Bauwelt

Denkmal, Gedenken und Nahbarkeit

1997 eröffnete das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg und bildet seither die wichtigste deutsche Gedenkstätte für die Opfer des Porajmos, die NS-Verfolgung der Sinti und Roma. Die Präsenz des bislang unscheinbaren Gebäudes soll durch einen Erweiterungsbau gestärkt werden.

Text: Burose, Alina, München

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    1. Preis Bez + Kock ent­wickeln ihre Kubatur durch Substraktion aus einem massiven Block. Die Jury erkannte die „präzise Aufnahme der Raumkanten“ und entschied einstimmig.

    Abb.: Verfasser

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    1. Preis Bez + Kock ent­wickeln ihre Kubatur durch Substraktion aus einem massiven Block. Die Jury erkannte die „präzise Aufnahme der Raumkanten“ und entschied einstimmig.

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    ein 3. Preis (links) Georg Scheel Wetzel stellen die Spitze des Grundstücks zur Adressbildung frei, und terrassieren diesen Empfang. Sie sehen darin eine Verzahnung mit dem Stadtraum.
    Abb.: Verfasser

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    ein 3. Preis (links) Georg Scheel Wetzel stellen die Spitze des Grundstücks zur Adressbildung frei, und terrassieren diesen Empfang. Sie sehen darin eine Verzahnung mit dem Stadtraum.

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    ein 3. Preis Meck ordnen das Haus um einen Innen­hof. Zur Stadt lassen auch sie die Spitze begrünt hervortreten. Die Treppe zu diesem „Garten“ suggeriert jedoch einen Haupteingang, wo er sich nicht befindet.
    Abb.: Verfasser

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    ein 3. Preis Meck ordnen das Haus um einen Innen­hof. Zur Stadt lassen auch sie die Spitze begrünt hervortreten. Die Treppe zu diesem „Garten“ suggeriert jedoch einen Haupteingang, wo er sich nicht befindet.

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    Die im Foyer angelegte Großzügigkeit setzt sich in den Ausstellungsflächen fort. Im Bestand verorten die Architekten Büros, im Verbindungsbau einen Veranstaltungssaal.
    Abb.: Verfasser

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    Die im Foyer angelegte Großzügigkeit setzt sich in den Ausstellungsflächen fort. Im Bestand verorten die Architekten Büros, im Verbindungsbau einen Veranstaltungssaal.

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Denkmal, Gedenken und Nahbarkeit

1997 eröffnete das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg und bildet seither die wichtigste deutsche Gedenkstätte für die Opfer des Porajmos, die NS-Verfolgung der Sinti und Roma. Die Präsenz des bislang unscheinbaren Gebäudes soll durch einen Erweiterungsbau gestärkt werden.

