Bauwelt

Arnaboldi

Text: Drewes, Frank F., Herzebrock-Clarholz

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Arnaboldi

Text: Drewes, Frank F., Herzebrock-Clarholz

Seit Jahren hält sich die Schweiz als architektonische Supermacht und produziert, zuverlässig wie ein Uhrwerk gleicher Provenienz, regelmäßig Bauten, die weltweit Aufsehen erregen. Abgesehen von den exaltierteren Entwürfen aus dem Hause H&deM steht die Schweizer Architektur im Zeichen von Solidität, Präzision, Dauerhaftigkeit und Zeitlosigkeit. Neben den vielen Regionaltendenzen ist die Tessiner Schule in den letzten Jahren etwas ins Abseits der Aufmerksamkeit geraten, denn Mitte der 80er Jahre hat sich der Fokus in den Norden der Alpen verlagert. Dennoch wird z.B. Botta weiterhin weltweit mit Großprojekten beauftragt, und die von ihm gegründete Architekturakademie in Mendrisio genießt noch immer einen hervorragenden Ruf.
Die erste Monografie über den Tessiner Architekten Michele Arnaboldi belegt nun aber eindrücklich, dass auch im Tessin die Zeit nicht mit und seit Botta stehen geblieben ist. Arnaboldi steht in der Tradition von Corbusier, Galfetti, Vacchini und ins­besondere von Snozzi, dessen Mitarbeiter und Assistent er war. Nach dem Studium an  der ETH war Arna­bo­l­di dort noch drei Jahre als Assistent von Dolf Schnebli tätig, bevor er sich 1985 in Locarno mit eigenem Büro niederließ. Die nun vorliegende Monografie umfasst die gesamten 25 Jahre, in denen 169 Projekte bearbeitet wurden. Das komplette Werkverzeichnis listet alle 169 Planungen, angefangen beim kleinen Anbau über nicht realisierte Entwürfe bis zu größeren gebauten Projekten. Der Schwerpunkt liegt aber im gehobenen Einfamilienhausbau.
Den Einstieg in diese Monografie bilden 48 Seiten mit Farbfotos in seitenfüllendem Seidenmattglanz. Purer könnte der Auftakt nicht sein: Konsequent wechseln ganzseitige mit doppelseitigen Fotos ohne Text und Seitenzahl – nur eine kleine Nummer verweist auf das Werkverzeichnis. Selbst das Impressum steht erst auf Seite 4, die eigentlich schon Seite 52 ist, aber die Fotostrecke bleibt ungezählt. Nach diesem fulminanten Einstieg folgen nur noch Schwarz­weiß-Fotos in kleineren Formaten, und auch die Papierqualität wechselt von Seidenmattglanz auf festem Papier zu stumpfmattem seidigen Papier. Unter dem komplett mattweißen Schutzumschlag, mit nur einem grauen Arnaboldi als Aufdruck, verbirgt sich ein komplett schwarzer Leineneinband mit demselben grauen Arnaboldi-Aufdruck. Diese subtilen Nuancen des Buchdesigns sind das perfekte Pendant zu der unaufgeregten Architektursprache Arnaboldis. Die fast ausnahmslos in Sichtbeton ausgeführten Gebäude stehen formal gleichermaßen inder Tessiner Tradition wie in der Gegenwart, die ne-ben allen Zeitströmungen immer Raum für Zeitlo-sigkeit bereithält.
Auf die Einführung von Mario Botta und einen Text von Werner Oechslin, der das Werk Arnaboldis im architekturgeschichtlichen Kontext der ETH und der Tessiner Schule verankert, folgt ein Interview und ein biographisches Essay. Das Werkverzeichnis, sowie die Mitarbeiterliste und eine Bibliographie beenden den paginierten Mittelteil. Den Abschluss bildet, nun auf schwererem stumpfmattem Tonpapier, ein Auszug von 35 Projekten, die ausführlicher mit knappem Text und Planmaterial dokumentiert werden. Aber auch hier zeigt sich wieder die Schweizer Präzision in durchgängig glasklarem Layout.
Diese Monografie ist keine Ramschtischware und auch keine pure Projektakkumulation zu Werbezwecken, sondern eine Kostbarkeit, die man sich erarbeiten muss. Denn dank der ungewöhnlichen Aufteilung des Inhaltes ist ein komplexes Erfassen durch schnelles Durchblättern unmöglich. Die Auseinandersetzung mit der Architektur ist im Buchdesign verankert und allemal lohnenswert.
Fakten
Autor / Herausgeber Michele Arnaboldi und Jannuzzi Smith
Verlag Birkhäuser Verlag, Basel 2010
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aus Bauwelt 20.2010

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