Bauwelt

Die rote Faust

Im Sommer wechselte der Berliner Bierpinsel seinen Besitzer. Direkt ermöglichte der neue Eigentümer Götz Fluck die kulturelle Bespielung und damit den Zugang zu dem lange vernachlässigten Turmbauwerk. Wird das ikonische Aussichtslokal nach über fünfzehn Jahren Winterschlaf wiederbelebt?

Text: Mausbach, Therese, Berlin

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    Der Bierpinsel im Jahr 1976
    Foto: Berlinische Galerie

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    Und sein damaliger Grundriss: Seinerzeit schlug das Architektenpaar viele Nutzungsvarianten vor, auch die eines Großraumbüros.

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    Und sein damaliger Grundriss: Seinerzeit schlug das Architektenpaar viele Nutzungsvarianten vor, auch die eines Großraumbüros.

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    Seit kurzem finden Events ...
    Foto: Jasmin Schuller

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    ... in den leeren Geschossen des bepinselten Turmkopfes statt.
    Foto: Jasmin Schuller

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    Auf der Unterseite sind Fassadenpaneele im originalen Farbton sichtbar. Mehr in der Bildstrecke
    Foto: Jasmin Schuller

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Die rote Faust

Im Sommer wechselte der Berliner Bierpinsel seinen Besitzer. Direkt ermöglichte der neue Eigentümer Götz Fluck die kulturelle Bespielung und damit den Zugang zu dem lange vernachlässigten Turmbauwerk. Wird das ikonische Aussichtslokal nach über fünfzehn Jahren Winterschlaf wiederbelebt?

Text: Mausbach, Therese, Berlin

Es ist das Erstlingswerk von Ursulina Schüler-Witte und Ralf Schüler, jenes Architektenpaar, das durch ihre visionären Realisierungen das West-Berlin von den Siebzigern an prägte. In Eigeninitiative entwickelten sie für den von ihnen entworfenen U-Bahnhof Schloßstraße über der Hauptgeschäftsstraße und der dort kreuzenden Autobahnbrücke der A103 eine „städtebauliche Dominante“: die in kräftigem Rot in den Himmel ragende „Faust“.
Um die Finanzierung zu ermöglichen, malte sich das junge Büro vielerlei Nutzungsmöglichkeiten aus, die vom Luftfahrtmuseumsrestaurant über ein Spielkasino bis zu einer Jules-Verne-Bar reichen, nachzulesen in einer fantasievoll gestalteten Broschüre der Architekten, online einsehbar auf bauwelt.de. Mit der Fertigstellung 1976 füllten schließlich ein Café, ein argentinisches Steakrestaurant und die „Bierpinsel-Pinte“ (ein unverfänglicherer Spitzname als der der roten Faust) die drei Panoramageschosse des Gebäudes. Mit der Jahrtausendwende warf die landeseigene Immobiliengesellschaft das sanierungsbedürftig gewordene Gebäude ab und
die neue Besitzerin ließ – anstelle der ausstehenden denkmalgerechten Sanierung – die blass­rosa gewordene Stahlverkleidung mit Graffitikunst versehen. Völlig unverständlich, dass die ursprünglich nur als temporär gedachte und von den Architekten als optische Zerstörung empfundene Maßnahme seit nunmehr zehn Jahren besteht.
Im Gegensatz zu der Vorbesitzerin haben Fluck und die ImmoMa eine entscheidende Änderung im Erbnutzvertrag beim Bezirk durchgesetzt. Anstelle einer rein gastronomischen Nutzung kann der Bau neuerdings allgemein gewerbliche Zwecke erfüllen. Der Bierpinsel sei als Büroturm aufgrund der weniger anspruchsvol­-len Brandschutzanforderungen gegenüber einer öffentlichen Nutzung deutlich einfacher zu entwickeln, erklärt Fluck. Ein Architekturbüro hat er für die Umsetzung seiner Pläne noch nicht beauftragt. In der futuristischen Raumschiffkanzel des ersten der vier Geschosse schwebe ihm ein Co-Working-Space vor, in den darüberliegenden Ebenen möchte er sich mit dem eigenen Unternehmen niederlassen. Allerdings scheinen seine Überlegungen, den durch Lamellen abgedunkelten Technikraum für ein öffentliches Pub­likum auf Ebene vier mit Fenstern zu versehen und um eine Dachterrasse zu erweitern, genau­-so wenig mit dem Denkmalschutz und der architektonischen Grundidee vereinbar, wie sein Wunsch, die Fassade zu begrünen.
Auch wenn unter der neuen Bezirksbürgermeisterin ein Rückbau der A103 angedacht ist, um die autogerechte Vergangenheit in eine grüne Zukunft zu verwandeln, so bleibt der kräfti­ge Stahlbetonbau eine zeitgebundene Stadtmarke. Es wäre viel gewonnen, wenn die ursprüngliche Farbe und das nackte und mächtige Tragwerk wie eine Zeitkapsel aus den Siebzigern wirkte und die Besucherinnen und Besucher sich frei durch die verschiedenen Ebenen bewegen dürften, die sich verändernde Umgebung vor Augen: breite Fahrradwege schieben sich seit kurzem kühn zwischen die Spuren der Autos und Busse, Kräne verdichten sich am Berliner Gasometer während der Steglitzer Kreisel durch die ihn umhüllenden Baugerüste zu flirren beginnt.
Der Blick hinunter lässt einen erschaudern, denn das Denkmalensemble verkommt. Zuständig sind viele und keiner: der U-Bahnhof gehört der BVG, die Straßenebene dem Bezirk, die Hochstraße der Senatsverwaltung für Verkehr und mit ihnen verbunden ist „als integrierter Bestandteil eines hochkapazitiven Verkehrsknotens“ der privatisierte Bierpinsel. Faust hoch für ein ganzheitliches Sanierungskonzept!
Fakten
Architekten Schüler, Ralf (1930–2011); Schüler-Witte, Ursulina, Berlin
Adresse Schloßstraße 17 12163 Berlin


aus Bauwelt 1.2022
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Bilder Im Bierpinsel

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