Bauwelt

Umbau der Île de Nantes



Text: Caille, Emmanuel, Paris


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    Plan: Atelier de l’île de Nantes (Alexandre Chemetoff)

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    Plan: Atelier de l’île de Nantes (Alexandre Chemetoff)

Emmanuel Caille begeistert sich für eine jahrzehntelang vergessene, von der Schiffsindustrie besetzte Insel in der Loire, die dank eines intelligenten Masterplans in wenigen Jahren zu einem lebendi­gen Vis-à-vis der Kernstadt von Nantes geworden ist.
Die Île de Nantes liegt im Mündungsbereich der Loire vor dem Stadtzentrum von Nantes. Die knapp 337 Hektar große Insel wurde in den letz­ten zehn Jahren zum Schauplatz für eine Art der Stadterneuerung, die richtungsweisend für künftige Vorhaben werden dürfte. Wie umgekrempelt wirken die gewohnten Denk- und Hand­lungsmuster der Architekten, Stadt- und Landschaftsplaner. Fachspezifische Horizonte, an denen man sich sonst abarbeitet, scheinen sich angesichts der Dynamik des Prozesses in Luft aufgelöst zu haben.
Nach der Schließung der Werftanlagen im Jahr 1987 sah sich Nantes mit einer riesigen Industriebrache konfrontiert, die außerdem durch einen Seitenarm der Loire vom Stadtkern abgeschnitten ist. Anstatt die aufgelassenen Indus­trieruinen abzureißen, wählten die beauftragten Architekten Alexandre Chemetoff und Patrick Henry eine andere Strategie: Sie fassten das Areal als Erzählstrang einer lückenhaften und zum Teil ausgelöschten Geschichte auf, den es wieder aufzunehmen galt. Ihr Konzept sah vor, das Stadterneuerungsprojekt Schritt für Schritt weiterzuspinnen und dabei die im Quartier inhä­renten Qualitäten als Ausgangspunkte zu nehmen. Diese offene Vorgehensweise, die man in Form eines „Plan guide“ organisatorisch absteckte, charakterisierte Chemetoff einmal als „Summe aus lebendigen Erfahrungen; als ein Verfahren, das Projekt im Verlauf seiner Umsetzung zu erfinden, noch während man es in den öffentlichen Raum implantiert“. Dieser öffentliche Raum als das verbindende Element für alle geplanten Maßnahmen wurde damit zum entscheidenden Faktor des Prozesses. Als ähnlich wichtiger Motor für urbane Erneuerung erwies sich die erlebbare Wirklichkeit einer direkten Bezugnahme, die sich mit den bereits vorhande­nen Elementen etablieren ließ – den eigentlichen „Bausteinen“ jener Geschichte, die es zu erzählen galt: Mauerwerk, Gleise, Krananlagen, Lagerhallen, bewachsene oder versiegelte Flächen werden ohne ästhetisches Werturteil umge­nutzt, um eine Stadt der Zukunft zu entwickeln.
Die Maßnahmen im Rahmen von „Atelier de l‘île de Nantes“ splitteten sich in mehrere Ein­zelprojekte auf, als da sind: eine Restrukturierung des Quai François Mitterrand und des um Jean Nouvels neuen Justizpalast herum entstandenen Quartiers (2005); der Square de l’île Mabon, wo man die Vegetation wieder ungehindert von der Betonwüste des Industriegelän­­des Besitz ergreifen lässt (2005); der „Parc des chantiers“ als neue Nutzung der Warenspeicher und der Bananenhangars (2005); die „Nefs de la Loire“; eine einfache Sanierung von Industrie­hallen als überdachte Orte für Kulturveranstaltungen (2007); die Neuordnung des Boulevard Général de Gaulle mit der Priorität einer sanf­ten Mobilität (2007) und das Umfeld des Shopping Centers mit Boulevard Blancho und den Uferzonen (2007).
Umgesetzt werden konnten all diese Interventionen nur wegen des hier entwickelten Verfahrens einer „neuen Vorläufigkeit“ – im ständigen Wechselspiel zwischen Erinnern, Erfahren und Erfinden, zwischen Inventur, Aktion in situ und evaluierender Kritik. Fraglos war zudem der klare politische Rückhalt der Stadt und ihrer Baubehörde entscheidend für die Realisierung des Projekts.



Fakten
Architekten Alexandre Chemetoff, Paris
aus Bauwelt 43.2010
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