Bauwelt

Zone imaginaire

Zwischennutzung in Industriearealen

Text: Klauser, Wilhelm, Berlin

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Zone imaginaire

Zwischennutzung in Industriearealen

Text: Klauser, Wilhelm, Berlin

In der vorliegenden Publikation geht es um Zwischennutzung, um eine Form geduldeter Aneignung nicht verwendeter Räume durch ... ja, durch wen?
Zone imaginaire: Der Name ist einem Essay des kanadischen Architekten Luc Lévesque entlehnt, der mit „espaces de l’imaginaire“ – Orte der Visionen –  versucht hat, Stadtbrachen in ein neues, positiv gewendetes Bild zu rücken. Im Zentrum seiner Überlegungen steht dabei eine „docking“-Hypothese, die Idee also, dass dort besser angeschlossen werden kann, wo schon etwas vorhanden ist.
In der vorliegenden Publikation geht es, banal übersetzt, allerdings um Zwischennutzung, um eine Form geduldeter Aneignung nicht verwendeter Räume durch ... ja, durch wen? Öffentlichkeit? Einzelpersonen? GbR? Künstler? Kreative? Grenzgänger? Unternehmensgründer? Stadt? Investoren? Sozialämter? Wer instrumentalisiert hier eigentlich wen?
Sieben Industriebrachen in der Schweiz werden analysiert: 4 x Zürich, 2 x Winterthur und 1 x Aarau. Die Flächen werden benannt, beschrieben, vage kartographiert und relativ zufällig nebeneinander gestellt. Die Sichtweise der Kommunen liefern kurze Interviews, die Sichtweise der Zwischennutzer liefern kurze Interviews, und die Sichtweise der Eigentümer liefern kurze Interviews. Es gibt einige Tabellen, und dann gibt es ein paar Syntheseversuche. Oberflächlich gegengelesen und in einem schlechten Layout verpackt, mündet die Untersuchung, die unter Federführung des Instituts für Raumentwicklung an der Hochschule Rapperswill entstanden ist, in einem Werkzeugkasten, der das durchaus honorige Ziel hat, den Kommunen und Investoren den Umgang mit dem Thema zu erleichtern.
Aber die ganze Sache scheitert an der erstaun­lichen Naivität der Herangehensweise. Kommunen und Investoren wissen sehr genau, was sie tun. Zwischennutzung ist mittlerweile Fakt. Relativ neu ist, dass dem Thema eine gewisse Renditefähigkeit zugeschrieben wird: Verhindern von Verfall und das Warmhalten der Standorte für zukünftige Verwendung, das ist das eine. Reduzierung von Planungskosten durch Verzicht auf Planungsleistung, das wäre eine andere Sichtweise. Gegen beide Ansätze ist nichts einzuwenden, und es finden sich bestimmt entsprechende rechtliche Lösungen für den Übergang.
Es ist eine Verhandlungsfrage. Es ist aber auch die Frage, wo es hingehen soll? Warum und zu welchem Zweck soll jener Werkzeugkasten überhaupt eingesetzt werden? In welchem Bezug stehen die Areale überhaupt zur Stadt? Welche Rolle übernimmt der Übergang?
Zwischennutzung hat aber immer noch eine andere Facette. Es gibt da einen Nebel, in dem die Vorstellungen von Kleinstunternehmen, Lokalöko­nomie, Creative Class, Sozialentrepreneur und Urbanität ohne klare Begriffsbestimmung nebeneinander stehen. Mal ist das eine möglich, mal das andere wahrscheinlich: Was nun genau soll die Zwischennutzung in dieser Debatte? Hier muss das Forschungsprojekt klare Ansagen machen und die Begriffe bestimmen – und davor drückt man sich. Eine Zählung der Telefonanschlüsse in Industriebrachen ist nicht aussagekräftig.
Fakten
Autor / Herausgeber Marc Angst
Verlag vdf, Hochschule Zürich, 2010
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aus Bauwelt 45.2010
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