Pragmatische Visionäre
Ziviler Pragmatismus
Text: Hoffmann, Heike
Pragmatische Visionäre
Ziviler Pragmatismus
Text: Hoffmann, Heike
Prächtige Bände mit schönen Abbildungen und magerem Text sind nicht selten. Kluge Texte lesen wir hingegen zumeist in dicht gesetzten, bildlosen Büchern. „Städtebau für Mussolini“ tanzt aus der Reihe. Der schwere Band vereint einen informativen wie wissenschaftlich anspruchsvollen, langen Text mit einer üppigen Ausstattung an Fotos und Plänen sowie einer verlegerischen Sorgfalt, wie sie in dieser Weise nur ganz selten zusammen vorkommen.
Vor dem Hintergrund des gesellschaftspolitischen Diskurses um Möglichkeiten von sozialstaatlicher Regulierung im Zusammenhang mit der Rolle des Marktes wird der „Joker“ Zivilgesellschaft immer dann gezogen, wenn es darum geht, „kostengünstige Lösungen für gesellschaftliche Probleme“ zu finden. Dabei lasse die „Unschärfe“ des Begriffs Raum für Interpretationen, so die Autorin Barbara Schönig. Ein Mythos baue sich auf, was die Zivilgesellschaft zu leisten vermag. Aus diesem Anlass fragt sie nach Qualitäten, die damit in Zusammenhang gebracht werden und zeigt Möglichkeiten und Grenzen zivilgesellschaftlich getragener stadtregionaler Planung an Beispielen in den USA auf.
Zu diesem Zweck betrachtet sie drei für die Stadt- und Regionalentwicklung bedeutende Felder. Erstens wird der Begriff Zivilgesellschaft analysiert, um ihn im Politikfeld der Stadt- und Regionalentwicklung fruchtbar zu machen (im Gegensatz zu einem weit verbreiteten normativen Verständnis von Zivilgesellschaft). Dadurch wird das ambivalente Zusammenspiel zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren und dem Staat deutlich. Die Kenntnis von zivilgesellschaftlichen Handlungslogiken stellt einen weiteren Schwerpunkt dar und wird am Beispiel einer Nonprofit-Organisation in den USA erläutert. Zweitens entfaltet die Autorin einen planungshistorischen Abriss der räumlichen und stadtregionalen Entwicklung in den USA seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der Zeit der rasanten Urbanisierung des Landes. Dabei werden drei sich überlappende Phasen deutlich, die jeweils ihre eigene „dominante städtische Form“ und „ihre eigenen Leitbilder regionalplanerischer Politik“ hervorbrachten. Somit kann die Autorin, drittens, Entstehungsmechanismen der großen stadtregionalen Leitbilder regionalism, metropolitanism und metropolitan regionalism und deren Wandel aufzeigen. Sie macht deutlich, welche räumliche Wirkung diese Leitbilder haben können und dass sie vor allem durch die Gestaltungskraft zivilgesellschaftlicher Organisationen im Zusammenspiel mit Staat und Markt geprägt sind.
Das Buch gibt einen Einblick in die Arbeitsweise der großen Nonprofit-Organisation Regional Plan Association – RPA. Seit ihrer Gründung vor knapp achtzig Jahren strebt sie u.a. mit Regionalplänen an, „stadtregionale räumliche Entwicklung zu reformieren“. Die Lektüre regt zu einer Reflexion darüber an, welchen Beitrag hiesige zivilgesellschaftliche Akteure zur Stadt- und Regionalentwicklung leisten könnten.
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