Bauwelt

Margherita Spiluttini

1947–2023

Text: Stock, Wolfgang Jean, München

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Die Fotografin Margherita Spiluttini wurde 75 Jahre alt.
Foto: Picture Alliance

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Die Fotografin Margherita Spiluttini wurde 75 Jahre alt.

Foto: Picture Alliance


Margherita Spiluttini

1947–2023

Text: Stock, Wolfgang Jean, München

Viele Jahre lang war eine schmale Straße im ersten Wiener Bezirk so etwas wie der Nabel der österreichischen Architekturvermittlung. Im Haus Schönlaterngasse 7 lebte und arbeitete Friedrich Achleitner, der 2019 gestorbene Architekturhistoriker, der auch als Kritiker wie als Hochschullehrer Maßstäbe setzte (Bauwelt 8.2019). Und gegenüber, im Haus Nummer 8, lebte und arbeitete die Architekturfotografin Margherita Spiluttini, die sich auch dem Werk von Künstlern wie Ólafur Elíasson und James Turrell widmete. Neben ihrer engen Freundschaft verband beide die Herkunft aus der Provinz weitab von Wien: Achleitner stammte aus dem ländlichen Oberösterreich, Spiluttini aus der Gemeinde Schwarzach im Salzburger Pongau. 1947 als Tochter eines Baumeisters geboren, ist Margherita Spiluttini nach langer Krankheit im Alter von 75 Jahren am 3. März in Wien gestorben.
Einem internationalen Publikum wurde sie 1991 bekannt, als sie auf der Architekturbiennale in Venedig ausstellte – noch unter dem Nachnamen Krischanitz, weil sie zeitweise mit dem Architekten Adolf Krischanitz verheiratet war. Zu sehen waren Bauten von Herzog & de Meuron, für die sie dann jahrelang zur Hausfotografin wurde. Ihre präzisen Schwarzweiß-Aufnahmen im Schweizer Pavillon beeindruckten die Besucher. Zwei Jahre später erschien ihr Buch „Neue Häuser“. In ihm dokumentierte sie – wiederum konsequent in Schwarzweiß – die Gebäude von jüngeren österreichischen Architektinnen und Architekten, die sich allesamt einen Namen machen sollten, darunter Marta Schreieck und Margarethe Heubacher-Sentobe, Dietmar Eberle, Roland Gnaiger, Dieter Henke, Hermann Kaufmann und Florian Riegler. Niemand hat die österreichische Gegenwartsarchitektur fotografisch intensiver begleitet als Margherita Spiluttini, deren Vorlass im Architekturzentrum Wien (AzW) mit 120.000 Diapositiven und Negativen einen Fundus ohnegleichen darstellt.
Ausgebildet zur medizinisch-technischen Assistentin, hatte Spiluttini zunächst im Bereich der Nuklearmedizin fotografiert. Seit den 1980er Jahren entwickelte sie dann eine zunehmende Faszination für das Gebaute, mit dem sie ja durch ihr Elternhaus vertraut war – aus der anfänglichen Autodidaktin auf diesem Gebiet wurde eine umworbene Interpretin der neuen Baukultur. Dabei war sie so zurückhaltend wie ihr deutscher Kollege Klaus Kinold. 1993 schrieb Dietmar Steiner, der Gründungsdirektor des AzW, in ihrem ersten Buch: „Es entspricht der Methode, ja der Gesinnung der Fotografie von Margherita Spiluttini, diese Neuen Häuser so abzubilden wie sie sind.“
Nachdem ihr bereits 1995 Multiple Sklerose diagnostiziert worden war, konnte sie seit 2006 nur noch im Rollstuhl arbeiten und musste 2014 ihre Karriere schließlich beenden. Als sie zwei Jahre später den Österreichischen Staatspreis für künstlerische Fotografie erhielt, sagte Spiluttini im Rückblick: „Als ich begonnen habe zu fotografieren, war die Branche traditionell und verkrustet. Fotografie als zeitgenössische Kunstform war ein Fremdwort.“ Dass sich dies seither grundlegend geändert hat, daran hat Margherita Spiluttini keinen geringen Anteil. Die große europäische Architekturfotografin hat aber auch selbst gewählte Themen bearbeitet, vor allem die „Konstruktionen der Landschaft“ anhand radikaler baulicher Eingriffe im Alpenraum. Christian Kühn, Studiendekan für Architektur an der TU Wien, schrieb zu ihrem Tod: „Durch die Fotografien von Margherita Spiluttini haben wir Architektur neu sehen gelernt. Besser als die meisten hat sie erkannt, wie Natur, das scheinbar Triviale und die Baukunst zusammenhängen.“ So wird sie in Erinnerung bleiben. Das AzW hat ihr in seiner neuen Dauerausstellung einen Ehrenplatz als „Kanonmacherin“ eingeräumt.

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