunsthochschule Tschechiens erst 2014 in den Rang einer ordentlichen Fakultät der Westböhmischen Universität erhoben und nach Ladislav Sutnar benannt, dem aus Pilsen stammenden, international renommierten tschechisch-amerikanischen Designer.
Der Universitäts-Campus in Pilsen liegt am südwestlichen Rand der Stadt, neben dem Autobahnzubringer und nur einige hundert Meter entfernt vom berühmten Borsker Gefängnis, in dem in den Jahren 1981–83 der Dissident und spätere Präsident Václav Havel inhaftiert war. Der Ort erschien den Universitäts-Planern in den fünfziger Jahren wohl wegen seiner Nähe zu den Škoda-Werken geeignet, in denen die Absol-venten der damaligen Fakultät für Maschinenbau und Elektrotechnik zum Einsatz kommen sollten. Das neue Gebäude grenzt das Universitätsgelände zu einem weitläufigen Gewerbegebiet hin ab, das heute vor allem von Großhandel und Logistik geprägt ist. Auf diese Situation reagierte der Architekt Jan Štípek, als er bereits 2005, also kurz nach Gründung des Instituts für Kunst und Design, erste Entwürfe für den Neubau anfertigte. Er war damals Dozent am noch jungen Pilsener Institut und zugleich Direktor eines Architekturinstituts an der TH Prag.
Industriebau im Gewerbegebiet
Das Gebäude für die Design-Fakultät wurde für mehr als 500 Studenten, Pädagogen und Mitarbeiter geplant. Mit Blick auf das industriell geprägte Umfeld folgt Štípeks Entwurf einem sehr klaren Modul-Konzept auf rechteckigem Grundriss von etwa 100 x 40 Metern. Die in Teilen des Erdgeschosses verglaste Eingangsfront weist nach Westen, während nach Osten hin ein geräumiger Arbeitshof anschließt. In Längsrichtung wird das Gebäude aus 13 Modulen von jeweils 7,5 Metern gebildet, fünf  ergeben die Gebäudetiefe. Die Höhe der drei Geschosse liegt jeweils bei 3,75 Metern, wobei die dritte Ebene hauptsächlich durch die Dachkonstruktion entsteht: Über der zweiten Ebene wird die Decke jedes zweiten Moduls um je eine Geschosshöhe angehoben, so dass breite Oberlichter entstehen, die eine erhebliche Ausbeute an blendfreiem Licht liefern. Diese großzügig dimensionierte Konstruktion, die besonders eindrücklich vom Hof her ablesbar ist, unterstreicht das angestrebte Bild von Industriearchitektur. Den klaren und nach drei Seiten fensterlosen Baukörper ergänzen drei Kuben für Fluchttreppen, in einem Fall zusätzlich für Anlagen der Belüftungstechnik.
Auffälligstes äußeres Merkmal des Neubaus ist jedoch die Schaufront der Westfassade, die Grafiken und studentische Fotoarbeiten im Großformat zeigt. Der auf Stahlrahmen gespannte textile Bilderparavent bildet den Sonnenschutz für die dahinterliegenden Fenster des Verwaltungstraktes und einige Unterrichtsräume für Medienarbeit. Vor allem jedoch sendet er weit in die Gewerbeödnis ringsum das Signal, dass in dieser kompromisslosen Kiste Produkte der Phantasie entstehen.
In der Raumlösung der insgesamt 8000 Quadratmeter Nutzfläche spiegelt sich auf unverkennbare Weise ein Schulkonzept, das auf Zusammenwirken und Durchlässigkeit der einzelnen Fächer setzt. Zugleich soll Großzügigkeit des Raumes als ein Wert an sich erfahrbar werden. Zum Herz des Gebäudes wurde deshalb die weiträumige Atrium-Halle, die bis unters Dach reicht und nur von einer Brücke gequert wird. Im Normalbetrieb wird hier Unterricht in Modellieren sowie in Zeichnen und Malerei erteilt, gelegentlich finden auch künstlerische und gesellige Veranstaltungen statt. Ähnlich großzügig konzipiert ist der große Multifunktionsraum an der südlichen Giebelfront, der als Theater bespielt werden kann und sich durch verschiebbare Hangar-Tore zum Außenraum öffnen lässt. Ursprünglich sollte sich draußen ein Amphitheater für 500 Zuschauer anschließen, aber es fehlte das Geld. Neben dem Theater gibt es ein Tonstudio und ein Trickfilmstudio, an der gegenüberliegenden Nordfront befinden sich Werkstätten und Lager. Entlang der Ostseite reihen sich neun Studios, auch sie sind bei Bedarf zum Hof hin zu öffnen.
Besonders deutlich wird das Bemühen um räumliche Flexibilität im ersten Obergeschoss, das in Gänze dem Unterricht dient. Den größten Teil der Etage nimmt eine offene Galerie rings um die Mittelhalle ein. Ohne feststehende Unterteilungen lassen sich alle Flächen für studentische Arbeit, für Konsultationen, Präsentationen oder Ausstellungen nutzen. Dieses Raumkonzept, das einen weiten Blick über mehrere Ebenen hinweg auf nahezu sämtliche Aktivitäten im Gebäude ermöglicht, war eine essenzielle Forderung der Schulleitung  – stammen doch die Baupläne aus einer Zeit, als die Struktur der Fachrichtungen noch nicht endgültig festgelegt war. Variable Räume sollten Möglichkeiten offen halten, um bei Bedarf Platz für neue Ateliers zu finden oder Funktion bzw. Zuschnitt  bestehender Ateliers zu ändern. Drei Jahre nach Eröffnung geht man jetzt dazu über, einzelne Bereiche dieses „Allraums“ doch durch Möbel (individueller Stauraum!) oder leichte Trennwände einigermaßen dauerhaft zu untergliedern. Die Schule ist im Alltag angekommen.



Fakten
Architekten ESOX ATELIER, Prag; HBH ateliér, Pilsen
Adresse Univerzitní 2732/8,306 14 Plzeň,Tschechische Republik


aus Bauwelt 40-41.2015
Artikel als pdf

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