Bauwelt

Einblicke in die Verborgenheit unzugänglicher Orte

Die Wanderausstellung „70 Jahre Kunst am Bau“ zeigt größtenteils Kunstwerke, die wegen ihrer Lage auf Bundesliegenschaften für viele unzugänglich und damit auch kaum bekannt sind. Derzeit macht sie Station in Halle (Saale).

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

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    Jenny Holzers Stahlstele mit LED-Anzeige im Reichstag in Berlin
    Foto: BBR/Cordia Schlegelmilch

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    Jenny Holzers Stahlstele mit LED-Anzeige im Reichstag in Berlin

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    Rupprecht Geigers Wandgestaltung am Münchner Hauptbahnhof
    Foto: BBR/Cordia Schlegelmilch

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    Rupprecht Geigers Wandgestaltung am Münchner Hauptbahnhof

    Foto: BBR/Cordia Schlegelmilch

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    Michael Wirkners abstrakte Bildtafeln in der Steinhalle des Bundesministerium der Finanzen
    Foto: BBR/Cordia Schlegelmilch

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    Michael Wirkners abstrakte Bildtafeln in der Steinhalle des Bundesministerium der Finanzen

    Foto: BBR/Cordia Schlegelmilch

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    Raumlabors Arbeit auf dem Stasimuseum, die Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße
    Foto: BBR/Werner Huthmacher

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    Raumlabors Arbeit auf dem Stasimuseum, die Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße

    Foto: BBR/Werner Huthmacher

Einblicke in die Verborgenheit unzugänglicher Orte

Die Wanderausstellung „70 Jahre Kunst am Bau“ zeigt größtenteils Kunstwerke, die wegen ihrer Lage auf Bundesliegenschaften für viele unzugänglich und damit auch kaum bekannt sind. Derzeit macht sie Station in Halle (Saale).

