Bauwelt

Ungebaut

100 Architekturvisionen für Berlin im Café Moskau

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Ungebaut

100 Architekturvisionen für Berlin im Café Moskau

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Berlin war und ist eine Stadt im Wandel. Sie hat die Avantgarde der internationalen Architekten im 20. Jahrhundert inspiriert wie keine andere Metropole. Viele gesellschaftliche Umbrüche, die späte Eingemeindung der Vorstädte 1920, die großen Zerstörungen im und nach dem Zweiten Weltkrieg und der Fall der Mauer schufen immer wieder Freiräume für kühne Entwürfe. Mies van der Rohes Glashochhausprojekt für die Friedrichstraße (1921) und Ludwig Hilberseimers Vorschlag für eine aus riesigen, völ­lig identischen Hochhausscheiben bestehende City-Bebauung am Gendarmenmarkt (1928) sind – ungeachtet ihrer nicht erfolgten Realisierung – wichtige Bestandteile der Berliner Baugeschichte; sie nahmen spätere städtebauliche Entwicklungen oder konstruktive Möglichkeiten der Moderne vorweg.
Zusammen mit Entwürfen von Le Corbusier, Hans Poelzig, Egon Eiermann, Peter & Alison Smithson, Rem Koolhaas, Daniel Libeskind u.a sind sie in einer insgesamt 100 Projekte umfassenden Ausstellung im Café Moskau zu sehen. Die Architekturvisionenreichen dabei von Albert Speers gigantomanischen Planungen für die NS-Reichshauptstadt „Germania“ (1941) bis zu Lebbeus Woods subversivem „Berlin Underground“ (1988), einer riesigen unterirdischen Struktur, die ausgehend von zwei U-Bahn-Tunneln Ost- und West-Berlin verbinden und einen geheimen Kulturaustausch ermöglichen sollte.
Eigentlich ist das Café Moskau dafür der ide­ale Ausstellungsort: Bereits von außen, beim Blick durch die seitlichen Schaufensterscheiben, kann man viele der Projekte betrachten und gleichzeitig mit der realisierten sozialistischen Vorzeigearchitektur der Karl-Marx-Allee vergleichen; die im Planungsstadium „hängengebliebenen“ Entwürfe werden in ei-ner Art Werkstatt-Atmosphäre mit angepinnten Plänen und zusätzlichen Projekt-Info-Ordnern auf Eiermann-Tischen präsentiert; im Untergeschoss sind Video-Interviews mit 29 der beteiligten Architekten zu se­hen. Trotzdem hätte man sich für die überaus spannenden Arbeiten einen opulenteren Rahmen gewünscht, mit größeren (Original-)Zeichnungen und Erläuterungsschildchen, die den Besuchern das ständige Hin- und Herblättern in den Ordnern erspart hät­ten. Allen, die Schwierigkeiten haben, die Entwürfe im Stadtraum zu verorten, sei der umfangreiche Kata­log empfohlen.

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