Asian Infrastructure Investment Bank in Peking
Die Bankenzentrale von gmp Architekten nördlich der Verbotenen Stadt von Peking soll so bedeutend werden wie die asiatische Entwicklungsbank in Tokio und der Internationale Währungsfonds in Washington. Das Gebäude ist bereits fertig.
Text: Schütz, Stephan, Hamburg; Schade-Bünsow, Boris, Berlin
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Die Pekinger Entwicklungsbank von gmp Architekten. Offenheit nach außen und innen sollen das Haus mitseinen großen Höfen und Terrassen prägen.
Foto: CreatAR Images
Die Pekinger Entwicklungsbank von gmp Architekten. Offenheit nach außen und innen sollen das Haus mitseinen großen Höfen und Terrassen prägen.
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Der gläserne und untergliederte Gebäudeblock (245 x 182 m) steht am olympischen Landschaftspark als Kopf der zentralen Nord-Süd-Achse durch Peking.
Foto: gmp Architekten
Der gläserne und untergliederte Gebäudeblock (245 x 182 m) steht am olympischen Landschaftspark als Kopf der zentralen Nord-Süd-Achse durch Peking.
Foto: gmp Architekten
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Die Gebäudehülle der Büros wurde als klimaaktive, zweischichtige Fassade mit innenliegendem Sonnenschutz ausgeführt.
Foto: CreatAR Images
Die Gebäudehülle der Büros wurde als klimaaktive, zweischichtige Fassade mit innenliegendem Sonnenschutz ausgeführt.
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Das Gebäude setzt sich aus dreigeschossigen, mäanderförmigen Volumina zusammen, die nach oben durch einen rechteckigen Baukörper abgeschlossen werden.
Foto: CreatAR Images
Das Gebäude setzt sich aus dreigeschossigen, mäanderförmigen Volumina zusammen, die nach oben durch einen rechteckigen Baukörper abgeschlossen werden.
Foto: CreatAR Images
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Die horizontale Gliederung wird auch durch Lichtbänder hervorgehoben. Am zentralen Platz ragt ein 15 m langer Stein aus einem Wasserbassin. Er stammt von Chinas heiligem Berg Taishan.
Foto: CreatAR Images
Die horizontale Gliederung wird auch durch Lichtbänder hervorgehoben. Am zentralen Platz ragt ein 15 m langer Stein aus einem Wasserbassin. Er stammt von Chinas heiligem Berg Taishan.
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Überall in den Atrien sind offene Terrassen mit den „Gärten der Welt“. Sie dienen als informelle Treffpunkte und Besprechungsbereiche der Mitarbeiter.
Foto: CreatAR Images
Überall in den Atrien sind offene Terrassen mit den „Gärten der Welt“. Sie dienen als informelle Treffpunkte und Besprechungsbereiche der Mitarbeiter.
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Mit hoher Schlagzahl erreichen uns seit vielen Jahren Mitteilungen von gmp Architekten zu gewonnenen Wettbewerben und fertiggestellten Großprojekten, vor allem in Asien. Allein in den vergangenen zwei Monaten wurden wir aus China informiert über: die Eröffnung des Messe- und Konferenzzentrums mit 140.000 Quadratmetern in Qingdao, des Stadtmuseums von Zhudai, über die neue Zentrale für einen E-Commerce-Konzern in Guangzhou und die neue Stadtmitte Culture Plaza von Changzhou. Das Hamburger Büro mit vielen Dependancen war eines der ersten aus Deutschland, das nach der Öffnung Chinas dort Fuß gefasst hatte und ausdauernd deutlich Präsenz zeigte. Inzwischen ist gmp in China ein multinationales Büro mit einem chinesischen Partner, das aufgrund der Vielzahl bereits realisierter Projekte vollständig ins lokale Wettbewerbswesen eingebunden ist, so wie Zaha Hadid, 3XN, Aedas und andere. Und genau wie hierzulande ist gmp in China bestens universitär vernetzt – mit den beiden führenden Architekturschulen der Tongji- und der Tsinghua-Universität in Shanghai bzw. Peking.
