Endlich lebt dieses Gebäude
Kirchen zu Kitas: pinkarchitektur hat die katholische Pfarrkirche Christus-König in Düsseldorf zu einer Kindertagesstätte umgebaut. Damit wurde deutschlandweit ein Präzedenzfall geschaffen. Ein Gespräch mit Thomas Pink
Text: Schultz, Brigitte, Berlin
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Thomas Pink gründete 1994 mit Karl-Heinz Petzinka das Büro Petzinka Pink Architekten, seit 2014 pinkarchitektur. Das Foto zeigt ihn vor einem seiner Projekte, den Hamburger Sophienterrassen.
Foto: Martin Kunze
Thomas Pink gründete 1994 mit Karl-Heinz Petzinka das Büro Petzinka Pink Architekten, seit 2014 pinkarchitektur. Das Foto zeigt ihn vor einem seiner Projekte, den Hamburger Sophienterrassen.
Foto: Martin Kunze
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Die Kita ist Teil eines Familienzentrums, das Räume im Untergeschoss nutzt.
Foto: Max Hampel
Die Kita ist Teil eines Familienzentrums, das Räume im Untergeschoss nutzt.
Foto: Max Hampel
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An der Südwestfassade ließen die Architekten zwischen den Kirchenfenstern nur die Stützen des Stahlbetonskelettbaus stehen.
Foto: Max Hampel
An der Südwestfassade ließen die Architekten zwischen den Kirchenfenstern nur die Stützen des Stahlbetonskelettbaus stehen.
Foto: Max Hampel
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Die ursprüngliche Ausfachung aus Mauerwerk wurde durch Klarglas ersetzt.
Foto: Max Hampel
Die ursprüngliche Ausfachung aus Mauerwerk wurde durch Klarglas ersetzt.
Foto: Max Hampel
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Im Eingangsbereich der Kita ...
Foto: Max Hampel
Im Eingangsbereich der Kita ...
Foto: Max Hampel
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... ist die volle Höhe des Kirchenraums erlebbar geblieben.
Foto: Max Hampel
... ist die volle Höhe des Kirchenraums erlebbar geblieben.
Foto: Max Hampel
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Die expressive Decke mit den skulpturalen Unterzügen wurde restauriert.
Foto: Max Hampel
Die expressive Decke mit den skulpturalen Unterzügen wurde restauriert.
Foto: Max Hampel
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Um das Raumprogramm unterzubringen, haben die Architekten den Kirchenbau zum Garten hin erweitert.
Foto: Max Hampel
Um das Raumprogramm unterzubringen, haben die Architekten den Kirchenbau zum Garten hin erweitert.
Foto: Max Hampel
Herr Pink, eine Kirche wird zur Kindertagesstätte – wie kommt ein solches Projekt zustande?
Die Gemeinde konnte die Kirche nicht mehr halten. Nach einer temporären Umnutzung durch die ukrainisch-unierte Gemeinde wurde entschieden, das Gebäude zu veräußern, weil die finanziellen Mittel fehlten, es zu sanieren. Der Käufer – ein ehemaliges Mitglied der Gemeinde – hat uns unmittelbar angesprochen, mit ihm nach Ideen für eine Umnutzung zu suchen.
Wie wurde die rettende Idee geboren?
Wir waren von Neugier getrieben. Da gibt es plötzlich diese tolle Immobilie mit einem kulturellen stadthistorischen Hintergrund, an die sich kein anderer herantraut. Auch ein Abriss wurde diskutiert. Dann entstand die Idee: Kann man das denn nicht nutzen, um daraus eine Kita zu machen? Düsseldorf wächst exorbitant und hat einen riesigen Bedarf an Kindertagesstätten. Damit will ich nicht sagen, die Nutzung lag nahe, aber sie drängte sich auf.
Ist es eine christlich getragene Kita?
Ja. Sie wird vom kirchlichen Verein „Flingern mobil“ betrieben.
In Deutschland betraten Sie mit dem Umbau Neuland. Wie sind Sie an die ungewöhnliche Aufgabe herangegangen?
Wir haben gesagt, um das Programm der Kindertagesstätte in diese Kirche zu implementieren, brauchen wir zwei weitere Geschossebenen. Da war uns das Glück hold, denn der Kollege Franz Schneider hat die Kirche 1929 als Stahlbetonskelettbau gebaut. So konnten wir die Ebenen stützenfrei von Außenwand zu Außenwand spannen.
Was war die größte Herausforderung?
Das Schwierigste war, einen anderen Maßstab zu schaffen, also kleinteilige Räume in ein so großes Volumen zu integrieren. Das hätte schlichtweg auch eine Katastrophe werden können.
Wie haben Sie in einem so tiefen Gebäude die Belichtung der Räume für die Kinder gelöst?