Text: Burose, Alina, München

Mit besonderem Schwerpunkt auf die Zeit des Nationalsozialismus zeigt das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg die über 600-jährige Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland und Europa. Es liegt zentral am südlichen Rand der Altstadt, nur wenige hundert Meter Luftlinie vom Schloss entfernt. Aus privaten Zeugnissen von Überlebenden des Holocaust und ihren Angehörigen entstand über die Jahre ein umfangreiches Archiv alter Familienbilder, Dokumente sowie Interviews in Ton- und Videoformat. Als Facheinrichtung dient das Haus der Forschung wie auch der politischen Bildungsarbeit gegen Antiziganismus und Vermittler für zeitgenössische Kunst- und Kulturprojekte. Dazu gehören eine eigene Veranstaltungsreihe mit Vorträgen, Filmvorführungen, Konzerten und Ausstellungen. Im Vordergrund steht ein selbstbewusster Umgang der Sinti und Roma mit ihrer Sprache, Kultur und Identität. Anliegen der Einrichtung ist der Dialog zwischen Minderheit und Mehrheitsgesellschaft.
Das Zentrum bespielt bislang ein Gebäudeensemble bestehend aus einem Lagergebäude des 18. Jahrhunderts sowie drei späteren Anbauten, gruppiert um einen nach Osten hin hufeisenförmigen Innenhof. Für die Nutzung erfuhr die Anlage Anfang der Neunziger einen entsprechenden Umbau. Leicht exponiert am Hang liegend, wird das Grundstück von einer Stützmauer von 1861 mit integrierter Brunnenanlage gesichert. In der Umgebung dominiert eine dichte, kleinteilige Blockrandbebauung, vorwiegend traufständig mit drei bis vier Geschossen aus dem 19. Jahrhundert. 2003 wurde die Altstadt samt diesem Gebiet als „Gesamtanlage Alt Heidelberg“ unter Denkmalschutz gestellt, womit strenge Auflagen an Bauvorhaben einhergehen. Die Stützmauer sowie ein Gewölbekeller des Dokumentationszentrums gelten zusätzlich als Einzeldenkmäler.
Bislang fehlen dem Ensemble einladende Gesten und repräsentative Merkmale. Da es nicht als öffentliches Gebäude wahrgenommen wird und der Innenhof als Parkplatz eher wie Teil eines Privatgrundstücks wirkt, gibt es kaum spontane Besucher und nur wenig Touristen. An diesem Punkt ansetzend, lobte die Internationale Bauausstellung Heidelberg zusammen mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum deutscher Sinti und Roma im Februar 2020 einen internationalen Wettbewerb für eine Erneuerung aus.
Gewünscht ist ein Haus, das sein Programm nach außen trägt: Emanzipation und Gleichberechtigung sollen unterstrichen, Klischees durchbrochen werden – was auch immer das für die Architektur bedeuten mag. Die vom Denkmalschutz ausgehenden Richtlinien sind zwar klarer, aber für das Entwerfen nicht unbedingt hilfreich: Neben dem Lagerhaus sollen Stützmauer und Gewölbekeller nicht nur erhalten, sondern auch denkmalgerecht saniert und umstrukturiert werden. Im Rahmen der Aufgabenstellung sei ein „sensibler Eingriff“ aber erlaubt.
Einstimmig vergab die Jury einen ersten Preis, zwei dritte Preise sowie zwei Anerkennungen. In dem zweiphasigen Wettbewerb konnte sich das Stuttgarter Büro Bez + Kock Architekten durchsetzen. Der Entwurf sieht für das keilförmige Grundstück eine dominante – um nicht zu sagen massige – Gebäudekubatur in rötlichem Sandstein vor. Seitens der Jury stellte sich offen die Frage, ob diese einen „sperrigen Block oder [ein] skulpturale[s] Gebäude generiert“. Schließlich befand sie eher Letzteres, hob das Aufnehmen der Raumkanten hervor und deklarierte den Vorschlag als „selbstbewusstes und öffentliches Haus“. Dass ist nicht zu leugnen: Für den Auftakt des Grundstück ist eine große, einladende Treppenanlage vorgesehen, welche die bestehende Stützmauer als Wange geschickt aufgreift und einbindet, ohne allzu sehr zu collagieren. Nahezu selbstverständlich zeigt sich der auf höherem Niveau liegende barrierefreie Zugang zu dem mit Café-Nutzung ausstaffierten Podest, worin die Treppe mündet. Neben dem Innenbereich des Cafés beherbergt das Erdgeschoss ein großzügiges Foyer sowie Räume für Seminare und größere Veranstaltungen. Die drei oberen Geschosse zeugen von musealem Charakter mit einer markanten Rippendecke in Ortbeton und gezielt gesetzten Blickbezügen zum Außenraum. Dieses Verhältnis geöffneter zu geschlossenen Bereichen zeigt sich nach außen und verleiht der Fassade etwas Schützendes. Die Jury nennt es ein „überzeugendes Statement an diesem Ort“.
