Városliget von Budapest
Das Stadtwäldchen von Budapest, der Városliget, ist der älteste Stadtpark Europas. Er soll künftig nicht nur weitere Museen aufnehmen (Bauwelt 23.2015), sondern auch allerlei neue Attraktionen für Anwohner und Touristen. Ein Wettbewerb forderte das schier Unmögliche und verärgerte nicht nur die Fachleute
Text: Bunk, Andreas, Hamburg; Terhes, Dénes
Városliget von Budapest
Das Stadtwäldchen von Budapest, der Városliget, ist der älteste Stadtpark Europas. Er soll künftig nicht nur weitere Museen aufnehmen (Bauwelt 23.2015), sondern auch allerlei neue Attraktionen für Anwohner und Touristen. Ein Wettbewerb forderte das schier Unmögliche und verärgerte nicht nur die Fachleute
Text: Bunk, Andreas, Hamburg; Terhes, Dénes
Einer Bürgerinitiative Anfang des 19. Jahrhunderts ist es zu verdanken, dass die damals noch getrennten Städte Buda und Pest den ersten öffentlich Stadtpark erhielten. Im Stadtwäldchen von Budapest – auf Ungarisch Városliget – war ausdrücklich erwünscht, was im übrigen Europa zu dieser Zeit nicht erlaubt war: dass sich „unstandesgemäße Personen“ in Parkanlagen und Gärten „ergingen“ oder gar auf Rasenflächen aufhielten. Fortschrittlich war jedoch nicht nur, dass der Park allen offen stand, sondern auch seine Finanzierung und Gestaltfindung. Spenden aus der Bürgerschaft machten die Anlage möglich, in einem internationalen Freiraumwettbewerb 1817 fand man den Lübecker Gartenarchitekt Christian Heinrich Nebbien (1778–1841), der ein überzeugendes Konzept für die 140 Hektar große Freifläche vorlegte.
Dass die Situation von Anfang des 19. Jahrhunderts heute genau umgekehrt ist, zeigt die Geschichte des Projekts für die Neugestaltung des Városliget. Während in vielen Städten Europas die Bürger bei der Gestaltung öffentlicher Freiräume selbstverständlich mitreden, werden im Falle des Városliget von oben herab Tatsachen geschaffen. Es begann im Jahr 2013, als die ungarische Regierung entschied, die auf dem Burgberg und in der Innenstadt gelegenen Museen in den Városliget zu verlegen, damit auf dem Burgberg mehr Platz für Bauten der Regierung entsteht. Heute hat der Park nach einer wechselvollen Geschichte als Standort für Weltausstellungen, Paraden und Massenereignisse eine Größe von 99 Hektar. Zurzeit befinden sich im Park u.a. die Museen für Bildende Künste und Verkehr, die Kunsthalle, das Széchenyi Bad, die historisierende Burg Vajdahunyad und eine Sporthalle. Die drei neuen Museen bzw. -erweiterungen sollen einschließlich Erschließung bis zu 35 Prozent der verbliebenen Parkfläche in Anspruch nehmen. Ein Vorhaben, über das das International Council on Monuments and Sits (ICOMOS) bisher nicht informiert wurde, obwohl der Burgberg mit beiden Donauufern wie auch das Stadtwäldchen einschließlich Umfeld als Weltkulturerbe geschützt sind. Stattdessen wurde ein Planungsgesetz geschaffen, das die Planungshoheit über den Park von der Stadt Budapest bzw. dem zuständigen Stadtbezirk Zugló direkt auf die ungarische Regierung überträgt.
Zwar waren die Bürger aufgerufen, sich an den Neuplanungen für den Park zu beteiligen, doch scheint die Mahnung vieler, neue Museen zerstörten den Naherholungscharakter des Parks, keinerlei Einfluss auf das Vorgehen der Regierung zu haben. Ein alternatives Standortkonzept für die Museen, das ungarische Planer entwickelt hatten, wurde verworfen. Für die neuen Museen im Park wurden 2014 und 2015 internationale Wettbewerbe entschieden (Bauwelt 23.2015). Sanaa gewann die Nationalgalerie und das Ludwig-Museum, Sou Fujimoto das Haus der Ungarischen Musik und Vallet de Martinis/DIID architectes den ersten Wettbewerb für das Völkerkundemuseum. Das Ergebnis des letzteren wurde jedoch annulliert, im zweiten Anlauf für das Völkerkundemuseum gewann das ungarische Büro Napur Architect.
Das Projekt des Városliget hat ein Investitionsvolumen von ca. 600 Millionen Euro – für Ungarn eine erhebliche Summe. Neben der Neuordnung des Regierungsstandortes auf dem Burgberg gibt es noch ein weiteres Ziel für die Veränderungen im Park: Das Stadtwäldchen soll für Touristen attraktiver werden.
