Darwinʼs Theatre
BABL at Work
Text: Drewes, Frank F., Bielefeld
Darwinʼs Theatre
BABL at Work
Text: Drewes, Frank F., Bielefeld
BABL ist das Akronym aus Bakker & Blanc architectes, dem in Lausanne und Zürich ansässigen Büro von Marco Bakker und Alexandre Blanc. Im Gegensatz zu Basel, Zürich und Graubünden erfährt die Architektur des französischsprachigen Teils der Schweiz weniger Aufmerksamkeit – abgesehen von den international rezipierten Prestigeprojekten in Lausanne. 1992 in Fribourg gegründet, zog das Büro erst nach Biel und schließlich nach Lausanne, wo die beiden Partner an der EPF lehren. Die Projekte von BABL liegen auch größtenteils im französischen Teil der Schweiz und zeichnen sich durch kontextuelle Zurückhaltung aus. Viele der Projekte, vor allem in der Anfangszeit, sind Bauten im Bestand. Für Bakker & Blanc ist diese Typologie eine Frage von Fingerspitzengefühl und weniger der Ort für kernige „Innovationen“. Somit ist die Architektur von BABL in erster Linie von Angemessenheit geprägt und immer projektspezifisch. Es gibt keinen Bürostil, der alle Bauten wie ein roter Faden durchzieht, aber es gibt eine klare Haltung, die mit evolutionär umschrieben werden kann. Die Projekte dieses Büros bauen aufeinander auf, und ein „Repertoire“ ergibt sich aus dem Erfahrungsschatz, der mit jedem Projekt wächst.
Diese schwergewichtige Monographie greift den Gedanken der Evolution im Sinne Darwins auf und bezieht sich ebenso auf den Turmbau zu Babel, an den das Akronym BABL natürlich erinnert. Auf luxuriösen gut 600 Seiten werden 34 Projekte aus 28 Jahren ausgebreitet. In umgekehrter Chronologie führt der Weg über die neuesten Projekte zurück zu den Wurzeln. Darwinʼs Theatre ist eine Wunderkammer von Buch; schon das Cover erinnert eher an Brockhaus als an gängige Architekturbücher. Der Wunderkammeraspekt entsteht durch die geradezu kuratierte Darbietung. Kuratieren ist dieser Tage wahrlich überstrapaziert, trifft hier aber doch die virtuos abgestimmte Auswahl und Darbietung der Illustrationen. Jedes Projekt wird mit einem klassischen Referenzbild eingeleitet. Das kann ein Kupferstich sein, ein historisches Foto oder ein mittelalterliches Ölgemälde, aber allemal eine ästhetische Zäsur zum vorhergehenden Projekt. Die Texte sind auf das Elementarste beschränkt, auf zartem Papier gedruckt und frei von jeglicher akademischer Überhöhung. Die Fotos, Pläne und Referenzen sind dermaßen reichhaltig und abwechslungsreich arrangiert, dass auch nach 600 Seiten keine Ermüdung oder Routine aufkommt. Die Fotos changieren zwischen Detail und Übersicht, groß und klein, Schwarzweiß und Farbe, ohne einem vorhersehbaren Muster zu folgen. Die Pläne sind reduziert, gestochen klar und werden fein dosiert eingesetzt, so dass niemals der Eindruck eines Systems entsteht.
Auch wenn Darwinʼs Theatre deutliche Parallelen zu einem Kunstbuch aufweist, so handelt es sich eindeutig um ein Architekturbuch, das inspiriert und in andere Welten entführt. Letztendlich legt es Beweis davon ab, dass das Schöne häufig im Einfachen und Gewohnten liegt. Es bedarf natürlich des analytischen Blicks und des Talentes der Umsetzung, aber Darwinʼs Theatre ist kein Buch mit sieben Siegeln.
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