Als einer der drittplatzierten gehen Georg Scheel Wetzel Architekten aus dem Wettbewerb hervor. Das Berliner Büro zeigt auf dem Grundstück einen deutlich leichter wirkenden Entwurf, der sich jedoch in Volumen und Material nicht unbedingt zurückhaltender verhält. Die Vorplatzsituation ähnelt der des Gewinners, wobei der Ort barrierefrei erschlossen wird. Diese einladende Geste setzt sich in der transparenten Gestaltung des Erdgeschosses fort. Das gläserne Erdgeschoss trennt Hauptgebäude und Sockel. Die Fassade besteht jeweils aus rötlichem Ziegel, im oberen Teil als „vertikaler Läuferverband“, im Sockel horizontal vermauert. In Anlehnung an den Bestand wählte das Büro eine Abfolge flacher Walmdächer, wodurch eine sanfte Wirkung entsteht. Allerdings bewertete das Preisgericht „deren Proportion als nicht gänzlich ausgewogen“. Zwischen Bestand und Neubau liegt ein abgesenkter Hof mit Wasserbecken. Dieser „Hof der Erinnerung“ fungiert als andächtige Zwischenzone und erlaubt eine natürliche Belichtung der angrenzenden Fassaden. Das Poten­-zial eines solchen Hofs – vor allem im Kontext von Erinnerung und Kultur – schöpft die Entwurfsdarstellung leider nicht aus.
Ebenfalls drittplatziert wurde die Arbeit von Meck Architekten aus München. Grafisch offenbaren die Pläne Diskrepanz: Während die atmos-phärischen Zeichnungen einen wuchtigen, röt­lichen Ziegelbau zeigen, der sich über das Straßengefälle erhebt, scheinen die Pläne eine ganz eigene Sprache zu sprechen und zeigen eine wesentlich feinfühligere oder immerhin dezentere Erscheinung des Baukörpers. Die erzeugten Bilder kommen nur schwer zusammen und treffen keine prägnante Aussage zu der eigentlichen Idee. Den als Vorplatz lesbaren Bereich bildet ein kleiner, exponierter Garten, doch schließt dieser nicht an das Foyer, sondern an den Veranstaltungssaal an und evoziert einen Haupteingang, wo keiner ist. Dieser liegt südöstlich auf höherem Niveau, wo ein barrierefreier Zugang gewährleistet ist. Auch dieser Entwurf zeigt ein Freiraum-Pendant in seiner Mitte, allerdings ist dieser im Gegensatz zum Garten des Zweitplatzierten weniger spezifisch benannt und verliert sich in der Enge zwischen den Kubaturen. Mit den Themen Hof, Garten und Mauer trifft der Entwurf Kern-themen dieser Aufgabe, stellt sie allerdings nicht ausreichend dar.
Mit jeweils einer Anerkennung prämierte das Preisgericht das Stuttgarter Büro Dasch Zürn + Partner sowie Kadawittfeldarchitektur aus Aachen. Die konkrete Planung des Erweiterungsbaus sowie der Instandsetzung des Bestands beginnen voraussichtlich 2022.
Nichtoffener zweiphasiger Realisierungswettbewerb
1. Preis
(41.000 Euro) Bez + Kock Architekten und Generalplaner, Stuttgart
ein 3. Preis (21.000 Euro) Georg Scheel Wetzel Architekten, Berlin
ein 3. Preis (21.000 Euro) Meck Architekten, München
Anerkennungen (je 10.500 Euro) Dasch Zürn + Partner, Stuttgart; Kadawittfeldarchitektur, Aachen
Fachpreisgericht
Sonja Beeck, Johannes Kuehn, Markus Neppl (Vorsitz), Jürgen Odszuck, Jórunn Ragnarsdóttir
Auslober
Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Heidelberg, in Kooperation mit IBA Heidelberg
Wettbewerbskoordination
Stadtbauplan, Darmstadt

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