Das war ein ganz kniffliger Punkt. Die alten Kirchenfenster sind sensationell – hätten aber nie den Anforderungen an die Belichtung heutiger Gruppenräume genügt. Also haben wir an der Südwestfassade nur die Stahlbetonstützen stehen gelassen und das ausfachende Mauerwerk durch Glas ersetzt. Die Kirchenfenster haben wir sorgfältig entfernt, restau-riert und an derselben Stelle wieder eingebaut, damit die Strenge und der Rhythmus des Gebäudes erhalten bleiben kann. Das war nicht unaufwändig, weil das eine alte Bleiverglasung ist.
Was sagte der Denkmalschutz dazu?
Da muss ich den Kollegen von der Denkmalpflege ein Kompliment machen: Sie konnten die Radikalität, Mauerwerk gegen Glas zu tauschen, sofort nachvollziehen. Wenn das nicht möglich gewesen wäre, gäbe es diese Kita nicht.
Sie haben das denkmalgeschützte Gebäude nicht nur umgebaut, sondern auch angebaut. Was war dabei Ihr Konzept?
Es gab, gelinde gesagt, sehr unförmige Anbauten aus den fünfziger und sechziger Jahren. Wir haben vorgeschlagen, diese zu entfernen und dafür eine Ergänzung vorzunehmen, die der abgestuften Form des Ursprungsbaus folgt, das Neue aber dezent farblich absetzt. Das hat sofort bei allen Beteiligten – der Denkmalpflege, dem Landeskonservator, aber auch der Katholischen Kirche – so viel Anklang gefunden, dass wir ab da eine ganz wunderbare Lobby hatten, um das Projekt auch zu realisieren.
Unterschiedlichere Anforderungen als Kirche und Kita kann man sich wohl kaum vorstellen. Wie fanden die Räume und die neue Nutzung zusammen?
Wir haben eine einhüftig orientierte Anlage daraus gemacht. Die Erschließung liegt jetzt auf der nördlichen Seite, die Nebenräume haben wir in die Mittelzone gelegt, so dass die Gruppenräume, die Multifunktionsräume, die Mitarbeiterräume und so weiter zur großen Glasfassade und zum Garten liegen. Eine wirkliche Herausforderung war es, die Raumkonzeption um die verbliebenen kirchlichen Relikte herum zu entwickeln – die Konchen, die wunderbaren Kirchenfenster, die Deckenapplikationen – die wir gerne erhalten wollten.
Was berichten die Nutzer?
Die Konfrontation mit dem Thema Kirche fasziniert dort alle. Sie haben Spaß an dem Haus, weil es eben kein Gebäude aus der Retorte ist. Und Kinder haben intuitiv ein gutes Gespür für Raumqualität, auch wenn sie es noch nicht artikulieren können. Insbesondere die Lichtstimmung fasziniert schon die ganz Kleinen. Es ist toll zu sehen, wie sie in dem Bereich, wo die Sonne durch die Kirchenfenster scheint, auf den bunten Farben am Boden rumkrabbeln, um zu begreifen was da passiert.
Und die Kirche?
Wenn Sie mit dem Pfarrer sprechen, der die Gemeinde betreut, hat der sofort ein Strahlen im Gesicht. Er sagt: Endlich lebt dieses Gebäude, ist das eigentlich Kirche. Die Nutzung passt in ihrer ganzen Vitalität wunderbar zu dem, was das Gebäude letztendlich einmal sein wollte: Sammelpunkt, Kommunikationspunkt, meditativer Austausch.
Ist das eine Nutzung, die Sie anderen Kirchen zur Nachahmung empfehlen können?
Als Nutzungsmodell finde ich es toll. Aber natürlich ist nicht jede Kirche dafür geeignet, ein Raumprogramm wie dieses sinnvoll unterzubringen. Doch sie darauf hin zu prüfen, finde ich lohnenswert. Wenn die Kirche versteht, was sie hat und offen ist, wie die Gemeinde und die katholische Kirche hier in Düsseldorf, kann so etwas gelingen. Wenn der Gesetzgeber auch noch gesprächsbereit ist, was etwa die Arbeitsstättenrichtlinien betrifft, dann kann man sicher solche Konzepte zukünftig häufiger realisieren.
Wie waren denn die Baukosten, verglichen mit einem entsprechenden Neubau?
Die Kostendifferenz zu einem anspruchsvoll durchgestalteten Neubau sind etwa zehn bis zwölf Prozent. Die Mehrkosten sind aber primär, und das ist wichtig, in die Umorganisation und die Sanierung des Bestandes geflossen. Da es ein denkmalgeschütztes Objekt ist, können sie zum einen steuerlich begünstigt abgeschrieben werden. Zum anderen gibt es für die Sanierung eines solchen Kleinodes Gott sei Dank Fördertöpfe. Die Kita ist am Ende aller Tage beileibe kein Groschengrab, sondern auch wirtschaftlich ein voller Erfolg.
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