Bauwelt

Euro-Islam | Die neuen Moscheen im Westen

Text: Vöckler, Kai, Berlin

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Euro-Islam | Die neuen Moscheen im Westen

Text: Vöckler, Kai, Berlin

Spätestens seit dem Streit um den Neubau der Moschee in Köln-Ehrenfeld (Heft 32.07) – im Ergebnis eines Architekturwettbewerbs, der bewusst die Öffentlichkeit suchte – ist das Thema Neubau von Moscheen zum gesellschaftlichen Thema geworden. Umso wichtiger ist die kürzlich veröffentlichte Schrift des Kunsthistorikers Christian Welzbacher zur „Euro-Islam-Architektur“ zu bewerten, die für ein Ende der Aufregung plädiert und sich aus der architektonischen Perspektive dem Thema nähert. Allerdings ist sich Welzbacher bewusst, dass diese symbolisch hochaufge ladene Architektur immer auch politisch ist und für Architekten eine besondere Herausforderung darstellt.
Der Autor macht unmissverständlich klar, dass der Neubau einer Moschee ein doppelter Akt des Bekenntnisses der Eingewanderten (und ihrer hier geborenen und aufgewachsenen Nachkommen) ist: Es ist nicht nur das Bekenntnis zur eigenen Religion, sondern auch zu dem Land, in dem man lebt und seine Religion ausüben möchte. Welzbacher führt uns in die Besonderheiten der Moschee ein, die ein Versammlungsraum und kein „Gotteshaus“ ist, mit allen damit verknüpften faszinierenden Raumgestaltungen, die sich stark von christlichen oder jüdischen Sakralbauten unterscheiden. Wichtig ist der Hinweis darauf, dass es keine verbindliche Typologie für Moscheen gibt: Ein kurzer Ausflug in die Historie zeigt, dass eine Moschee im Jemen anders aussieht als ein solcher Bau in Indien, und sich dieser wiederum von jenem in Bosnien unterscheidet. Der Islam hat bei seiner Verbreitung in der Welt spezifische regionale Ausprägungen in der Moscheenarchitektur entwickelt. Zwar kann der Autor in seinem „Statement“, so der Titel der Schriftenreihe, nicht die Geschichte der Moscheenarchitektur auf­arbeiten und muss sich aufeinzelne Beispiele in seiner klar strukturierten und sehr gut lesbaren Argumentation beschränken; doch er weckt aber die Neugier des Lesers.
Warum aber hat sich dann das so eingängige Bild von Kuppel und Minarett als verbindliche Typologie durchgesetzt? Seit dem ersten Bau einer Moschee im westlichen Europa durch Sir William Chambers in Kew Garden 1761 – es handelte sich um eine die Parkanlage schmückende, exotisierende Architektur – wurde diese Typologie von den nichtmuslimischen Architekten in Europa immer wieder gerne aufgegriffen. Mit der zunehmenden Media­lisierung von Architektur stehen Kuppelbau und Minarett dann als gebautes Bild für den Islam schlecht­hin, eine Symbolik, die durchaus gesucht wird. ExtremstesBeispiel ist der geplante Neubau der postmodernen Essalam (Al-Maktoum) Moschee in Rotterdam, entworfen von den holländischen (nichtmuslimi-schen) Architekten Molenaar und van Winden. Zahlreiche historische Vorbilder wurden überblendet  um ein entsprechendes ahistorisches Bild einer Moschee mit Kuppel und Minarett zu schaffen. Dagegen setzen junge muslimische Architekten eine andere Sprache, und Welzbacher zeigt eine Reihe vonbemerkenswerten Beispielen, wie eine für Europa  typische Moscheenarchitektur aussehen könnte.
Nicht alle Fragen kann und will der Autor beantworten, schon gar nicht die Frage nach der Position des Architekten in der Frage, auf welche Weise muslimische Mitbürger mit religiösen Bauwerken in der europäischen Stadt präsent sind. Das Buch gibteinen wichtigen Anstoß, sich eingehender mit dieser Bauaufgabe zu befassen.
Fakten
Autor / Herausgeber Christian Welzenbacher
Verlag Sun Verlag Amsterdam
Zum Verlag
aus Bauwelt 15.2010

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