Audimax der TU Braunschweig
Das Audimax von Friedrich Wilhelm Kraemer, einem Gründer der Braunschweiger Schule, blickt auf ein wechselhaftes Erscheinungsbild zurück. Nun wurde das Gebäude behutsam saniert und wartet auf eine Rückkehr der Lehre vor gefüllten Reihen.
Text: Crone, Benedikt, Berlin
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Das Audimax der TU Braunschweig mit einer Wandinstallation von Hans Arp.
Foto: Heinrich Heidersberger (#885_5), TU Braunschweig, Audimax, 1960
Das Audimax der TU Braunschweig mit einer Wandinstallation von Hans Arp.
Foto: Heinrich Heidersberger (#885_5), TU Braunschweig, Audimax, 1960
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Kraemers Ensemble wenige Jahre vor der Sanierung: Bibliothek, Forumsscheibe, Audimax-Kubus.
Foto: Benedikt Hotze
Kraemers Ensemble wenige Jahre vor der Sanierung: Bibliothek, Forumsscheibe, Audimax-Kubus.
Foto: Benedikt Hotze
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Die Westseite des Audimaxgebäudes nach der Sanierung.
Foto: Bernd Rodrian
Die Westseite des Audimaxgebäudes nach der Sanierung.
Foto: Bernd Rodrian
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Im Hörsaal wurde die Bestuhlung und, für eine bessere Raumakustik, die Unterdeckenkonstruktion erneuert.
Foto: Bernd Rodrian
Im Hörsaal wurde die Bestuhlung und, für eine bessere Raumakustik, die Unterdeckenkonstruktion erneuert.
Foto: Bernd Rodrian
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Der Kubus mit Wolkeninstallation und Aluminium-Glas-Fassade.
Foto: Bernd Rodrian
Der Kubus mit Wolkeninstallation und Aluminium-Glas-Fassade.
Foto: Bernd Rodrian
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Blick entlang der sanierten Kolonnade. Außen konnten an der Decke die Leistengegen neue Holzleisten getauscht werden, innen musste auf Kalziumsilikatleisten zurückgegriffen werden.
Foto: Bernd Rodrian
Blick entlang der sanierten Kolonnade. Außen konnten an der Decke die Leistengegen neue Holzleisten getauscht werden, innen musste auf Kalziumsilikatleisten zurückgegriffen werden.
Foto: Bernd Rodrian
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Im Foyer heute: Die Leisten wurden ausgetauscht, LED-Punktleuchten angebracht und die Technik unter der Decke versteckt.
Foto: Bernd Rodrian
Im Foyer heute: Die Leisten wurden ausgetauscht, LED-Punktleuchten angebracht und die Technik unter der Decke versteckt.
Foto: Bernd Rodrian
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Im Foyer früher
Foto: Heinrich Heidersberger (#885_21), TU Braunschweig, Audimax, 1960
Im Foyer früher
Foto: Heinrich Heidersberger (#885_21), TU Braunschweig, Audimax, 1960
Das Studium ist eine Zeit des genauen Studierens. Erstaunlicherweise ist jedoch vielen das Haus, in dem sie sich mit ihrem Studienobjekt beschäftigt haben, nur in nebulöser Erinnerung. Oder haben Sie noch Details Ihrer Hochschule vor Augen, die Lesetische in der Bibliothek, die Fensterleibungen im Seminarraum? Sind es nicht eher der Kaffeeautomat und die WG-Gelage?
Anders beim Audimax, dem repräsentativen Hochschulraum, der häufiger mit erinnerungswürdigen Details versehen wurde. Beim 1961 fertiggestellten Audimax der TU Braunschweig, ein bedeutendes Werk der Braunschweiger Schule von Friedrich Wilhelm Kraemer, das nun von Krekeler Architekten saniert wurde, sind diese zahlreicher, als es der erste Eindruck suggerieren mag: die schlanken Stützen der Kolonnade, das offene Foyer, die den Hörsaal und seine rote Bestuhlung erhellenden Glas-Fassaden und natürlich: die Wolken, eine Wandinstallation von Hans Arp.
