Bauwelt

Auf gerader Linie

Städtebau und Architektur in Meran 1860-1960

Text: De Giorgi, Luca, Bozen

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Auf gerader Linie. Städtebau und Architektur in Meran 1860-1960
Abb.: Edition Raetia, Bozen 2017

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Auf gerader Linie. Städtebau und Architektur in Meran 1860-1960

Abb.: Edition Raetia, Bozen 2017


Auf gerader Linie

Städtebau und Architektur in Meran 1860-1960

Text: De Giorgi, Luca, Bozen

Mildes Klima, Thermalwasser und südlän­disches Flair – seit 150 Jahren investiert die südtiroler Kurstadt Meran in den Tourismus. Die beiden einheimischen Architekten Walter Gadner und Mag­dalene Schmidt haben die städtebaulichen Aspekte dieses Fokus un­ter die Lupe genommen. Vor Kurzem erschien beim Raetia Verlag „Auf Gerader Linie, Städtebau und Architektur in Meran, 1860–1960“, das Resultat ihrer minuziösen Recherche.
Die eigentliche Geburtsstunde des Kurorts geht auf das Jahr 1836 zurück, als der Stadt­physikus Dr. Josef Waibl über die klimatischen Vor­züge Merans publizierte. Zusammen mit dem Anschluss an die Eisenbahn hatte dies zur Folge, dass die ehemalige Hauptstadt des Lan­-des Tirol aus ihrem 500 Jahre langen Dornröschenschlaf erwachte. Schon nach wenigen Jahrzehn­-ten strömten Kurgäste aus ganz Europa nach Meran. Um die Jahrhundertwende bestand sogar eine direkte Zugverbindung nach St. Petersburg. Der Aufschwung erlaubte es der Stadtverwaltung, sich das ehrgeizige Ziel zu setzten, aus Meran eine Welt-Kurstadt zu machen. Dazu konnte unter anderem Theodor Fischer, Vorstand des Münchner Stadterweiterungsbüros und Anhänger von Camillo Sitte, für Meran gewonnen werden. 1881 entstand der erste Stadterweiterungsplan, dem bald weitere folgten. In den darauffolgenden 50 Jahren wuchs Meran zu einer noblen Kurstadt heran. Noch heute ist die Innenstadt um den historischen Stadtkern maßgeblich von den Bauten des Historismus geprägt. Die Stadtverwaltung orientierte sich an Wien und München. Besonders die Architektur der Hotels und Villen sind auf die zahlreichen Besuche des österreichischen Kaiserhauses und dessen Gefolge zurückzuführen. Mit dem Ersten Weltkrieg endete das goldene Zeitalter des Kur-Tourismus.
In der Zwischenkriegszeit, dem faschistischen„Ventennio“, fand dann die Moderne Einzug in Meran. Im Zuge der Italienisierung wurde südlich der Stadt der Industriestandort Sinich gegründet. Dort baute man das modern-expressionis­tische Fabrikgebäude des Stickstoffwerks Montecatini und die dazugehörigen Arbeitersiedlungen. In den Nachkriegsjahren war der Tourismus in Meran stark zurückgegangen, doch nachdem dieneuen italienischen Obrigkeiten das Potenzial der Stadt erkannt hatten, wurde wieder in diesenSektor investiert. Den faschistischen Idealen entsprechend, wurden vor allem neue Sportstätten gebaut.
Die Nachkriegsjahre von 1945 bis 1960 waren geprägt von fehlender Stadtplanung, was monotone Wohnblöcke und gesichtslose Quartiere zur Folge hatte. Ohne einheitliches Konzept konnte die schwache Stadtverwaltung sich nicht gegen die kommerziellen Interessen durchsetzen. Kul­turelle Werte wurden wirtschaftlichen Bestrebungen untergeordnet. Touristisch hatte die Stadt anfänglich mit ihrem Ruf als Lazarettstadt zu kämpfen und den Bestrebungen der Landesregierung, hauptsächlich den ruralen „tirolerisch-urigen“ Tourismus zu fördern. Schlussendlich führte der Ehrgeiz der Meraner Hoteliers zu neu­en Investitionen in die touristische Infrastruktur.
Das Buch führt durch die architektonische Geschichte der Stadt und ist gemäß der südtiroler political correctness in deutsch und italienisch verfasst. Kurzporträts der wichtigsten Architekten und typologische Exkurse ergänzen den Haupttext. Durch ein intensives Studium der Dokumente haben die Autoren erstmals eine umfassende städtebauliche Analyse der Entwicklung Merans im Zeitraum von 1860 bis 1960 geschaffen. Ihr Hauptziel ist es, Meraner Bürgern und Interessierten einen Schlüssel zum städtebaulichen Verständnis der Stadt zu geben. Doch auch Lokalpolitiker können davon profitieren, indem sie den künstlerischen Wert von Gebäudenund Ensembles erkennen und somit vor den Forderungen von Handel und Wirtschaft besser schützen können. Leider endet das letzte Kapi­tel mit den 60er Jahren. Seither ist der Tourismus enorm angestiegen und hat zu Großprojekten wie der neuen Therme von Matteo Thun geführt. Doch wie wird sich das Stadtbild in Zukunft gestalten? Dieser Band ist der ideale Einstieg, um diese Frage zu erörtern und etwas mehr über das sich andauernd wandelnde Gesicht der Besucherstadt Meran zu erfahren.
Fakten
Autor / Herausgeber Von Walter Gadner und Magdalena Schmidt Von Walter Gadner und Magdalene Schmidt
Verlag Edition Raetia, Bozen Edition Raetia, Bozen 2017
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aus Bauwelt 1.2018
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