Serpentine Pavilion im Londoner Hyde Park
Afrikanische Tradition? Francis Kéré hat den diesjährigen Pavilion entworfen
Text: Brensing, Christian, Berlin
Der Pavillon ist insipiert von dem Baum, der in Kérés Heimatort Gando als zentraler Treffpunkt dient.
Foto: © Kéré Architecture; Iwan Baan
Der Pavillon ist insipiert von dem Baum, der in Kérés Heimatort Gando als zentraler Treffpunkt dient.
Foto: © Kéré Architecture; Iwan Baan
Die Sonne steht hoch über dem Hyde Park, die Besucher suchen Schatten unter dem weit auskragenden Dach des „Serpentine Pavilion“, und der aufsichtführende Galerievertreter erklärt, wie gut ihm und den Besuchern Francis Kérés Pavillon gefällt. Wie in den vergangenen siebzehn Sommern ist die Wiese vor dem altehrwürdigen Teehaus der Serpentine Gallery der Ort, an dem ein Architekt, der bisher noch nicht in Großbritannien gebaut hat, das nun erstmals tun konnte.
Zwangsläufig drängt sich in jedem Jahr der Vergleich mit dem vorangegangenen Pavillon auf – und vielleicht auch mit der ganzen Reihe seiner Vorgänger. Unter diesem Aspekt betrachtet, ist Francis Kérés Interpretation eines Follys, Konzept und Konstruktion betreffend, von unaufgeregter Art. Das kreisrunde Dach aus Stahlträgern, 25 Meter im Durchmesser, mit Polycarbonateindeckung und darunter hängendem hölzernen Brise Soleil ist leicht schräg gestellt. Getragen wird es von einem außermittig angeordneten Ring aus Fachwerkstützen, die eine Art Atrium bilden, in das, wenn es regnet, das Regenwasser abläuft. Unter dem Dach: vier freistehende, geschwungene, indigoblaue Holzwände, die so angeordnet sind, dass sie Durchblicke erlauben. Solide Holzschemel und ein ebenfalls aus Holz gefertigter opulenter Lounge-Chair laden zum Verweilen ein.
Eine tiefere Bedeutung des Pavillons erschließt sich erst auf Nachfrage – auch wenn die simple Erläuterung der Aufsicht, es handele sich um einen Versammlungsort, vergleichbar denen in der afrikanischen Heimat des Architekten, nicht wirklich befriedigt. Denn dann könnten alle vorherigen sechzehn Pavillons ebenalls auf afrikanische Wurzeln verweisen. Es ist ohnehin erstaunlich, dass die Verantwortlichen der Serpentine Gallery ebenso wie der Architekt selbst bei der Interpretation nahezu aller Aspekte des Pavillons „afrikanische Traditionen“ bemühen. Aber wenig, oder eigentlich nichts, erinnert den Besucher daran. Dafür ist das Bauwerk zu präzise – nichts sieht nach Improvisation oder spontaner Kreativität aus. Man hat hier aus dem Vollen geschöpft, was der Sache nicht zuträglich war.
Das Bauunternehmen aus Yorkshire, das die letzten neun Pavillons gebaut hat, bekam auch diesmal den Zuschlag. Der Firma ist kein Vorwurf zu machen: geschweißte Stahlrohre, silberner Farbauftrag als Rostschutz, exakt geschnittene und verleimte Hölzer, die vier geschwungene Paravents de luxe ergeben. Aber ist das die richtige Verkörperung von Kérés Idee eines Pavillons, der „die Besucher mit der Natur und miteinander verbinden will“, inspiriert von „dem Baum, der als zentraler Treffpunkt seines Heimatortes Gando in Burkina Faso“ dient? Es heißt, die Behörden hätten ihm die Verwendung von Lehmziegeln mit der Begründung untersagt, der Hyde Park sei keine Lehmgrube. Schade.
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