Wir haben uns bisher kaum damit befasst und nun doch den zuletzt gemeldeten gmp-Neubau in Peking herausgegriffen, um uns exemplarisch der Dimension der vielen Aufträge gewahr zu werden. Nach dem Umbau und der Erweiterung des Nationalmuseums am Tiananmen-Platz 2011 entstand viel weiter nördlich an der zentralen Nordsüd-Achse von Peking der im Inneren luftig wirkende Hauptsitz der Asian Infrastructure Investment Bank AIIB und das Asia Financial Center, also die Zentralbank Asiens. Stephan Schütz, Partner bei gmp und mit Meinhard von Gerkan und Stephan Rewolle Entwerfer des Neubaus, erläutert uns auf den folgenden Seiten das Konzept und die Umsetzung. China geht eigene Wege, die politisch kritisch gesehen werden müssen. Weltweit arrangieren sich die Regierenden aber mit dem Land, seiner wirtschaftlichen Bedeutung und mit 1,4 Milliarden Menschen. So zuletzt die Europäische Union im Dezember mit einem umfassenden Investitionsabkommen. Boris Schade-Bünsow
Ein zweihundert Tonnen schwerer Fels als Zentrum eines Neubaus einer internationalen Entwicklungsbank – so stellte es sich Jin Liqun, Präsident der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB), vor. Nicht ohne Stolz präsentierte er uns schon zu Beginn des Wettbewerbskolloquiums ein Foto des 15 Meter langen Steins von Chinas berühmtem Heiligen Berg Taishan. Dieser, so erläuterte er, solle das sichtbare Zentrum und symbolischer Grundstein eines Gebäudes und damit einer Institution werden, deren Gewicht mit dem der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds in Washington und der in Tokio ansässigen asiatischen Entwicklungsbank vergleichbar wäre.
Die AIIB ist die erste in China ansässige multilaterale Entwicklungsbank. Sie wurde mit 57 Ländern, zu denen auch Deutschland gehörte, im Jahr 2015 in Peking gegründet. Mittlerweile gehören ihr über einhundert Nationen an, darunter zahlreiche Entwicklungsländer und nahezu alle bedeutenden Industrienationen, mit Ausnahme der USA und Japan.
Um die Bedeutung dieser Neugründung im städtischen Kontext zu unterstreichen, wurde der Bank ein Grundstück mit symbolischer Bedeutung angeboten, das den Kopf der Nord-Süd Achse Pekings im olympischen Landschaftspark bildet. An dieser Magistrale, die die Mittelachse der Verbotenen Stadt markiert, liegt auch das in unserem Pekinger Büro geplante, 2011 eröffnete Nationalmuseum Chinas. In direkter Nachbarschaft zur AIIB wird außerdem das Nationalmuseum für Kunsthandwerk nach unserem Entwurf in diesem Jahr eröffnet.
Die Herausforderung für die Architekten bestand also vor allem darin, ein Bürohaus zu entwerfen, das durch seine übergeordnete Bedeutung und seinen Standort eine weitreichende Symbolik aufweisen sollte. Die Tatsache, dass hier täglich 8000 Menschen ein- und ausgehen, hätte an anderer Stelle sicherlich zu einem Hochhausentwurf geführt. An diesem besonderen Ort sollte jedoch nach den Vorstellungen der Pekinger Stadtplanung ein kompaktes, 65 bis 80 Meter hohes Haus mit einer Ausdehnung von 245 Metern Länge und 182 Metern Breite entstehen, das die olympischen Bauten, allen voran das Nationalstadion von Herzog & de Meuron, um einen weiteren Stadtbaustein ergänzt.
Hofhauskomposition
Unsere Überlegungen, gemeinsam mit dem Pekinger Team unter Leitung von Stephan Rewolle, bezogen sich auf die grundsätzliche Frage, wie ein kollektives Miteinander in zeitgemäßen Arbeitswelten an diesem besonderen, kulturell geprägten Ort umzusetzen sei. Der Entwurfsprozess führte uns zu einer Hofhauskomposition, wie sie für Peking typisch ist – hier allerdings in sehr viel größerem Maßstab.
Offenheit nach außen und innen sollte dieses Haus prägen, in dem Menschen aus zahlreichen Ländern tagtäglich zusammenarbeiten. Wir entwickelten ein Ensemble aus insgesamt neun Höfen, von denen sich vier nach außen in den Stadtraum orientieren und fünf ins Gebäudeinnere gerichtet sind. Diese Größe erschien uns aufgrund der Dimensionen des Grundstücks und im Hinblick auf ausreichende Tagesbelichtung der Büroräume angemessen. Interessanterweise fand sich eine Analogie zu dieser Grundstruktur in einer prototypischen Stadtdarstellung in alten chinesischen Lehrbüchern zur Architektur und zum Städtebau.
Aus allen vier Himmelsrichtungen gelangt man über die zentralen Höfe ins Gebäude, dessen Mitte der zuvor beschriebene Fels aus dem Taishan bildet. Im Erdgeschoss sowie im ersten Untergeschoss befinden sich gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Kantinen, Cafés und Geschäfte für den Alltagsbedarf, außerdem eine Konferenzhalle für insgesamt 1500 Personen.
