Nach dem Museumsbesuch: Nachbarschaft erkunden
Sächsische Industriearchitektur in Chemnitz
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
Nach dem Museumsbesuch: Nachbarschaft erkunden
Sächsische Industriearchitektur in Chemnitz
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
Lange bevor aus dem im Krieg stark zerstörten Chemnitz eine sozialistische Musterstadt mit dem Namen Karl-Marx-Stadt wurde, war das „sächsische Manchester“ bereits eine erfolgreiche Industriemetropole.
Der Erfindergeist der Sachsen ist legendär und zeigt sich an bahnbrechenden Neuerungen wie dem mechanischen Webstuhl oder der Spiegelreflexkamera. Eine florierende Fahrzeug- und Maschinenbauindustrie, vor allem aber die Textilindustrie machten Chemnitz um 1900 zu einer der reichsten Städte Deutschlands. Viele der damaligen Unternehmer prägen das Bild der Stadt mit ihren Bauten bis heute.
Da ist zum Beispiel die Fabrikantendynastie Esche. Bereits im 18. Jahrhundert beförderte sie den Aufstieg von Chemitz zum führenden Zentrum der deutschen Strumpfherstellung – mit einem Strumpfwirkstuhl, der nach englischem Vorbild entwickelt war (eine frühe Form von Industriespionage). Sie hinterließ der Stadt allerhand Architektur: einen heute als Sozialamt genutzten imposanten Fabrikbau aus dem Jahr 1886 – eine der frühen „Kathedralen der Industrie“ –, einen expressionistisch angehauchten Fabrikbau (1923) und eine Fabrikantenvilla von Henry van de Velde, die zu den Inkunabeln der Moderne gehört.
Im Industriemuseum Chemnitz ist jetzt eine Ausstellung zur „Industriearchitektur in Sachsen“ zu sehen, die erfolgreiche Umnutzungen, aber auch zunehmenden Verfall oder gar Abriss von Industriebauten beleuchtet. Die Schau überzeugt vor allem mit den hervorragenden Fotos von Bertram Kober. Die Bandbreite der Bauten reicht von der zur Seniorenresidenz umgebauten Spinnerei der Gebrüder Bernhard aus dem späten 18. Jahrhundert in Chemnitz-Harthau – hier nahm die industrielle Revolution in Sachsen ihren Ausgang – bis zur „Zeitenströmung“, einem Gebäude-Ensemble des früheren VEB Strömungsmaschinenwerk in Dresden, heute Oldtimer-Werkstatt und Eventzentrum.
Von jeher ist es üblich, für weiterentwickelte technische Anlagen auch neue Gebäude zu errich-ten, die die historischen Bauten obsolet werden lassen. Das unmittelbare Umfeld des Industriemuseums, das in einer alten Gießerei untergebracht ist, veranschaulicht dies eindringlich: Neben dem Museum
befindet sich eine Kartonagenfabrik, die mit dem großen Schriftzug „seit 1882“ auf ihr respektables Gründungsdatum verweist, aber in einer mit Blech verkleideten Fabrik-Kiste neuerer Bauart residiert. Ohnehin ist es überaus lohnend, die Umgebung des Museums zu erkunden. Die Gegend gleicht einem Freilichtmuseum der Industriearchitektur mit historischen Bauten in den unterschiedlichsten Zuständen zwischen Verfall und Umnutzung: Von den weitgehend leer stehenden ehemaligen Wanderer-Werken bis hin zum legendären Stern-Garagenhof (1928), einer Hochgarage mit Tankstelle und integrierten Fremdenzimmern im Stil der klassischen Moderne, den inzwischen ein Automobil-Museum und ein Möbelladen nutzen.
Gegenüber vom Industriemuseum befindet sich die ehemalige Textilfabrik Sigmund Goeritz. Das durch figurformende Damenstrickunterwäsche –„Venus macht schlank“ – bekannt gewordene Familienunternehmen war in der Zeit der Weimarer Republik ein führender Trikotagen-Hersteller. Vor allem der Torso gebliebene monumentale Erweiterungsbau von Hans Poelzig (1926) ist seit Jahren ein beliebtes Objekt für bauhistorische Forschungen und hochfliegende Investorenträume. Doch selbst bei diesem Architektur-Highlight blieben alle Bemühungen, den ruinösen Bau zu erhalten, bislang erfolglos.
Da ist zum Beispiel die Fabrikantendynastie Esche. Bereits im 18. Jahrhundert beförderte sie den Aufstieg von Chemitz zum führenden Zentrum der deutschen Strumpfherstellung – mit einem Strumpfwirkstuhl, der nach englischem Vorbild entwickelt war (eine frühe Form von Industriespionage). Sie hinterließ der Stadt allerhand Architektur: einen heute als Sozialamt genutzten imposanten Fabrikbau aus dem Jahr 1886 – eine der frühen „Kathedralen der Industrie“ –, einen expressionistisch angehauchten Fabrikbau (1923) und eine Fabrikantenvilla von Henry van de Velde, die zu den Inkunabeln der Moderne gehört.
Im Industriemuseum Chemnitz ist jetzt eine Ausstellung zur „Industriearchitektur in Sachsen“ zu sehen, die erfolgreiche Umnutzungen, aber auch zunehmenden Verfall oder gar Abriss von Industriebauten beleuchtet. Die Schau überzeugt vor allem mit den hervorragenden Fotos von Bertram Kober. Die Bandbreite der Bauten reicht von der zur Seniorenresidenz umgebauten Spinnerei der Gebrüder Bernhard aus dem späten 18. Jahrhundert in Chemnitz-Harthau – hier nahm die industrielle Revolution in Sachsen ihren Ausgang – bis zur „Zeitenströmung“, einem Gebäude-Ensemble des früheren VEB Strömungsmaschinenwerk in Dresden, heute Oldtimer-Werkstatt und Eventzentrum.
Von jeher ist es üblich, für weiterentwickelte technische Anlagen auch neue Gebäude zu errich-ten, die die historischen Bauten obsolet werden lassen. Das unmittelbare Umfeld des Industriemuseums, das in einer alten Gießerei untergebracht ist, veranschaulicht dies eindringlich: Neben dem Museum
befindet sich eine Kartonagenfabrik, die mit dem großen Schriftzug „seit 1882“ auf ihr respektables Gründungsdatum verweist, aber in einer mit Blech verkleideten Fabrik-Kiste neuerer Bauart residiert. Ohnehin ist es überaus lohnend, die Umgebung des Museums zu erkunden. Die Gegend gleicht einem Freilichtmuseum der Industriearchitektur mit historischen Bauten in den unterschiedlichsten Zuständen zwischen Verfall und Umnutzung: Von den weitgehend leer stehenden ehemaligen Wanderer-Werken bis hin zum legendären Stern-Garagenhof (1928), einer Hochgarage mit Tankstelle und integrierten Fremdenzimmern im Stil der klassischen Moderne, den inzwischen ein Automobil-Museum und ein Möbelladen nutzen.
Gegenüber vom Industriemuseum befindet sich die ehemalige Textilfabrik Sigmund Goeritz. Das durch figurformende Damenstrickunterwäsche –„Venus macht schlank“ – bekannt gewordene Familienunternehmen war in der Zeit der Weimarer Republik ein führender Trikotagen-Hersteller. Vor allem der Torso gebliebene monumentale Erweiterungsbau von Hans Poelzig (1926) ist seit Jahren ein beliebtes Objekt für bauhistorische Forschungen und hochfliegende Investorenträume. Doch selbst bei diesem Architektur-Highlight blieben alle Bemühungen, den ruinösen Bau zu erhalten, bislang erfolglos.
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