Bauwelt

Das Bürgerbad Schwerte im Elsetal


Das Freibad schließen? „Nicht mit uns!“, sagten die Schwerter Bürger und organisierten das erste Bürgerbegehren Nordrhein-Westfalens. Seit über zwanzig Jahren betreibt nun eine engagierte Gruppe das Bad in Eigenregie, mit vielschich­tigem Programm und breiter Unterstützung der Bevölkerung


Text: Gehm, Kristin; Bittner, Franziska, Berlin


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    Das Elsebad nach dem Umbau. Die bestehenden Gebäude wurden mit einer Freizeitarchitektur überbaut.
    Foto: Oskar Neubauer

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    Das Elsebad nach dem Umbau. Die bestehenden Gebäude wurden mit einer Freizeitarchitektur überbaut.

    Foto: Oskar Neubauer

Vor 23 Jahren hätte wohl kaum jemand für möglich gehalten, dass man heute im Elsebad Schwerte noch baden kann. Als die Stadt Ende der achtziger Jahre ein neues Bäderkonzept entwickelte, war darin aus Kostengründen für das 1938 eröffnete Freibad kein Platz mehr. Anfang der Neunziger musste das Traditionsbad schließen. Was folgte, hatte die Stadt so nicht erwartet: Der Protest war riesig, die Initiative „Trägerkreis für die Wiedereröffnung des Freibads Elsetal“ sammelte in nur vier Wochen 10.000 Unterschriften. Damit wurde das erste Bürgerbegehren Nordrhein-Westfalens möglich. Mit Erfolg: bereits ein Jahr später beschloss der Stadtrat, das Freibad wieder zu eröffnen und städtisch zu fördern – vorausgesetzt, es fände sich ein privater Träger.
Der daraufhin gegründete Förderverein „Bürgerbad Elsetal e.V.“ zählte schon nach einem Jahr 500 Mitglieder. Ehrenamtlich entwickelte er eine fundierte Planung für die nötige Erneuerung und den Umbau des Bads sowie ein Betriebskonzept. Und entschied sich für einen zuverlässigen Betreiber: sich selbst. Um das Haftungsrisiko der Beteiligten, gerade auch als Bauherren, so gering wie möglich zu halten, wurde die „gemeinnützige Elsebad Betriebs GmbH“ gegründet, deren Hauptgesellschafter der Förderverein ist. Mit einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen wie dem „Trockenanbadefest“ oder dem gemeinsam mit Sportvereinen organisierten „Laufen für das Elsebad“ konnte ausreichend Startkapital eingeworben werden. Nachdem viele Kritiker es zu Beginn nicht für möglich gehalten hatten, dass Bürger ehrenamtlich ein so großes Vorhaben stemmen könnten, verschwand mit zunehmendem Erfolg die Skepsis gegenüber dem Projekt.
Mit Hilfe von etwa 100 Freiwilligen wurde das Freibad schließlich umgebaut und erneuert. Da die alten, einzelnstehenden Gebäude im Landschaftsschutzgebiet des Elsetals nicht abgerissen werden durften, wurden sie mit einer Freizeitarchitektur in Holzständer-Technik überbaut. Die Finanzierung konnte dabei auf verschiedene Säulen bauen: Ein Erbbauvertrag mit der Stadt Schwerte sichert dem Verein bis 2049 das Bad, für dessen Pflege und Nutzung er im Gegenzug verantwortlich ist. Neben einem einmaligen Baukostenzuschuss von 850.000 DM sagte die Stadt einen jähr­lichen Betriebskostenzuschuss von 100.000 DM zu. 1997 wurden zudem Landesmittel in Höhe von 337.000 DM bewilligt. Einen Teil der Gebäude finanzierte die DLRG, die darum mit sieben Prozent am Erbbauvertrag beteiligt ist. Die für die Baukosten von zwei Millionen DM noch fehlenden Mittel konnten durch Spenden und ehrenamtliche Arbeit erbracht werden. Eine große Hilfe war die Arbeit von drei Architekten: Ganze 125.000 DM wurden durch ehrenamtliche Planungsleistungen eingespart, die der damals gerade in den Ruhestand eingetretene Architekt Philipp Lambert gemeinsam mit seiner Tochter Maike und seinem Schwiegersohn Can Yeger erbrachte. So konnte schon 1998 der Betrieb wieder aufgenommen werden.

Neues, altes Elsebad

Seit der Wiedereröffnung des Freibades geht es darum, den Erhalt zu sichern. Dafür ist eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit notwenig. An­geboten werden viele sportliche und kulturelle Aktivitäten: Wassergewöhnungs- und Seepferdchenkurse, Aqua-Jogging und Aqua-Zumba, ein 24-Stunden-Schwimmen der DLRG und ein Hundeschwimmen. Darüber hinaus werden Open-Air-Kinoabende und Familienzeltlager organisiert. Auf der ehemaligen „Knutschwiese“ wurde gemeinsam mit dem Ruhrtalmuseum ein Holzhüttendorf für Kinderfreizeitprogramme errichtet. Im Winter findet dort ein Nikolausmarkt statt. Bei solchen Aktionen geht es den Betreibern auch um Nachwuchspflege – denn Kinder, deren Ferienprogramm im Bad stattfindet, kommen vielleicht zum Baden wieder.
Aktuell zählt der Förderverein rund 850 Mitglieder. Ihre Beiträge werden gemeinsam mit den Eintrittsgeldern, den Gewinnen aus dem Kioskverkauf und ab 2016 einem städtischen Zuschuss von jährlich 60.000 Euro für den Badbetrieb verwendet. Derzeit sind ca. 130 Ehrenamtliche tätig. Ihre „Arbeitsspende“ von etwa 6000 Stunden im Jahr entspricht einem materiellen Wert von fast 80.000 Euro. Sie helfen an der Kasse, bei den Grünan­lagen, dem Mülldienst, der Gestaltung von Zeitschriften und Broschüren und im Kiosk, der nach einer Verpachtung seit 2014 ebenfalls vom Verein geführt wird. Die Menschen im Vorstand des Fördervereins und in der Geschäftsführung der gGmbH entwickeln gemeinsam mit einer „guten Mischung aus Spinnern und Realisten“, wie man selbst sagt, immer wieder neue Ideen, um das Bürgerbad als einen besonderen Ort zu erhalten – und setzen sie in die Tat um. Damit ist das Elsebad ein Vorreiter, der in den Jahrzehnten seines Betriebs viele der inzwischen 400 deutschen Bürgerbäder inspiriert hat. Um sie besser zu vernetzen, wurde 2014 im Elsebad der Bundesverband „Netzwerk Bürgerbäder e.V.“ gegründet.




Adresse Am Winkelstück 113, 58239 Schwerte


aus Bauwelt 24.2016
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