Der kürzlich entschiedene Freiraumwettbewerb für den Park war zwar international offen ausgeschrieben, alle Unterlagen waren jedoch ausschließlich auf Ungarisch verfasst. Die Teilnehmer hatten die Aufgabe, die Wegeverbindungen für die neuen Museen zu gestalten, zudem sollten neue Nutzungen für Familien und Sportmöglichkeiten integriert werden. Hinzu kamen neue Wasserbiotope und Flächen für Sträucher. Nicht zuletzt galt es zu entscheiden, welche historischen Werte des Parks erhalten bleiben sollen und wie mit dem überalterten Gehölzbestand umzugehen ist. Summiert man alle in der Auslobung geforderten Nutzungen, hätte die Fläche des Wettbewerbsgebiets und damit die des Parks eigentlich verdoppelt werden müssen. Angesichts der Widersprüche in der Aufgabenstellung kam es bereits im Vorfeld des Wettbewerbs und während der Bearbeitungsphase zu Kontroversen. Sie führten dazu, dass die Auslobung mitten im Verfahren überarbeitet und der Abgabetermin um zwei Wochen verschoben wurde.
In der veränderten Auslobung hieß es, die Freiraumentwürfe müssten sowohl mit als auch ohne die Museumsneubauten funktionieren. Die meisten Preisträger haben daraufhin verzichtet, die Neubauten mit ihrem Umfeld konkret darzustellen. Garten Studio aus Budapest (1. Preis) haben das Problem der vielen Funktionen gelöst, indem sie von der Eisenbahn genutzte Flächen außerhalb des Wettbewerbsgebiets für intensive Sport- und Bewegungsangebote einbezogen haben. Diese hätten sich, so das Argument, ohnehin schwer mit der historischen Parkanlage vereinbaren lassen. Durchgesetzt haben sich jene Wettbewerbsbeiträge, die sich nicht zu sehr technischen und wirtschaftlichen Zwängen unterworfen haben und langfristige, flexible Perspektiven aufzeigen, unabhängig davon, ob nun tatsächlich alle neuen Museen im Park gebaut werden oder nicht. In diesem Sinne lässt das Ergebnis durchaus hoffen, dass der Park seine Qualitäten als Naherholungsgebiet für die Bewohner der dicht bebauten angrenzenden Quartiere behält.
Zu den Autoren: Andreas Bunk ist freischaffender Landschaftsarchitekt in Hamburg. Gemeinam mit seinem ungarischen Kooperationspartner Korzó Tervezési Stúdió nahm er am Wettbewerb teil. Dénes Terhes ist Mitinhaber des Büros Korzó Tervezési Stúdió. Die Arbeit des Teams erhielt einen Ankauf.
Internationaler Freiraumwettbewerb
1. Preis Garten Studio, Budapest
2. Preis Lépték-Terv, Budapest
ein 3. Preis s73, Budapest
ein 3. Preis Pagony Táj-és Kertépítész Iroda, Budapest
Ankauf St. István Universität, Fakultät für Landschaftsplanung und Städtebau, Lehrstuhl für Gartenkunst und Gartentechnik, Budapest
Ankauf Unitef-83 Zrt-Újirány Tájépítész Kft., Budapest
Ankauf Korzó Tervezési Stúdió Kft., Budapest, mit Panda Pont Kft., Budapest, und Bunk Landschaftsarchitekten, Hamburg
Auslober, Wettbewerbsorganisation
Városliget AG, Budapest
Jury
László Baán, Ministerkommissar, Oberdirektor des Museums für Bildende Künste (Vorsitz); Mihály Mőcsényi, Landschaftscharchitekt; Anikó Andor, Landschaftscharchitektin; György Fekete, Direktor der Ungarischen Akademie für Kunst; Zsolt Füleky, Ministerpräsidentenkanzlei; Edina Massány, Landschaftscharchitektin; Ambrus Pirk, Landschaftsarchitekt; Judit Sándor, Oberbürgermeisterkanzlei Budapest; Anita Szabadics, Landschaftscharchitektin, Nationale Denkmalschutz- und Administrationszentrale
1. Preis Garten Studio, Budapest
2. Preis Lépték-Terv, Budapest
ein 3. Preis s73, Budapest
ein 3. Preis Pagony Táj-és Kertépítész Iroda, Budapest
Ankauf St. István Universität, Fakultät für Landschaftsplanung und Städtebau, Lehrstuhl für Gartenkunst und Gartentechnik, Budapest
Ankauf Unitef-83 Zrt-Újirány Tájépítész Kft., Budapest
Ankauf Korzó Tervezési Stúdió Kft., Budapest, mit Panda Pont Kft., Budapest, und Bunk Landschaftsarchitekten, Hamburg
Auslober, Wettbewerbsorganisation
Városliget AG, Budapest
Jury
László Baán, Ministerkommissar, Oberdirektor des Museums für Bildende Künste (Vorsitz); Mihály Mőcsényi, Landschaftscharchitekt; Anikó Andor, Landschaftscharchitektin; György Fekete, Direktor der Ungarischen Akademie für Kunst; Zsolt Füleky, Ministerpräsidentenkanzlei; Edina Massány, Landschaftscharchitektin; Ambrus Pirk, Landschaftsarchitekt; Judit Sándor, Oberbürgermeisterkanzlei Budapest; Anita Szabadics, Landschaftscharchitektin, Nationale Denkmalschutz- und Administrationszentrale
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