Text: Jeschaunig, Markus, Graz
Wie ist es zur „Oase No. 8“ gekommen?
Die Idee entstand mit der Erkundung des Ortes und wurde so zur selbstgestellten Aufgabe mit dem Ziel, Abwärmepotential sichtbar zu machen.
Wie wurden Sie auf den Ort aufmerksam?
Das Interesse für Resträume in der Stadt veranlasste mich, ihn näher zu untersuchen. Schnell erfuhr ich, dass sich hinter der Fassade mit der Aufschrift „Diät & Reformhaus“ eine Tiefkühlanlage für eine Bäckerei befindet und im Hinterhof ein weiteres Tiefkühlhaus der benachbarten Pizzeria steht. Kein unübliches Bild in Bereichen, wo Gastronomie angesiedelt ist. Ich begriff die Abwärme der Anlagen als Ressource und wollte ihre Menge zur Straße hin sichtbar machen.
Welche energetischen Prinzipien kommen für das Gewächshaus zum Tragen?
Die beiden Tiefkühlhäuser sind permanent auf -20° C gekühlt und liefern das ganze Jahr lang Abwärme, die ungenutzt entweicht, energetischer „Müll“ sozusagen. Diese Abwärme wird über Wärmerückgewinnung in einem Pufferspeicher gespeichert und nach Bedarf über ein Luftheizgerät in die Blase eingebracht. Die Blase selbst ist als Traglufthalle ausgeführt und trägt sich selbst. Eine Sensorsteuerung reguliert Wärmezufuhr und Befeuchtung. Die Freiwilligengruppe der „Bananahood“ überwacht via App die Steuerung und hilft beim Gießen, der Pflanzenpflege und der Regenwassernutzung.
Was war die größte Schwierigkeit bei der Umsetzung Ihrer Idee?
Die Finanzierung und die vielen notwendigen Jas zum Projekt einzuholen – von Grundstückseigentümern über Pächtern bis hin zu Altstadtkommission und dem Materialsponsoring. Das Schwierigste im Entwurf war es, ein parasitäres Energiesystem mit möglichst einfachen Standardkomponenten zu entwickeln, das im Betrieb keinen der Pächter etwas merken lässt.
Name und Gestalt lassen Parallelen zur Oase No. 7 von Haus-Rucker-Co erkennen.
Das ist richtig, der Name deutet eine Serie an und bezieht sich auf das Haus-Rucker-Co-Pro-jekt von 1972 auf der documenta in Kassel. Bereits während des Studiums war ich fasziniert von den Ideen der 1970er Jahre, wo sehr stark holistische Ansätze in der Architektur und transdisziplinäres Denken aufkamen. Die Oase No. 7 hatte Plastikpalmen, und ich wollte eine Oase machen mit echten Pflanzen und intaktem Ökosystem, die sich ohne Energiezufuhr von Außen selbst erhalten kann. Als Kritik am übergroßen ökologischen Fußabdruck vieler vom Menschen betriebener Systeme.
Wie hat die Nachbarschaft reagiert?
Alle fieberten mit, wie die Pflanzen durch den Winter kamen, wie sie wuchsen und gediehen. Beim Erntefest im Oktober schenkte uns das Asia-Restaurant gegenüber gebackene Bananen, und die Pizzeria backte Pizzastangen „Hawaii“ – ein Nachbarschaftsprojekt mitten in der Stadt. Ein wichtiges Ergebnis des Projekts war genau dieser soziale Aspekt. Hier wird ein gesellschaftliches Potential sichtbar, das vielerorts schlummert, wo kollektive Landwirtschaft rein wirtschaftliche Faktoren zugunsten von Spaß an gemeinsamer Nahrungsmittelproduktion an den Rand stellt.
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