Andreas Fuchs zur Zukunft der Forschung
Andreas Fuchs erforscht Material- und Fertigungsstrategien für komplexe Geometrien und Hüllkonstruktionen in der Architektur.
Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin
Andreas Fuchs zur Zukunft der Forschung
Andreas Fuchs erforscht Material- und Fertigungsstrategien für komplexe Geometrien und Hüllkonstruktionen in der Architektur.
Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin
Forschen hat in meinem Verständnis grundsätzlich etwas mit Neugierde zu tun. Wenn ich die vergangenen zehn Jahre reflektiere kann ich im FAT LAB zwei übergeordnete Themen feststellen. Zum einen beschäftigen wir uns intensiv mit dem sich verändernden Planungsprozess und zum anderen mit dem Potential neuer Materialien bzw. Materialkombinationen und deren Verarbeitung. Genau diese Fragestellungen lassen sich meines Erachtens oftmals nur unbefriedigend in Bauaufgaben bearbeiten. Im Falle eines Realisierungsprojektes sind die Determinanten aus dem Projekt und dem damit verbundenen Genehmigungsprozess oftmals zu mächtig. Die „Erfindung“ des Stahlbetons durch Joseph Monier in der Mitte des 19. Jahrhundert ist ein gutes Beispiel für eine sich anbahnende Innovation. Seine Suche nach einem leistungsfähigen Material für große Pflanzkästen - Monier entstammte einer Gärtnerfamilie - resultiert in der Kombination der bekannten Werkstoffe Beton und Stahl und deren sich unterstützenden Eigenschaften. Seine Erfindung beeinflusste im Zeitalter der Industrialisierung zuerst eine Vielzahl von Ingenieurbauwerken, wie Brücken und Wassertürme, die mit dem neuen Werkstoff und in der Konstruktionslogik des Skelettbaus nun mit erheblich weniger Materialaufwand realisiert werden konnten. Diese Entwicklung beeinflusste mit Beginn der Moderne die Architektur. Wir alle kennen die Zeichnung von Le Corbusier für das programmatische „Domino“ Haus. Der Einfluss des Stahlbetons auf die Architektur ist bis heute elementar. Daher arbeiten wir sehr gerne an ergebnisoffenen Fragestellungen und nutzen Prototypen jeglichen Maßstabes und funktionsfähige Demonstratoren um weitere Erkenntnisse für zusätzliche Innovationen zu gewinnen.
Selbstverständlich sind die beteiligten Firmen und weiteres Wissen ein wesentlicher Innovationsfaktor. Gemeinsam mit den Firmen nähern wir uns, mit umfassenden Recherchen und Analysen, einer Fragestellung an und erarbeiten deren Innovationsgehalt. Oftmals wird bereits in diesem Stadium weiteres Fachwissen notwendig. Wir lieben das Arbeiten in interdisziplinären Teams und sehen hier oftmals einen deutlichen Unterschied zu der Arbeit im Architekturbüro oder auch an Architekturfakultäten der Hochschulen. Interdisziplinäre Prozesse werden aus meiner Sicht viel zu wenig gefördert oder auch eingefordert. Der architektonische Entwurf als künstlerischer Prozess sollte immer die notwendige Struktur und Materialität reflektieren. Hierfür ist ein möglichst breites Wissen hilfreich, welches im Falle eines interdisziplinären Teams entsteht. Dabei übernehmen wir die Rolle des initiativen Moderators und konnten so schon erfolgreich mit international agierenden Firmen aus unterschiedlichsten Fachdisziplinen zusammenarbeiten.
Hier möchte ich zuerst klären, was ein reales Projekt ist. In zahlreichen Diskussionsrunden und Workshops wurde ich darauf angesprochen, dass erst das realisierte „Haus“ in der Architektur als Projekt zählt. Aus meiner Sicht ist dies ein sehr einengendes Verständnis von Architektur und Design. Für mich und unsere Arbeit im FAT LAB ist auch ein Prototyp oder ein innovatives Bauteil ein reales Projekt. Selbstverständlich hat es einen großen Reiz, wenn unsere Gedanken und Erkenntnisse aus einer Forschungsstudie die visuelle und modellhafte Darstellung verlassen und in reellen Materialien umgesetzt werden. Den dabei erfahren wir ganz direkt was es heißt Prototypen in einer Industriekultur herzustellen, die Ihre Produktion auf Serienfertigung ausgerichtet hat, mit dem Ziel hohe Stückzahlen mit ebensolchen Wiederholungsraten umzusetzen.
Ich bin überzeugt davon, dass generative Architekturentwürfe, die im kreativen Prozess bereits Material- und Fertigungsinformationen berücksichtigen, aktuell eine Minderheit darstellen. Vielmehr stehen die ausführenden Firmen vor der Herausforderung anspruchsvolle, aber nahezu materialneutrale Entwürfe aus analogen 2D Informationen mit ihrem hochtechnisierten und artifiziellen Maschinenpark zu realisieren. Hier sehen wir großen Handlungsbedarf bei allen Beteiligten und nicht ohne Grund beginnt die Industrie bereits „intelligente Objekte“ für die Planung mit materialspezifischen Werten zur Verfügung zu stellen. Entscheidend wird dabei die „Offenheit“ der Objekte gegenüber den kreativen Prozessen sein um eine „Maßreglung“ des überaus wichtigen und entscheidenden Entwurfsprozesses zu vermeiden. Ich bin gespannt auf die Entwicklungen der nächsten Jahre.
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