Sporthalle in Haiming
Industrieller Regionalismus. Analoger Konzeptbau. Eingepasster Solitär. Die Sporthalle der Arge von Almannai Fischer und Harald Fuchshuber verleitet zur Spurensuche in der weiten Welt des Bauens – vom benachbarten Schuppen bis Peter Märkli
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
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Die Sporthalle liegt mitten in Haiming und doch in der Landschaft. Zur Baumreihe am Bachlauf im Norden löst sich der Baukörper in ein filigranes Streben-Geäst auf.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
Die Sporthalle liegt mitten in Haiming und doch in der Landschaft. Zur Baumreihe am Bachlauf im Norden löst sich der Baukörper in ein filigranes Streben-Geäst auf.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
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Der Dachüberstand ist ein von den Scheunen in Oberbayern vertrautes Motiv. Das Strebewerk vermittelt die große Fläche aus Polycarbonat zur Landschaft.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
Der Dachüberstand ist ein von den Scheunen in Oberbayern vertrautes Motiv. Das Strebewerk vermittelt die große Fläche aus Polycarbonat zur Landschaft.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
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Indem die Architekten die Nebenräume der Sporthalle an die Giebelseiten legten, ...
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
Indem die Architekten die Nebenräume der Sporthalle an die Giebelseiten legten, ...
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
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... gelang zum einen die maßstäblich gelungene Einfügung in den dörflichen Kontext.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
... gelang zum einen die maßstäblich gelungene Einfügung in den dörflichen Kontext.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
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Zum anderen wurde so die Proportion gestreckt und ein direkter Blickbezug zum Außensportgelände möglich.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
Zum anderen wurde so die Proportion gestreckt und ein direkter Blickbezug zum Außensportgelände möglich.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
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Unten der Blick auf den Westgiebel mit alter Turnhalle und Kirchturm.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
Unten der Blick auf den Westgiebel mit alter Turnhalle und Kirchturm.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
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Als „Peter-Märkli-Moment“ bezeichnet der Architekt das Verschmelzen von Tektonik und Atektonik an der Südfassade.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
Als „Peter-Märkli-Moment“ bezeichnet der Architekt das Verschmelzen von Tektonik und Atektonik an der Südfassade.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
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Die nur gut zwei Meter hohe Prallwand lässt die Halle höher wirken.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
Die nur gut zwei Meter hohe Prallwand lässt die Halle höher wirken.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
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Die im Erdgeschoss in Beton ausgeführte Südwand dient der Aussteifung der Halle – konstruktiv wie ästhetisch.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
Die im Erdgeschoss in Beton ausgeführte Südwand dient der Aussteifung der Halle – konstruktiv wie ästhetisch.
Foto: Sebastian Schels/PK-Odessa
Im Ortsbild fällt das große Volumen kaum auf. Zur Hauptstraße hin versteckt es sich hinter der alten Turnhalle, die wiederum hinter dem Schulhaus angeordnet ist, zum Wohngebiet im Norden hält es Distanz und wird von einer Baumreihe aus dem Blickfeld genommen. Wie geschickt sich die neue Sporthalle ins Ortsbild von Haiming einpasst, zeigt sich aber vor allem dem Fußgänger, der vom Rathaus der Friedhofsmauer folgt: Den beiden kleinen Nebengebäuden, die vor der Turnhalle den Friedhofsbezirk beschließen, stellt sich der Neubau der Arbeitsgemeinschaft der Münchner Architekten Almannai Fischer und des Altöttinger Ingenieurs Harald Fuchshuber nicht mit einem hochaufragenden Giebel gegenüber, sondern gleichfalls mit einem eingeschossigen, traufständigen Nebenraumtrakt, der zur Höhe der Giebelwand maßstäblich vermittelt.