Kraemer, der sich als Industriearchitekt im Dritten Reich einen Namen machte, wurde nach dem Krieg in Braunschweig Oberbaurat und Hochschullehrer. 1960 gründete er mit Ernst Sieverts und Günter Pfennig das Büro KSP. Vor dem 1877 errichteten Hauptgebäude der TH Braunschweig entwarf Kraemer leicht versetzt einen Forumsplatz, der von drei Gebäuden mit Kolonnade umgrenzt werden sollte: das Auditorium als Kubus, der Forumsbau als Scheibe und eine zylindrische Bibliothek. Anregungen für den Dreiklang aus Würfel, Scheibe und Zylinder fand Kraemer bei Reisen in Skandinavien und den USA, wo er auch Werke von Hans Arp studieren konnte. Zum Braunschweiger Campus sollte Arp dann auch einen Beitrag leisten – mit der Wandinstallation an der Westseite des Audimaxes. Wer auf frühe Fotos blickt, wird stutzen: Es befinden sich weiße Scheiben auf dunklem Grund. Heute schweben dagegen schwarze Wolken auf einer hellen Fassade. Hinter dem Farbwechsel steckt kein grober Sanierungspatzer, sondern eine Entscheidung Kraemers. Da sich am Audimax-Gebäude Schäden abzeichneten – vermutlich aufgrund thermischer Spannungen – verzichtete Kraemer beim 1970 folgenden Bibliotheksbau auf die geplante dunkle Farbgebung. Im Sinne des Ensembles wünschte er dann auch eine Farbänderung des Audimax-Gebäudes und der Wolken – in Abstimmung mit der Witwe Arps. Es ist daher nachvollziehbar, dass Denkmalschutz, Bauherr und Architekten gemeinsam beschlossen, die helle Farbe beizubehalten, auch wenn man bei den alten Fotos nicht ganz ohne Bedauern auf den dunklen und kontraststark aus der Dachterrasse ragenden Kubus blickt.
Bei der Sanierung hatten Krekeler Architekten Denkmal-, Brand- und Wärmeschutz zu balancieren. Auf dem Kubus wurde ein Wärmedämmputz aufgebracht, in dem die Fugen wieder so gezogen werden konnten, dass weiterhin Kraemers Rasterliebe die Fassade strukturiert. Zuvor musste eine asbesthaltige Spachtelmasse aus den siebziger Jahren entfernt und die korrodierten Bewehrungen gereinigt werden. Auch die Betonwerksteinoberflächen an Stützen und Brüstung wurden behutsam restauriert. Dankbar waren die neun Meter hohen Glas-Aluminium-Fassaden, die bereits über Eigenschaften verfügten, die eine Modernisierung nach heutigen Anforderungen erleichterten, darunter eine 1-Zentimeter dicke, als Schallschutz fungierende Außenscheibe. Die Konstruktion konnte händisch entfernt, gereinigt und wieder eingebaut werden. Im Foyer wurde die Decke von Stableuchten, allerlei Kabeln und Schildern befreit, wodurch sich eine Raumweite ungestört bis auf den Forumsplatz entfaltet. Allerdings mussten innen zwecks Brandschutz die Holzleisten gegen Kalziumsilikatleisten in Holzoptik getauscht werden, was Unwissenden nicht auffallen wird. Betritt man den Hörsaal, öffnet sich hinter der hölzernen Hörmuschel der Blick auf den farblichen Höhepunkt des Gebäudes: die rote Bestuhlung. Hier erhielt überraschenderweise wieder die Firma den Zuschlag, die bereits den Bezug vor 60 Jahren angefertigt und sogar noch ein altes Muster vorliegen hatte. Doch Krekeler Architekten und Denkmalschutz entschieden sich gegen eine Wiederherstellung: der alte Farbton mit seinem Curry-Touch war zu sehr ein Kind seiner Zeit, aber nicht mehr der heutigen.
Mit solchen Abwägungen ist eine Sanierung gelungen, die das Gebäude wieder als einen hellen und offenen Hochschulbau erscheinen lässt, einem Werk der Nachkriegsmoderne ebenso angemessen wie einem Audimax der Gegenwart. Nun wäre der nächste konsequente Schritt die Sanierung des Forumsplatzes – im Sinne des Ensembles. Ideen von Studierenden liegen vor.
Fakten
Architekten
Krekeler Architekten Generalplaner, Braunschweig; Kraemer, Friedrich Wilhelm (1907–1990)
Adresse
Universitätspl. 2, 38106 Braunschweig
aus
Bauwelt 11.2021
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