Bauwelt

Galleria Gió Marconi


In einem der vielen Innenhöfe der Via Tadino in Mailand haben Kuehn Malvezzi Räume für den Galeristen Gió Marconi umgebaut


Text: Vielhauer, Cordula, Berlin


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    Die Via Alessandro Tadino ist eine ruhige Straße im engen Mailänder Stadtgeflecht.
    Foto: Cordula Vielhauer

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    Die Via Alessandro Tadino ist eine ruhige Straße im engen Mailänder Stadtgeflecht.

    Foto: Cordula Vielhauer

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    Die Kunstgalerie schiebt sich in den Hof.
    Foto: Giovanna Silva

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    Die Kunstgalerie schiebt sich in den Hof.

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Die neuen, von den Berliner Architekten Kuehn Malvezzi ausgebauten Räume des Galeristen Gió Marconi liegen in einem Hinterhof in der Via Tadino 20, unweit der Porta Venezia in Mailand. Der frühere Standort der Galerie ist nur wenige Häuser entfernt. Diesen hatten die Architekten bereits vor zehn Jahren gestaltet. Heute residiert dort die Fondazione Marconi, von Giorgio Marconi, dem Vater des Galeristen. Schon in den sechziger Jahren war dessen Galerie ein Nukleus für internationale moderne Kunst in Mailand. Gió Marconi führt die Tradition für die zeitgenössische Avantgarde fort. Er vertritt Künstler wie Rosa Barba, Christian Jankowski, Michel Majerus oder Tobias Rehberger. Die Architektin und gebürtige Mailänderin Simona Malvezzi und der Galerist kennen sich schon lange; die Zusammenarbeit begann 2002, nachdem Marconi den Foyerumbau der Schirn-Kunsthalle durch Kuehn Malvezzi gesehen hatte. Gemeinsame Freundschaften zu Künstlern der Galerie stärken die Verbindung.
Der Standort in der unspektakulären Straße abseits des Zentrums zeugt von einer gewissen Gelassenheit: Während man noch ein paar Straßen weiter die Nähe des Hauptbahnhofs spürt – viele Hotels, viel Kleingewerbe sowie eine afrikanische Community bilden eine bunte Mischung – und unweit der Corso Buenos Aires liegt, eine große, lebendige Geschäftsstraße, ist die Via Tadino eher unaufgeregt. Hier gibt es nur wenige Läden, eine für Mailand niedrige Wohnbebauung, Balkone zur Straße, verschachtelte Hinterhöfe mit kleinen Betrieben und Ateliers – fast eine Oase.
Die neue Galerie passt sich in diese Situation ein. Zunächst fügen die Architekten der Abfolge aus sukzessive privater werdenden Freiräumen auf dem Weg von der Straße durch Durchfahrten und Hinterhöfe eine weitere Raumschicht hinzu: Ein großzügiger Eingangsbereich bildet eine Schleuse zwischen Hof und Galerie, eine Zäsur zwischen Alltag und Kunst, einen Verteiler zwischen den unterschiedlichen Nutzungen. Auf einer Seite dieses Schwellenraums verläuft eine zweistufige Tribüne, die zum Sitzen einlädt und als Modulation den Höhenunterschied zu den Serviceräumen andeutet.
Im Gespräch mit Simona Malvezzi spürt man ihre große Sensibilität für räumliche Situationen ebenso wie den Respekt vor der Aura eines Kunstwerks. Dieser Aura einen Raum zu geben, und ihn gleichzeitig zu nutzen, um eine Verbindung zwischen Objekt und Umgebung herzustellen, betrachtet sie als ihre Aufgabe als Ausstellungsarchitektin. Ihr geht es darum, eine Ebene einzuführen oder auch einen Raum aufzuspannen, der – einer ästhetischen Einstellung folgend – neutral bleibt, gleichzeitig jedoch auf subtile Weise sowohl Eigenschaften des Exponats als auch der Umgebung in sich aufnehmen kann. So entsteht eine Art Kontext erzeugende Zwischenraumarchitektur. Für Kuehn Malvezzi funktioniert das auf der Fläche wie im Raum – und in fast jedem Maßstab.
Plastisch wird diese Haltung auch in der aktuellen Ausstellung „I’ll Be There Forever“ im Palazzo Cusani in Mailand, in der die Architekten für jedes einzelne Exponat ein eigenes Setting entwickelt haben. Je nach Notwendigkeit greifen sie dabei einzelne Eigenschaften des Palazzo-Interieurs auf – wie eine Stoffbespannung oder eine durch Spiegel veränderte Raumgeometrie – und entwickeln daraus mit subtilen Bezügen aufgeladene Displays.
Die Galleria Gió Marconi ist Ort für Wechselausstellungen und Installationen. Kuehn Malvezzi haben sie als White Cube gestaltet, dessen Beziehungen zur Umgebung und zwischen den einzelnen Räumen sich allein in präzise gesetzten raumhohen Öffnungen artikulieren. In einer bis an die Grenze zur Eigenschaftslosigkeit getriebenen Nüchternheit arrangieren sie dabei ein binäres geometrisches Spiel aus offenen und geschlossenen Flächen: Hier ist jede Wand ein vollständiges Rechteck, die Türen geben rahmenlose Durchlässe frei, kein Sturz stört die durchgehende Decke. So entsteht aus der Topografie des Bodens, der Weite der Decke und der klaren Komposition aus Wand und Öffnung ein dreidimensionales Geflecht aus Grenzen und Verbindungen, das in seinem fast immateriellen Abstraktionsgrad die Künstlichkeit der Situation unterstreicht und so einen nahezu modellhaften, idealen Raum erzeugt.



Fakten
Architekten Kuehn Malvezzi, Berlin
Adresse via 20124, Via Alessandro Tadino, 20, 20124 Milano, Italien


aus Bauwelt 25.2015
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