Feldforschung Atommüll
Seit 2013 steht fest: Der Atommüll aus der Schachtanlage AsseII soll rückgeholt werden. Das muss aufwendig geplant werden. Der niedersächsische Landkreis Wolfenbüttel sucht deshalb Ideen für einen Innovations- und Kompetenzcampus, auf dem sich die beteiligten Firmen und Ingenieure ansiedeln können
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Feldforschung Atommüll
Seit 2013 steht fest: Der Atommüll aus der Schachtanlage AsseII soll rückgeholt werden. Das muss aufwendig geplant werden. Der niedersächsische Landkreis Wolfenbüttel sucht deshalb Ideen für einen Innovations- und Kompetenzcampus, auf dem sich die beteiligten Firmen und Ingenieure ansiedeln können
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Wer das Wort Asse hört, denkt unweigerlich an das marode Atommülllager bei Wolfenbüttel in Niedersachsen. 126.000 Fässer lagern in dem ehemaligen Salzbergwerk, das nach dem Höhenzug Asse benannt ist. Im Jahr 2013 hat der Bund die Stilllegung der Schachtanlage Asse II und die Rückholung der radioaktiven Abfälle beschlossen. Diese Rückholung muss aufwendig vorbereitet werden, eine solche Aktion wird weltweit zum ersten Mal geschehen. Zum Beispiel müssen die Kammern erkundet und auf den günstigsten Zugang geprüft werden. Ein zusätzlicher Schacht ist nötig, der den über 100 Jahre alten Hauptzugang des Bergwerkes entlastet, und neue, zum Teil ferngesteuerte Geräte müssen entwickelt werden, die die Abfälle unter Tage verpacken. Nicht zuletzt werden ein Schleusensystem und ein Zwischenlager gebraucht. Die Asse GmbH, die im Auftrag des Bundes die Rückholung plant, kann sich auf dem Gelände der Schachtanlage nicht mehr erweitern, in der Umgebung hat sie Flächen angemietet, auch in der Industriehalle im 1800-Einwohner-Ort Remlingen, wenige hundert Meter von der Schachtanlage entfernt. In Remlingen plant der Landkreis Wolfenbüttel, zu dem Remlingen gehört, nun einen sogenannten Innovations- und Kompetenzcampus, auf dem sich Firmen und Ingenieure ansiedeln können. Nicht nur, weil das Gewerbeeinnahmen in einer strukturschwachen ländlichen Region bringt, sondern auch, weil die Konzentration von Forschung und Entwicklung, wie sie hier geplant ist, das Image des Ortes wandeln würde, so die Überlegungen. Darüber hinaus könnten „Kommunen mit Altlasten unterschiedlicher Art von den Transformations-Strategien … profitieren und diese auf ihre Gegebenheiten übertragen“, erklärte Vanessa M. Carlow, Leiterin des „Research Institute for Sustainable Urbanism“ der Technischen Universität Braunschweig, das die Planung begleitet. Mit dabei sind außerdem die Asse GmbH, die Gemeinde Remlingen, die Samtgemeinde Elm-Asse und der Landkreis Wolfenbüttel. Im Juli haben die beiden Gemeinden und der Landkreis für rund 40.000 Euro ein kooperatives Workshopverfahren durchgeführt, das nach einer Entwicklungsstrategie für den Campus suchte. Drei Architektur- und Stadtplanungsbüros aus der Region hatte das federführende Institut der Uni Braunschweig dazu eingeladen: Carsten Meier Architekten Stadtplaner aus Braunschweig, die Arge Cityförster und Cora Blau aus Hannover und die Arge Teleinternetcafe und Treibhaus aus Berlin und Hamburg.
Der Campus soll sich, so steht es in der Auslobung, in mehreren Phasen über die nächsten zehn Jahre auf bis zu 10 ha entwickeln. Die Asse GmbH gibt darin einen Bedarf von 6600 m² Bürofläche, 7800 m² Lagerfläche und 9250 m² Verkehrsfläche an. Zusätzlich erwartet sie die Ansiedlung von externen Firmen mit weiterem Bedarf an Büro-, Labor-, Lager- und Verkehrsflächen. Zwei Grundstücke standen zur Auswahl: eines am nördlichen und eines am östlichen Rand von Remlingen. Nicht zuletzt sollten die Planer Ideen zur Bürgerbeteiligung entwickeln und einen Namen für den Campus vorschlagen.
Die Arge Teleinternetcafe und Treibhaus (1. Preis) ordnet ihr „Forum Asse“ östlich von Remlingen an, u.a. mit dem Gedanken, dass eine schrittweise Entwicklung im Norden eine ausgefranste Ortskante bilden würde. Sie bietet verschiedene Bautyen und -größen an, bezieht das vorhandene Schulzentrum mit ein und sieht die bereits von der Asse GmbH gemietete Halle als verbindendes Element zwischen Dorf und Campus. Vor allem Letzteres sah die Jury äußerst positiv.
Carsten Meier Architekten (2. Preis) schlagen für den ebenfalls östlich gelegenen „Landschaftscampus Remlingen“ ein breites Freiraumband, einen Dorfplatz und einen autofreien Kernbereich vor. Die Jury kritisierte die dadurch entstehende Distanz von Dorf und Campus und vermisste eine bauliche Fassung.
Die Arge Cityförster und Chora Blau (3. Preis) plant im Norden des Dorfes die „Forschungslandschaft Remlingen“, trennt vier Cluster durch Grünkeile und spiegelt die Landschaft in geneigten Dächern der Bauten. Der Jury missfielen der versiegelte Übergang zur Landschaft und die unzureichende Anbindung an den Ort.
Wohnraum für die Mitarbeiter war nicht Teil der Planungsaufgabe. Diese Frage muss nun der Landkreis Wolfenbüttel beantworten. In Remlingen gibt es Flächen hierfür, in der Gemeinde Wittmar könnte ein Boardinghouse mit etwa 200 Zimmern entstehen. Die Planungshoheit für die Bauleitplanung liegt bei der Gemeinde Remlingen.
Kooperatives Gutachterverfahren
1. Preis ARGE Teleinternetcafe und Treibhaus, Berlin
2. Preis Carsten Meier, Architekten Stadtplaner, Braunschweig
3. Preis Arge City Förster und Chora Blau, Hannover
Fachpreisrichter
Carola Dietrich (Vorsitz), Allmann Sattler Wappner Architekten, München; Anna Lundqvist, MAN MADE LAND, Berlin; Claus Pahlitzsch, Landkreis Wolfenbüttel, Dezernat II, Abteilung 601 Planung
Wettbewerbsmanagement
Research Institute for Sustainable Urbanism der Technischen Universität Braunschweig, Vanessa Miriam Carlow
1. Preis ARGE Teleinternetcafe und Treibhaus, Berlin
2. Preis Carsten Meier, Architekten Stadtplaner, Braunschweig
3. Preis Arge City Förster und Chora Blau, Hannover
Fachpreisrichter
Carola Dietrich (Vorsitz), Allmann Sattler Wappner Architekten, München; Anna Lundqvist, MAN MADE LAND, Berlin; Claus Pahlitzsch, Landkreis Wolfenbüttel, Dezernat II, Abteilung 601 Planung
Wettbewerbsmanagement
Research Institute for Sustainable Urbanism der Technischen Universität Braunschweig, Vanessa Miriam Carlow
0 Kommentare