Neues Rautenstrauch-Jost-Museum
Völkerkunde digital
Text: Maier-Solgk, Frank, Düsseldorf
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Rheinisches Bildarchiv, Köln
Rheinisches Bildarchiv, Köln
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Aushängeschild des neuen Kölner Rautenstrauch-Jost-Museums ist ein Yamsspeicher aus Neuguinea. Gut 5,40 Meter lang, hängt er von der Decke und präsentiert sich, nachts beleuchtet, den Passanten durch ein Panoramafenster.
Gegenüber seinem Ursprungsszustand ist er in seine hölzernen Teile zerlegt, auseinandergezogen, „dekonstruiert“. Die Botschaft ist: Wir präsentieren keine vermeintlich vorgegebene Kultur, sondern analysieren und vergleichen. Es ist die museale Selbstreflexion, die hier mit allen Mitteln inszeniert wird. Gemeinsam mit dem Atelier Brückner haben die Kuratoren die Präsentation der reichen völkerkundlichen Sammlung grundsätzlich umgestaltet; das Ergebnis ist weniger eine Abfolge von Räumen denn eine von Bühnenbildern.
Zunächst erlebt der Besucher jedoch einen Museumsneubau, der sich als wortkarger Widerpart zum Interieur präsentiert. Er entstand anstelle der 2002 abgerissenen Joseph-Haubrich-Kunsthalle nach Plänen des Braunschweiger Büros Schneider + Sendelbach, die vor 14 Jahren einen entsprechenden Wettbewerb gewonnen hatten (Bauwelt 07.1997). Drei 24 Meter hohe Riegel aus Stahlbeton sind mit Torfbrandziegeln ummantelt, die in ihrer dunklen Durchgängigkeit mehr Hermetik als eine offene Geste gegenüber dem Publikum signalisieren. Zwei gläserne Lichtfugen gliedern die Fassade der Eingangsseite; die schmalere macht ein Treppenhaus sichtbar, die breitere führt in ein weiträumiges, angenehm helles und von einem Glasdach überspanntes Foyer. Mit den auch hier eingesetzten Klinkerwänden verströmt es allerdings die Atmosphäre eines Verwaltungsbaus, woran auch der große Reisspeicher nichts ändert. Geradeaus führen Aufzüge zum neuen „Junior-Museum“, links geht es in den ebenfalls neuen, mit bedrucktem Verbundglas ummantelten Erweiterungsbau des Schnütgen-Museums für mittelalterliche Skulptur, weiter rechts in den 1300 m² großen Wechselausstellungssaal. Davor noch betritt man das Entrée des RJM, das auf drei Ebenen nun 2000 seiner bedeutenden, 60.000 Objekte umfassenden Sammlung zeigen kann.
Atelier Brückner kam zugute, dass die Präsentation der Sammlung nicht mehr entlang der üblichen geografischen Großräume erfolgt, sondern einen thematisch orientierten Rundgang anbieten soll. Auf diesem werden Themen wie Wohnen, Tod, Fremdheit und der „menschliche Körper als Bühne“ kulturübergreifend miteinander verglichen. Dies bietet große inszenatorische Spielräume – aber auch die Gefahr der Beliebigkeit. In Köln wechseln helle und nachtschwarze Räume, auch die grafische Gestaltung variiert. Von multimedialen Rauminstallationen bis zu klassischer Objektpräsentation in Vitrinen wird das gesamt Spektrum durchgespielt, häufig als Kombination von Objekten und ihrer Kontextualisierung mittels großflächiger Videos. Der Saal zum Thema Tod, den man durch ein Netz aus weißen Fäden betritt, ist ganz in Weiß gehalten. Im Saal „Ansichtssachen: Kunst“ wird den in Vitrinen präsentierten Skulpturen ihre ästhetische Aura belassen, durch Berührung des Glases können erläuternde Texte aufgerufen werden. Manche Elemente wie etwa die kleinen, in den Boden eingelassenen und aufklappbaren Grabkammern mit Puppen dürften besonders Kindern gefallen. Ein Raum im Empirestil mit großem Lüster verzweigt sich – Stichwort Kolonialisierung – zu einzelnen Kabinetten, die das Wohnen in den Tipis der Blackfootindianer oder in den Zelten der Tuaregs im Niger präsentieren. Eine abwechslungsreiche, insgesamt stark changierende Dramaturgie, die nicht zuletzt auch dem Ziel dient, neue Publikumsschichten anzusprechen.
Einen Kontrast hierzu bietet das erweiterte Schnütgen Museum nebenan, dessen disparate Baukörper – die romanische Cäcilienkirche, der Anbau aus den 1950 Jahren von Karl Band und der neue Anbau – einen zurückhaltenden Hintergrund vor allem für die mittelalterlichen Skulpturen abgeben. Die Besonderheit ist hier die architektonische „Grundierung“, d.h. die durch die transluzente Außenhaut des Anbaus bzw. der Südfenster des Verbindungsgangs ermöglichte Präsentation der fulminanten Glasmalerei. Wo sonst kann man auf Augenhöhe dieser mittelalterlichen Kunst begegnen, die erst durch Tageslicht ihre Wirkung entfaltet?
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