Bauwelt

Zwischen Wunden lecken und Optimismus verbreiten

Cannes lud zur 21. MIPIM

Text: Brensing, Christian, Berlin

Zwischen Wunden lecken und Optimismus verbreiten

Cannes lud zur 21. MIPIM

Text: Brensing, Christian, Berlin

Angesichts zögerlicher Anzeichen eines wirtschaftlichen Aufschwungs in Europa durfte man noch mehr als sonst gespannt sein, wie viele und welche Aussteller und Besucher vom 16. bis 19. März auf die MIPIM in Cannes, die größte jährliche Immobilienmesse für Gewerbebauten, kommen würden. Nach dem dramatischen Einbruch im Vorjahr stabilisierte sich die Teilnehmerzahl bei 18.000 Besuchern und2300 Ausstellern. Das verdankte sich allerdings nicht zuletzt einem Kunstgriff der Veranstalter: Sie hat-ten die MIPIM mit der MIPIM Horizons, einer Messe für besonders prosperierende Regionen, zusammengelegt. So oder so, die Stimmung an der Cote d’Azur war verhalten optimistisch, man konsolidierte das Geschäft auf niedrigem Niveau.

Deutschland – Hort der Stabilität

Verglichen mit anderen europäischen Wirtschaftsregionen ist Deutschland von den negativen Auswir­kun­gen der Immobilienblase relativ verschont geblieben. Mehr als 600 deutsche Städte und Unter­neh­men waren auf der Messe präsent. Berlin hatte einen der größten Stände, wo die Standorte Adlers­hof, Tempelhofer Feld, der neue Flughafen BBI, aber auch Einzelimmobilien wie das Bikini-Haus in der City West vermarktet wurden. Betrachtet man andere Stand­orte für Immobilienanlagen und ihre nach wie vor pompösen Darbietungen – etwa die Krasnodar-Region um Sotchi, wo die kommenden Olympischen Winterspiele stattfinden werden, oder die von Daniel Libes­kind in Südkorea für die Yongsan Development Co. dahingezauberte Vision eines „Dream Hub“ –, wirken die Optionen in Deutschland beinahe schon einen Tick zu gewöhnlich. Aber Deutschland gilt international als Hort der Kontinuität und Stabilität. Darüber hinaus gehen deutsche Immobilienfonds längst wieder auf große Einkaufstour, zum Beispiel in London.
Andere Länder und Regionen waren in diesem Jahr gar nicht mehr vertreten: Madrid hatte sein Zelt an London abgegeben, auch die Niederlande glänzten durch komplette Abwesenheit, ebenso Irland, der Mittlere Osten mit Dubai und so manche osteuro­päische Stadt. Der so entstandene Flickenteppich von Investitionsstandorten bildet ein Kunstwerk ganz besonderer Art, zeigt er doch en detail, wie und wo die Investitionsströme verlaufen – und mit welchen baulichen Konsequenzen. Polen, der einzige EU-Staat, der 2009 ein Wirtschaftswachstum verzeichnen konnte, war „Ehrenland“ der diesjährigen MIPIM und entsprechend auffällig präsent.
In den Gesprächen an den Ständen wurden im­mer mehr konkrete Zahlen zu den Horrorgeschichten der jüngsten Vergangenheit gehandelt: Die HSHNord­bank verlor allein mit der sogenannten „Omega“- Transaktion 270 Millionen Euro; der Immobilienentwickler Orco Germany vernichtete durch Abschrei- bun­gen Werte von insgesamt 108 Millionen Euro; die finanziellen Verluste durch die diversen Flops von Morgan Stanley hingegen sind bis heute nicht abschließend zu bilanzieren.

Besser nach Fernost?

Erfreulich wie immer für die Messestimmung: die Verleihung der MIPIM Awards, die wie in den Jahren zuvor für deutsche Projekte erfolgreich verlief. Das Kameha Grand Bonn Hotel (Architekt: Karl-HeinzSchommer) erhielt den Preis in der Kategorie Hotel  & Tourismus, der Marco Polo Tower in Hamburg von Behnisch Architekten in der Kategorie Wohnungsbau. In Anbetracht des ganzen Ausmaßes der Immobilienmisere stellen diese Auszeichnungen allerdings bestenfalls Trostpflästerchen für die gepeinigte Seele der Investoren dar. Der große Aufschwung wird noch eine Weile auf sich warten lassen – und ob er in Europa überhaupt noch einmal richtig einsetzen wird, ist fraglich. Die MIPIM setzte jedenfalls Zeichen
und bewarb unverhohlen ihr asiatisches Pendant, die MIPIM Asia, die im November stattfindet, mit den Worten: „A giant awakes!“

0 Kommentare


loading
x
loading

8.2025

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.