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Über den weiteren Umgang mit der überlieferten Kunst am Bau wird seit einigen Jahren im Zuge von Gebäudeabrissen, Umnutzungen und energetischen Sanierungen immer wieder kontrovers diskutiert (Bauwelt 4.2020). Die seit Anfang diesen Jahres deutschlandweit tourende Wanderausstellung „70 Jahre Kunst am Bau in Deutschland“ des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) liefert für diese oft sehr emotional ausgetragenen Debatten neue Hintergrundinformationen und interessante Fallbeispiele. Sie wird derzeit in Halle (Saale) gezeigt; weitere Stationen sind Bremen, Gelsen­kirchen und Hannover.
Bei der baugebundenen und architekturbezogenen Kunst gibt es durch das jeweilige Gebäu­de, die städtebauliche Situation oder das Grundstück klare Grenzen und auch Herausforderungen für die künstlerische Auseinandersetzung. Denn die Arbeiten sollen – unabhän­gig von ästhetischen Fragen – auch zum Nachdenken anregen und den baukulturellen Zeitgeist repräsentieren. Das merkt man der Ausstellung an, die das BBR zusammen mit dem Kunst- und Architekturvermittlungsbüro schmedding.vonmarlin. und dem auf grafische Konzepte und Ausstellungsdesign spezialisierten StudioKrimm konzipierte. Denn sie beginnt – obwohl die deutsche Kunst am Bau eine deutlich längere Tradition hat – erst mit den 1950 in der Bundesrepublik undder DDR verkündeten Beschlüssen, fortan die Kunstschaffenden bei staatlichen Baumaßnahmen zu beteiligen und dafür einen festen Anteil der Bausumme vorzusehen. Seitdem entstandenetwa 10.000 Werke, einige sogar von renommierten internationalen Künstlern.
Viele dieser Arbeiten sind, weil sie sich an fernen Orten oder aber in Gebäuden befinden, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind, kaum bekannt. Das Bundesbauministerium initiierte mit dem ebenfalls durch das BBR betreuten „Museum der 1000 Orte“ bereits 2017 eine stetig anwachsende Internetdatenbank zur Kunst am Bau, die zu einer virtuellen Weltreise einlädt. Die Wanderausstellung wird auf frei im Raum stehenden Schautafeln gezeigt. Es wurden 59 Arbeiten ausgewählt, die größtenteils aus Regierungsbauten, Botschaften, Behörden, Kasernen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen stammen. In Themenbereichen zusammengefasst, werden die Werke mit knappen Informationen zum zeithistorischen Kontext und zur spe­ziellen Bauaufgabe näher vorgestellt.
Dabei gewinnt man den Eindruck, dass der Hauptfokus auf den unterschiedlichen Repräsentations- und Kunstvorstellungen der beiden Gesellschaftssysteme („Neue Kunst für neue Staaten“) sowie den Berliner Baumaßnahmen nach der Wiedereinigung („Ausbau einer Hauptstadt“) liegt. Als Signet von Ausstellung und Begleitpublikation fungiert eine vereinfachte Darstellung von Hannes Schulz-Tattenpachs aus den Flammen „aufsteigenden Phönix“ (1953), dem Wandrelief im Eingangsbereich des alten Abgeordnetenhauses in Bonn, das zum Symbolbild des gesellschaftlichen und politischen Neuanfangs der damals noch jungen Bundes­republik avancierte. Einige der ausgewählten Werke, wie Henry Moores Bronzeplastik „Large Two Forms“ (1966–69) vor dem ehemaligen Kanzleramt in Bonn und Eduardo Chillidas raumgreifen­-de Cortenstahl-Skulptur „Berlin“ (1999) im Ehrenhof des Kanzleramtes in Berlin, vor der sich Po­litiker gerne von Journalisten fotografieren und filmen lassen, sind weltweit bekannt.
Aus der DDR werden vor allem großformatige realistische Arbeiten gezeigt wie Max Lingners Wandbild „Aufbau der Republik“ (1953) am dama­ligen Haus der Ministerien in Berlin oder Sighard Gilles 700 Quadratmeter umfassende Deckenmalerei „Gesang vom Leben“ (1979–81) im Foyer des Gewandhauses in Leipzig, die durch die Glasfassade auch in den Stadtraum wirkt. Einige der neueren Objekte wie Jenny Holzers Stahlste­le (1999) in der Eingangshalle des Reichstags­gebäudes, auf der historische Reden zusammen mit aufblinkenden Zwischenrufen als Sinnbild der vielstimmigen deutschen Debattenkultur auf einer LED-Anzeige durchlaufen, zeigen die Aus­einandersetzung mit der eigenen Geschichte.
In der Ausstellung kann man auch Beispiele dafür finden, wie bereits vorhandene Arbeiten überlagert oder ersetzt wurden. Bei dem ursprünglich als Reichsluftfahrtministerium errichteten Gebäude des späteren Haus der Ministe­rien und heutigen Finanzministeriums wurde Lingners programmatisches DDR-Wandbild, das im Bildfeld eines nach dem Krieg entfernten Soldatenreliefs sitzt, bewusst erhalten und durch ei­ne unmittelbar daneben in den Vorplatz integrierte Siebdruck-Glasarbeit (2000) von Wolfgang Rüppel, die den Demonstrationszug des Arbeiteraufstandes vom 17. Juni 1953 im selben Bildformat zeigt, kontrastiert. In der Steinhalle des Gebäudes befindet sich an der Stelle, an der zuerst der Reichsadler mit Hakenkreuz und später das DDR-Staatswappen hing, seit dem Jahr 2000 eine neunteilige ungegenständliche Malerei des Künstlers Michael Wirkner. Die Architekten von Raumlabor akzentuierten Erich Mielkes Dienstsitz, das mittlerweile als Stasi-Museum genutzte Haus 1 der ehemaligen MfS-Zentrale in Berlin mit einem riesigen, über Vorplatz und Dächer reichenden Stempel „Eingegangen am …“ (2011), um auf diesen früher völlig abgeschotteten Ort aufmerksam zu machen und gleichzeitig auch auf das Ende dieser Ära hinzuweisen. Einige der vorgestellten Kunstwerke sind – wie bei der veräußerten und mittlerweile stark veränderten ehemaligen DDR-Botschaft in Budapest – gar nicht mehr erhalten. Rupprecht Geigers Plattenmosaik (1953), das an der 2019 abgebrochenen Empfangshalle des Münchner Hauptbahnhofs angebracht war, wurde eingelagert und soll am Neubau einen neuen Platz bekommen.

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