This is a Mustard Factory
Flanders Architectural Review No. 13
Text: Landes, Josepha, Berlin
This is a Mustard Factory
Flanders Architectural Review No. 13
Text: Landes, Josepha, Berlin
Komplementär zu Magrittes „Ceci n’est pas“ verkündet die dreizehnte Ausgabe der Flandrischen Architektur-Rückschau „Flanders Architecture Review“, was ist: Es ist eine Senffabrik. Im Gegensatz zum Bild der Pfeife nämlich ist das 2017 von Dhooge & Meganck in Oudenaarde, auf halbem Weg zwischen flandrischem Ghent und französischem Lille gelegen, entworfene Gebäude tatsächlich, als was es bezeichnet wird. Der Clou ist hier verkehrt: Es sieht eben nicht danach aus. Wie unter Zuhilfenahme eines klassischen Architekturlehrbuchs entwickelt, steht der Profanbau in der städtischen Peripherie (Bauwelt 7.2018). Aus der Wertschätzung, mit der das Gebäude entwickelt wurde, entwickeln die Herausgeber des Jahrbuchs, das Flandrische Architekturinstitut, die These: Die belgischen Architekten besinnen sich auf die Grundlage ihrer Profession, mit jedem Eingriff eine Verbesserung der vorgefundenen Situation zu erzielen. Und zwar umfänglich, unbeachtet des Umfangs des jeweiligen Projekts. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, ist es diese Denkweise eben bei weitem nicht mehr, wie etwa Van Belle & Medina im Begleittext zu ihrem Projekt, einer Serie von Infrastrukturmaßnahmen unter dem Titel „Traction substations Brabo 2“, klarstellen. Ihre hellen Ziegelbauten nehmen ähnlich absolute Formen und Kubaturen auf wie das Œuvre „Senffabrik“ ihrer Kollegen und behausen in gleicher Weise Alltäglichkeiten, ohne, dass die Architekten dazu Abstriche machten.
Die in der Flanders Architectural Review N° 13 versammelten Bauten vermitteln das Bild einer jungen Architekturszene, deren Mitglieder das Wesentliche im Blick behalten, bei dem, was sie tun, keine Kompromisse eingehen – von Grund auf qualitätsbewusst und stilvoll arbeiten. Auch die Machart des Bandes spricht davon. Wenngleich der Vergleich, ob des glanzlosen Auftritts, zu hinken scheint: Über den knapp 300 Seiten scheint ein Hauch von Chanel zu liegen – sie strotzen vor zeitloser Eleganz und subtilem Anspruch. Die Basis des Katalogs bildet eine klare Einteilung der Inhalte in zwei gleichberechtigte Teile: Projektvorstellungen, umfänglich dokumentiert durch Beschreibungen aus Feder der Verfasser, Plangrafik und Fotografien, anschließend ein, das hintere Drittel des Buches ausmachender, Essayteil, in dem Autoren, darunter der Architekturwissenschaftler Christoph Grafe und die Direktorin des herausgebenden Flandrischen Architekturinstituts Sofie De Caigny, die Gebäude aus dem ersten Teil einordnen. Als Herznote der N° 13 teilen sich die Machart als Publikation, die sie als eine Chimäre zwischen Buch und Magazin auftreten lässt, die Qualität der Abbildungen, ihr Informationsgehalt, sowie der Rhythmus, in dem Text auf Bild folgt, und die papierene Materialität: Back to the roots of an architect’s business! Doch erst der Kopf macht ein Parfum. Und auch den bedient die Ausgabe. Die vorgestellten Werke sind durchdacht, ohne dabei Schwere anzuhäufen. Vielmehr wirkt es, als sei das Gegenteil der Fall: Durch Denken Ballast abwerfen ist, wofür die Flandrische Architektur sich derzeit ins Zeug legt.
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