Bauwelt

Sanierung und Erweiterung der städtischen Musikschule


Kraftakt Konjunkturpaket II


Text: Wulf, Tobias, Stuttgart


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    Foto: Christian Richters

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Das Gebäude der Musikschule liegt im Mündungsbereich Nordring/Ostenallee, einer städtebaulich exponierten Stelle. Gemeinsam mit dem Bibliotheksbau im Südwesten bildet es am Übergang zu einer heterogenen Bebauung einen bisher undefinierten Stadtraum. Mit der notwendig gewordenen Erweiterung der Musikschule bot sich die Gelegenheit, diesem Ort eine neue Identität zu geben.
Das Programm sah neben der Sanierung zusätzliche Raumkapazitäten vor, die der gewachsenen Anzahl der Schüler und der musikalischen Spartenvielfalt geschuldet waren. Wir schlugen vor, das Erweiterungsvolumen funktional und baukonstruktiv mit dem Bestandsgebäude zu verschmelzen. Die kulturell wichtige Bauaufgabe sollte einen besonderen architek­tonischen Gestus bekommen, indem die Inhalte sichtbar hervortreten, vor allem der Probensaal und die Probebühne, die als Dach auskragt. Der Eingang auf der Südseite wird durch diese Auskragung deutlich markiert. Entstanden ist ein expressiver skulpturaler Baukörper, der die platz­artig weite Kreuzung dominiert und die pädagogische Bedeutung der Musikschule darstellt.
Der auch weiterhin bestehende Höhenunterschied zur Straße bildet einen angehobenen Vorplatz. Westlich des Gebäudes liegen Stellplätze, östlich wurde eine Grünfläche angelegt.
Die vorgefundene Raumstruktur der Musikschule blieb erhalten. Als Ergänzung verlängern sich die Raumspangen an der Ost- und Westseite nach Süden, dazwischen entsteht im Erdgeschoss ein großzügiges Foyer. Im ersten und zweiten Obergeschoss gibt es vier Übungsräume. Weitere Arbeitsräume, die Probebühne und der Probensaal sind im dritten Obergeschoss aufgestockt. Die beiden letztgenannten Säle befinden sich jeweils am nördlichen und südlichen Rand des Gebäudes, wo sie aufgrund der notwendigen Raumhöhe die Hochpunkte des Baukörpers bilden. Ein großer Vorbereich ermöglicht den Blick über die Dächer von Hamm. Ein neues Treppenhaus und ein Aufzug sichern die behindertengerechte Erschließung.
Die neue Fassade ist als Vorsatzschale mit weißem Feinputz ausgebildet, die sowohl die Erweiterung als auch den Bestandskubus umspannt. Sie ergänzt die expressive Kontur des Gebäudes auf ruhige Art und Weise. Durch die großflächig verglaste Südseite zeigt sich das Innenleben des Gebäudes zum Vorplatz,
der somit den Charakter einer „Stadtbühne“ annimmt. Der Bodenbelag, die seitliche Fassung der Wände sowie die Untersicht des überkragenden Baukörpers sind als raumbildende Flächen gleichwertig gestaltet.
Die Fassade wurde energetisch mit einer komplett neuen Dämmung im Bereich des Bestandes erneuert. Die Lage der Fenster blieb unverändert. Im Bereich der Bestandsöffnungen ist die neue Fassadenschale perforiert. Lamellenartige Ausstülpungen bilden einen vereinheitlichenden Filter. Dadurch entsteht auch das leicht plastische Bild an der Ost- und Westseite. Die Öffnungen sollen an Schallöffnungen des Resonanzkörpers eines Instrumentes erinnern.
Durch die Hochpunkte am äußeren Rand des Gebäudes bot sich die Möglichkeit, ein Tragsystem zu wählen, das genau diese architektonische Überhöhung auch technisch umsetzt. Die geschwungene Linie der Dachsilhouette ergibt sich nicht nur aus den räumlichen Bedingungen, sondern auch aus dem Tragwerk. Dabei handelt es sich um eine weitgespannte Konstruktion, die die Kräfte auf Fachwerkträger in den Stirnseiten überträgt. Das Tragwerk des Altbaus musste daher nicht verstärkt werden.
Das Gebäude ist energietechnisch nach der EnEV 2009 ausgerichtet. Der kompakte Körper mit seiner geringen Hüllfläche bietet dafür gute Voraussetzungen. Die Konstruktion und der Fassadenaufbau können die bestehende Trag- und Baukonstruktion weitestgehend in die energe­tische Neuauslegung des Gebäudes integrieren.



Fakten
Architekten Wulf, Tobias, Stuttgart
Adresse Kolpingstraße 1, 59065 Hamm


aus Bauwelt 27-28.2012
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