Bauwelt

Frische Brise

Serpentine Pavilion 2015 von selgascano

Text: Schabel, Anna

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    Hier kommt keiner missmutig wieder heraus ...
    Foto: Jim Stephenson

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    ... der 15. Londoner Serpentine-Pavillon schillert in den Farben von Eiscreme.
    Foto: Jim Stephenson

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    Bedruckte ETFE-Folie, Stahlrahmen und farbige Bänder bilden den Rah-men für Veranstaltungen und englisches Picknick
    Foto: Naaro

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    Bedruckte ETFE-Folie, Stahlrahmen und farbige Bänder bilden den Rah-men für Veranstaltungen und englisches Picknick

    Foto: Naaro

Frische Brise

Serpentine Pavilion 2015 von selgascano

Text: Schabel, Anna

Den „am meisten umgegrabenen Vorgarten der Welt“ nennt Julia Peyton-Jones, die Leiterin der Londoner Serpentine Gallery, den Rasen vor ihrem Haus in Kensington Gardens. Seit 15 Jahren muss dieser Vorgarten jeden Sommer die Fundamente für einen neuen Pavillon aufnehmen. Die Altherrenriege Daniel Libeskind, Frank Gehry und Toyo Ito hat hier ihre Serpentine Pavilions gebaut, auch SANAA aus Japan oder letztes Jahr Smiljan Radcic aus Chile. Wer von der Galerie eingeladen wird, muss nur eine Bedingung erfüllen: Zuvor darf er oder sie in England kein Gebäude vollendet haben.
 Dieses Jahr sind die spanischen Architekten Jose Selgas und Lucia Cano vom Büro selgascano an der Reihe. Mit leichten, farbigen, leuchtenden, oft nicht orthogonalen öffentlichen Bauten wie dem Kongresszentrum El B (Bauwelt 2.2012) in der spanischen Hafenstadt Cartagena haben sie sich einen Namen gemacht. Im Jahr 2013 bekamen sie den Kunstpreis der Berliner Akademie der Künste. Selgascano verwenden oft preiswerte, transparente Materialien über einfachen Stahlrahmen. Ihr Büro bei Madrid ist eine Plexiglastonne, halb in den Waldboden eingegraben.
 Ein bisschen wie an der spanischen Küste fühlt man sich in ihrem Londoner Pavillon. Der weiße Boden erinnert an einen Sandstrand, Menschen stehen wie schwarze Silhouetten gegen die gleißende Hülle. Farbige Bänder wirken wie wehende Fahnen und erzeugen das Gefühl einer konstanten Brise. Innen scheint die Sonne stärker zu strahlen als außen. Der Blick hinaus durch die runden Öffnungen trifft auf dunkle englische Bäume. Zum Licht gehört Schatten. Was von außen leicht und ungeordnet wirkt, entwickelt innen eine ordnende Kraft – spielerisch und doch schlagkräftig.
Der Pavillon ist konsequent leicht und aus biologisch abbaubaren Materialien konstruiert. Ein weißer, verschraubter Stahlrahmen biegt sich mal innen, mal außen um Plastikmembran und -bänder. Die Haut ist aus ETFE (Ethylen-tetrafluorethylen), wie zum Beispiel auch die Fassade der Allianz Arena in München.
Damit das Material, das nur in großen Mengen geliefert wird, nicht in vielen einzelnen Farben bestellt werden musste, haben die Architekten die Membran einfach bedruckt – ein großes Plus angesichts des beschränkten Zeitrahmens und Budgets für den Pavillon. Neunzehn Eiscremefarben kamen zum Einsatz, in verschiedener Dichte gedruckt, variiert deren Transparenz.
 „Farbe – welche Farbe?“, fragen die Architekten. Die Farbe ist hier nicht einfach aufgetragen, ist keine Dekoration. Sie ist ein Zeichen von Wandel und Bewegung. Das Zentrum des tentakelartigen Pavillons ist am hellsten erleuchtet, die Deckenmembran ist hier weiß. Die Bühne liegt vor einem sonnenartigen Rundfenster und ist in Gelb getaucht. Die Bar und der gegenüberliegende Eingang erscheinen grünlich, der Eingang zur alten Galerie hin pink. Dort wird der leicht psychedelische Eindruck von Schwung und Verformung durch eine in allen Regenbogenfarben schillernde Folie verstärkt. Jede Änderung der Sonneneinstrahlung schafft eine andere Stimmung – und nachts ähnelt der Pavillon einem großen Bonbon.
 Bei der Eröffnung beschrieb Kurator und Autor Hans Ulrich Obrist, Co-Direktor der Serpentine, Architekten reagierten intuitiv auf vorherige Projekte, so wie sich Künstler in einer Galerie auf vorherige Ausstellungen beziehen. Dies drücke sich dann in Gegensätzen wie schwer und leicht oder offen und geschlossen aus. Selgascano haben beschlossen, ihren Pavillon nicht auf ein einzelnes Bild zu reduzieren, er soll sich langsam erschließt. Man kann dennoch voraussagen, dass die Online-Bilddatenbank Instagram von Fotos überschwemmt werden wird.
Selgascanos Entwurf basiert auf organischen Formen und dem Wunsch, ein wandelbares Erlebnis für alle Sinne zu schaffen. Architektur soll hier durch einfache Mittel wie Konstruktion, Licht, Durchlässigkeit, Schatten, Leichtigkeit Form, Empfindung, Wechsel, Überraschung, Farbe und Material ausgedrückt werden. Die Stimmung ist von Optimismus getragen und die Besucher werden, wie immer, selbst herausfinden, wie sie diese Aufforderung annehmen.

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