Sofakissen für die Autostadt
Kaye Geipel ist mächtig sauer auf Audi
Text: Geipel, Kaye, Berlin
Sofakissen für die Autostadt
Kaye Geipel ist mächtig sauer auf Audi
Text: Geipel, Kaye, Berlin
Ingolstadt strotzt vor Gesundheit. Die Stadt boomt, gestützt von Audi. Sie besitzt einen eindrucksvollen Stadtgrundriss mit wunderbaren Klenze-Bauten. Sie hat eine ehrgeizige Stadtbaudirektorin (Bauwelt 36.14). Und mit dem Gießereigelände steht eine Entwicklungsfläche direkt an der Donau zur Verfügung, wo zwei neue Museen gebaut werden sollen. Dazu gibt es einen klugen Städtebauplan, der dieses Serviertablett mit den Kulturbauten über eine breite Bürgertreppe mit dem Donauufer verbindet. Mit aufs Tablett soll auch ein Hotel mit Kongresszentrum. Letzteres wird vornehmlich von Audi genutzt, der Konzern hat sich die beiden oberen Hoteletagen reservieren lassen. Hotels werden heute von innen entwickelt, hotelfremde Planer haben kaum Chancen. Das muss man wohl hinnehmen. Anders sieht es mit der städtebaulichen Verantwortung aus. Damit das Hotel-Kongress-Ensemble dem Ingolstädter Schloss nebenan standhalten kann, schrieb die Stadt einen Wettbewerb aus, den das Büro Kuehn Malvezzi gewann. Die Architekten schufen eine raffiniert schlichte Fassade mit einprägsam-eleganter Silhouette; eigentlich ganz audiesk. Zu elegant aber für den Autokonzern, der bei dem Projekt offensichtlich einen wichtiges Wort mitzureden hat. Kuehn Malvezzi kamen aufs Abstellgleis. Stattdessen haben die hoteleigenen Planer zum Stift gegriffen und den Komplex in eine abgründig banale Fassade gewickelt (s. letzte Seite).
Man greift sich an den Kopf: Deutschlands progressivster Autobauer brüstet sich international mit einem „Urban Future Award“, unterstützt aber in der eigenen Stadt eine Architektur, die aussieht, als würde einem Audi A6 das Pummel-Heck eines Toyota Prius und die Mansardendachkonstruktion eines Fiat Multipla aufgepappt. Damit nicht genug. Auch städtebaulich wird gepfuscht: Dort, wo die Bürgerterrasse großzügig zur Donau führen sollte, entsteht jetzt eine flätzige Tiefgarage – so breit, dass selbst die größten Karossen ferngesteuert im Garagenloch verschwinden können. Der Ingolstädter Gestaltungsbeirat hat den Hotel-Kongress-Komplex in mehreren Sitzungen kritisiert. Doch bei Audi scheint die Sofakissenarchitektur gesetzt. Längs eines Firmenparkplatzes würde die hochmütige Provinzfassade nicht weiter stören. Doch an der Donau verspielt Ingolstadt seine städtebauliche Zukunft.
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