Text: Schmidt, Hannes, Weimar
Wie sind Sie zum Projekt gekommen?
Zum einen hatte ich nach dem langen und sehr theoretischen Studium unheimlich viel Lust, etwas Praktisches als Abschlussarbeit zu machen, etwas, dass nicht nach der Präsentation in der Schublade verschwindet. Zum anderen hat mich die Wegwerfkultur, in der wir leben, schon lange gestört. So kam die Idee zu zeigen, dass man mit dem, was heutzutage auf dem Müll landet, noch wunderbare Dinge machen kann.
Wie kamen Sie darauf, ein Restaurant zu errichten?
Ein Restaurant zu betreiben, war ein Wunsch, den ich mir eigentlich für einen späteren Lebensabschnitt vorgestellt hatte. Da mit der Idee, als Abschlussarbeit ein Haus aus Recyclingmaterialien zu errichten, die Chance bestand, diesen Traum vorzuziehen, habe ich es einfach gemacht.
War es schwierig, von der Stadt die Genehmigung zu erhalten?
Es war sehr zeitaufwendig, aber schwierig war es nicht. Die Ämter waren sehr entgegenkommend – ganz anders, als es mir vorhergesagt worden war. Und da ich sehr früh mit dem Vorhaben hausieren gegangen bin, konnten viele offene Fragen direkt geklärt werden.
Wie haben Sie das Projekt finanziert?
Ich habe mir 10.000 Euro in der Familie geliehen und 4000 Euro selber zusammengespart. Mit diesem Geld musste ich klarkommen.
Wie hat sich der Entwurf im Laufe der Bearbeitung entwickelt?
Wenn man mit Resten (ich mag den Begriff Müll in diesem Zusammenhang nicht) entwirft, weiß man nicht, welche Materialien zu Verfügung stehen werden. So war es ein Pingpongspiel. Wir wussten ungefähr, wie das Gebäude aussehen sollte, und haben dann nach Materialien gesucht. Wenn das Gesuchte nicht aufzufinden war, mussten wir den Entwurf überarbeiten.
Was war die zentrale Erkenntnis der Realisierung?
Wie viel Potential und Wille in der Studentenschaft schlummert. Ohne Gegenleistung in Form von Geld oder Credits haben so unheimlich viele geholfen, einfach weil sie Lust dazu hatten. Ohne diese Hilfe wäre das Projekt niemals möglich gewesen.
Wie haben die Nachbarn reagiert?
Durchweg erfreulich. Wir hatten das Glück, dass die angrenzenden Gebäude zur Universität gehören. Es gab also kein Problem mit Ruhestörungen. Fast alle hatten sich gefreut, dass es eine Alternative zu den vorhandenen Essensangeboten gab. Insbesondere der Kräutergarten – immer frei zugänglich – kam sehr gut an.
Wie haben Sie den Abbau erlebt, und was ist aus dem Material geworden?
Der Abbau war sicherlich mit die schwerste Phase. Nach den Anstrengungen im Aufbau und Betrieb kam für alle ein Motivationsloch. Wer räumt schon gerne die Party am nächsten Tag auf? Aber da der Plan vorsah, das Gebäude an anderer Stelle wieder zu errichten, kamen auch interessante neue Aspekte hinzu: Um das Gebäude möglichst schnell wieder aufbauen zu können, haben wir Teile des Tragwerks und die Frontfassade als Ganzes mit Kran und LKW abtransportiert. Alle Teile wurden beschriftet und in Plänen vermerkt und warten darauf, wieder zusammengesetzt zu werden.
Gibt es schon Pläne dafür?
Natürlich spiele ich mit dem Gedanken. Allerdings wirft ein Wiederaufbau ganz neue Probleme auf. Zum Beispiel ist die Suche nach einem Ort noch viel schwieriger geworden, da nun ein konkretes Gebäude vorhanden ist, das sich nicht ohne weiteres an den Ort anpassen lässt.
Wenn Sie auf Ihre Ausbildung zurückblicken, gibt es Lehrinhalte, die Ihnen in der Berufspraxis fehlen?
Sicherlich, eine Menge. Aber es ist unmöglich, alle Aspekte der Architektur in der Ausbildung abzudecken. In Weimar wird sehr entwurfslastig gelehrt. So habe ich nicht gelernt, wie man ein Leistungsverzeichnis oder eine detaillierte Ausführungsplanung erstellt, wie man mit Handwerkern und Firmen umgeht, und auch nicht, wie man eine Baustelle leitet. Was ich gelernt habe, ist eine Art zu denken und sich Fragestellungen zu nähern. Somit fühle ich mich durchaus gut gewappnet für die Praxis.
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