„Einen dörflich-alltäglichen Umgang“ zu finden mit der Situation, war ein bewusst verfolgtes Ziel der Planung, dabei nicht in Dorfromantik zu verfallen, sondern eine gewisse industrielle Ruppigkeit zu pflegen, das ausbalancierende Gegengewicht. Und im Inneren dann durfte ruhig auch ein dem Wettkampf nicht fremder Schuss Heroik ins Spiel kommen. Ein Drittelmix, den Haiming gut verträgt: Kaum liegt das Ortsschild hinter einem, ragen in Richtung Burghausen die stählernen Schlote von Wacker über die Wipfel – der dortige Produktionsstandort des Chemiekonzerns liegt etwa zur Hälfte auf Haiminger Gebiet. Dies beschert der 2400-Einwohner-Gemeinde üppige, wenngleich nicht immer verlässliche Gewerbesteuereinnahmen. Weshalb die neue Sporthalle mit knapp bemessenem Budget in Angriff genommen wurde: Zwei Millionen Euro, mehr sollte sie nicht kosten. Dass der zunächst dafür in Betracht gezogene Weg, einen Generalübernehmer mit Planung und Ausführung zu beauftragen, nicht beschritten, sondern eine andere Konstellation gewählt wurde, ist die für dieses Projekt wesentliche Vorgeschichte.
Als die Absicht der Gemeinde, eine neue Sporthalle zu bauen, an die Ohren von Harald Fuchshuber drang, entschloss sich der Ingenieur aus Altötting, die jungen Architekten Fischer Multerer in München zu kontaktieren, um gemeinsam einen Projektvorschlag zu erarbeiten. Tatsächlich gelang es der Arbeitsgemeinschaft, das Angebot des GÜ auszustechen, und zwar nicht nur, weil ihr Projekt attraktiver, sondern auch günstiger schien. Das Planerteam hatte eine besondere Struktur für die Realisierung der Sporthalle ersonnen: Als Bauherr sollte nicht die Gemeinde, sondern der örtliche Sportverein fungieren, gebaut werden sollte mit dem kommunalen Baubetrieb – die in dieser Konstellation mögliche Einzelvergabe machte eine Förderung durch den bayrischen Landessportbund, anders als im Falle des Komplettauftrags an einen GÜ, möglich.
Die Beschränkung der finanziellen Mittel sieht Architekt Florian Fischer im Rückblick nicht als Nachteil. Die Entscheidung etwa für das billigste erhältliche Hallentragsystem aus Nagelplattenbindern, wie sie in den oberbayrischen Dörfern auch für Stallungen verwendet werden, schien den Haimingern vertraut, gleichzeitig kam damit ein Anknüpfungspunkt an die gewünschte dörfliche Gewöhnlichkeit ins Projekt, von dem aus das Banale zu etwas Überraschendem entwickelt werden konnte.
Das ist geglückt. Betritt man die Halle durch den nicht übermäßig inszenierten Haupteingang, ist die Wirkung des großen Raums tatsächlich ein „Wow!“. Der offene, überraschend filigrane Dachstuhl mit seinen eng gestaffelten Bindern lässt die Halle länger scheinen, als sie ist; die mit 2,08 Metern niedrige (und dadurch kostengünstige) Prallwand lässt den „Horizont“ des Raums tief und die Halle höher wirken; die kräftig profilierte Südwand aus Beton und Holz gibt der „Leichtigkeit“ des Bindersystems ein glaubwürdiges Widerlager, und nach Norden hin löst sich die Raumgrenze im weichen Licht der (ebenfalls billigen, nicht gegen Ballflug zu schützenden) Polycarbonatfläche auf.
Erst beim zweiten Hinsehen fällt auf, wie bewusst dieses Bild detailliert worden, wie „das Pragmatische ins Architektonische übersetzt“ worden ist, wie Fischer den Entwurfsprozess umreißt: Standardbodenfliesen, die aber nicht im Verband, sondern einfach seriell gereiht verlegt worden sind; das präzise Fugenbild des Mauerwerks der Umkleiden; die fehlenden Horizontalen der Türzargen, so dass der Betonsturz ihren oberen Abschluss bildet; die Holzleisten, die die unter der Schalung liegende Tragkonstruktion nachzeichnen. Der Eindruck des „Modellhaften“, den die Fotos dieser Architektur erwecken, stellt sich dank dieser sorgfältigen Detailarbeit tatsächlich auch vor Ort ein.
Fakten
Architekten
Arge IB Harald Fuchshuber + Almannai Fischer, Altötting
Adresse
Hauptstraße 24, 84533 Haiming
aus
Bauwelt 9.2017
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