Die Arbeitsbereiche verteilen sich auf 16 Obergeschosse, die in jeweils dreigeschossigen, mäanderförmigen Volumina zusammengefasst sind und nach oben durch einen rechteckigen Baukörper abgeschlossen werden. Die Mäander sind wiederum mit zurückgesetzten Zwischengeschossen so gegeneinander gedreht und gestapelt, dass sich Durchblicke zum jeweils gegenüberliegenden Hallenraum ergeben. Trotz der Dimension des Bankgebäudes entstehen durch offene Terrassen immer wieder visuelle Beziehungen, die das Gefühl einer Gemeinschaft entstehen lassen und Orientierung, Maßstäblichkeit und Identifikation vermitteln. Die modular aufgebauten Arbeitswelten erzeugen Zugehörigkeit, die aber auch noch die Wahrnehmung des Ganzen erlaubt.
Unser konzeptionelles Leitbild war die Vorstellung eines horizontal wie vertikal fließenden Raumgefüges, das sich auch in der chinesischen Kalligrafie wiederfindet. Die weiße Bildfläche ist dabei ebenso bedeutend wie der schwarze Pinselstrich, der Stellenwert des Hallenraums ist ebenso groß wie der des ihn umschließenden Baukörpers.
Da sich die Bank vorrangig nachhaltigen Projekten widmet, die erneuerbare Energien, nachhaltige Wasserwirtschaft und Green Economy in den Fokus stellen, lag es nahe, diese Technologien in den Bau einzubeziehen. So wurden auf den Dachflächen Photovoltaikelemente installiert. Im Untergeschoss befindet sich eine geothermische Anlage. Die Gebäudehülle der Büros wurde als klimaaktive, zweischichtige Fassade mit innenliegendem Sonnenschutz ausgeführt. Bei dieser Fassadentechnik wird die Energie der verbrauchten Raumluft durch den Fassadenzwischenraum geleitet, um fassadennahe Wärme- und Kältelasten zu reduzieren. Auf diese Weise können große Glasflächen realisiert werden, die im Sommer gekühlt und im Winter erwärmt werden. Den inhaltlich wie atmosphärisch wichtigsten Beitrag stellen die auf verschiedene Decks verteilten „Gärten der Welt“ dar. Sie illustrieren den internationalen Charakter der Bank und bilden zugleich eine grüne Oase inmitten der Megastadt Peking. So finden sich in der AIIB kakteenbestandene Wüsten ebenso wie üppige Bambuslandschaften, die durch die Offenheit der Raumkonzeption weithin sichtbar sind. Die Decks dienen als informeller Treffpunkt, aber auch als offene Besprechungsbereiche bis hin zu Flächen für Feste, wie wir sie hier als Büro im letzten Jahr bereits feiern konnten.
Die Wahrnehmung der Atrien wird tagsüber durch das über die großformatig verglasten Fassaden und Dächer natürlich einfallende Licht bestimmt. In den Abendstunden entsteht eine besondere Lichtstimmung über die präzise auf die Untersichten ausgerichtete Beleuchtung, die mit den sanft schimmernden Laternen zusammenwirkt.
Eine baulogistische Herausforderung stellte die Einbringung der großen Bäume aus den verschiedenen asiatischen Mitgliedsländern der Bank dar, die während des Bauprozesses gepflanzt und über die Bauzeit bewässert und belichtet werden mussten. Bäume und Gärten werden durch das auf den Dachflächen anfallende und in Zisternen gesammelte Regenwasser bewässert.
Der knappe Zeitrahmen von vier Jahren vom Wettbewerb bis zum fertiggestellten Bauwerk verlangte eine Konstruktion, die einen schnellen Baufortschritt garantiert. So ist das Tragwerk inklusive seiner sechzehn Gebäudekerne komplett aus Stahl gebaut, mit dem sich auch die großen Spannweiten der brückenartigen Konstruktion über den Gärten realisieren ließen.
Ganz ohne Pannen ging es am Ende jedoch nicht. Eine Ecke der Unterseite des im Zentrum des zentralen Atriums ruhenden Felsens ragte nach Befüllung des ihn umgebenden Wasserbeckens aus der Wasserfläche hervor, so dass sich der Eindruck eines aus dem Gewässer emporwachsenden Massivs ganz und gar nicht einstellen wollte. Bewegt oder versetzt werden konnte er nicht mehr und so mussten die in der Kunst der Nachbildung unübertroffenen Chinesen einen Teil des Felsens ergänzen.
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