Sanierung Landsfiskalen im Quartier Rosengård
Text: Wærn, Rasmus, Spånga (Schweden)
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Foto: Kristian Skovbakke Villadsen
Foto: Kristian Skovbakke Villadsen
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Rasmus Wærn entdeckt in Malmö einen neuen Umgang mit stigmatisierten Plattenbauquartieren aus dem „Million Programme“ der sechziger Jahre. Das bereits zum Abriss freigegebene Quartier Rosengård wurde von den Bewohnern verteidigt und wird heute saniert.
Es liegt heute eine gewisse entspannte Atmosphäre über dem erneuerten Teil von Rosengård. Früher war es hier zwar auch nicht unbedingt zum Fürchten, aber die Stimmung war doch sehr anders. Heute: interessante Spielplätze, Frauen mit und ohne Kopftuch sitzen auf Bänken und schwatzen, und alles ist ordentlich und sauber. Das ist nicht der Rosengård, wie ich ihn kenne.
Das Quartier selbst war lange Jahre das größte, am schlimmsten heruntergekommene und am meisten stigmatisierte Plattenbau-Viertel von ganz Schweden. Zwischen 1967 und 1972 gebaut, war Rosengård das Synonym für Arbeitslosigkeit, fehlgeschlagene Integration und hohe Kriminalität. Das entspricht den Fakten – in Herrgarden, einem nichtsanierten Teilquartier von Rosengård, haben nur 17 Prozent der Mieter eine feste Arbeit, der Migrantenanteil liegt bei 98 Prozent, und Bandenfehden machen aus dem Kiez fast so etwas wie einen Kriegsschauplatz –, aber gleichzeitig ist Rosengård eben auch ein richtig großer Stadtbezirk mitten in der Stadt, in dem immense Kräfte für eine Erneuerung mobilisiert werden könnten. Die Frage ist bloß, wie. 2006 erwarb die staatliche Wohnungsbaugesellschaft MBK den desolatesten Block von Rosengård, Landsfiskalen 1+2. Nicht weil es so ein besonders guter Deal gewesen wäre – es war schlicht und einfach nötig. Die Verwahrlosung musste gestoppt werden, und das betraf längst nicht nur die Bausubstanz. Intensiv nahm man die Aufgabe in Angriff, gemeinsam mit den Anwohnern die Defizite im Kiez zu lokalisieren. Eine ganze Reihe von Verbesserungen, von herkömmlicher Instandsetzung bis zur Hausaufgabenhilfe, waren das Resultat.
Gleich zu Beginn der Restrukturierung zog man das Architekturbüro Gehl aus Kopenhagen hinzu: Dabei ging es weniger um neue Entwurfskonzepte als um dessen Erfahrung mit den Verhaltensmustern im sozio-strukturellen Raum. Die MKB wollte mehr Leben für die Flächen zwischen den Gebäuden. Doch was als ortsbezogenes Instandsetzungsprojekt gedacht war, mündete bald in die Entwicklung einer umfassenden Strategie für die Outdoor-Bereiche und die Anbindung des Viertels an die übrige Stadt.
Das von Jan Gehl entwickelte Szenarium formulierte einfache Prinzipien: „Macht aus Rosengård einen Ort mit größerer räumlicher Diversität, mit besserer und komplexerer Anbindung an die Stadt, mit einer einfach kommunizierbaren hierarchischen Strukturierung der Außenbereiche.“ Für die Wohnbaugesellschaft MKB hieß es dann vor allem Zupacken: Nach langwierigen, aufwendigen Interviews mit den Mietern (in Rosengård leben 110 verschiedene Nationalitäten) schälte sich eine maßgeschneiderte Agenda für das Quartier heraus. Neben der völligen Neukonzeption und „Öffnung“ der Außenanlagen ging es auch um ein passendes Quartiersmanagement, das sich mit den spezifischen Bedürfnissen jeder Familie auseinandersetzte. Ob beengte Wohnverhältnisse, Arbeitslosigkeit oder die sinnlose Langeweile zu vieler leerer Stunden – die Vermietergesellschaft suchte Abhilfe.
Die Vorarbeiten nahmen viel Zeit in Anspruch – dazu gehörten auch die Interviews mit den einzelnen Mieterparteien und zähe Endlossitzungen zum Thema Außenanlagen –, aber es funktionierte. Jan Gehl vermittelte Sicherheit darüber, was bei der Transformation wichtig ist: alle übergeordneten, gemeinschaftlich zu nutzenden Räume auch wirklich gemeinsam zu „programmieren“ ist eine seiner Kernthesen, um entsprechende Verantwortung einzubringen; viele Veränderungen haben die Mieter dann selbst realisiert. Die Schwierigkeit lag auch in einer Veränderung des Bewusstseins: Für jedes komplexe Problem findet sich immer eine schnelle Lösung, die dann garantiert nicht funktioniert. Man braucht Geduld. Die Sanierungen im Landsfiskalen-Kiez zeigen auch, dass Nachbesserungen an der Bausubstanz allein nicht ausreichen, wenn es darum geht, gegen die soziale Ausgrenzung eines ganzen Quartiers anzukommen. Will man an den Optimismus der 60er Jahre anschließen, braucht es Geld und entsprechende Programme und den Willen zur Anbindung der ausgegrenzten Inseln auf vielen Ebenen. Falls es funktioniert, wird ein solcher Schwenk im Selbstbild von Europas Vorstädten von viel größerer Bedeutung sein als das Haschen nach dem Bilbao-Effekt im letzten Jahrzehnt. Den Malmö-Effekt erkennt man an einer mobilisierten Bewohnerschaft, wie sie in Landsfiskalen heute zu beobachten ist. Das Experiment ist gelungen, zumindest in einem Teilbereich.
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