Der Prozess
Die Realisierung der Berliner Bauakademie lässt auf sich warten, da die Frage nach dem Inhalt weiterhin ungeklärt ist. Können nun die Ergebnisse des Programmwettbewerbs endlich eine klare Antwort geben?
Text: Thein, Florian, Berlin
Der Prozess
Die Realisierung der Berliner Bauakademie lässt auf sich warten, da die Frage nach dem Inhalt weiterhin ungeklärt ist. Können nun die Ergebnisse des Programmwettbewerbs endlich eine klare Antwort geben?
Text: Thein, Florian, Berlin
Architektur erwächst in der Regel aus dem Bedarf. Brauchen Menschen Obdach, heißt die gebaute Lösung Wohnung; wird ein Ort für die Abwicklung des Luftverkehrs benötigt, entsteht im besten Falle ein Flughafen. Bei der Schinkelschen Bauakademie ist diese gängige Praxis umgekehrt. Seit der Bundestag ihre Wiedererrichtung beschlossen und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt hat, ist klar: es wird ein Gebäude geben, nur der Bedarf muss noch gefunden oder generiert werden. Ein solch retroaktives Verfahren ist in Berlin kein Novum – man kennt das vom eilig hingeworfenen Stadtschloss, das anschließend mühsam gefüllt werden wollte. Derlei Schlossprobleme sollen bei der Bauakademie tunlichst vermieden werden, weshalb in drei vom Bundesbauministerium initiierten Dialogverfahren nach einem tragfähigen Nutzungskonzept gesucht wurde. Das Ergebnis war eine große, durchaus konsensfähige Bandbreite an Aspekten rund um das Thema Architektur, oder wie Senatsbaudirektorin Regula Lüscher erläutert: “Ein Ort an dem man über Architektur und Städtebau sehr international und mit Ausstrahlung diskutieren sollte, ein Ort des Nukleus, auch der Innovation, der offen ist für die Bürger und Bürgerinnen.“
Function follows form follows function?
Als Grundlage für die Auslobung eines Realisierungswettbewerbs schien das den Verantwortlichen dann wohl doch zu schwammig, so dass man dem Realisierungswettbewerb einen offenen Programmwettbewerb unter dem Motto „So viel Schinkel wie möglich!“ voranstellte. Teilnahmeberechtigt waren Ausstellungsmanager und Architekten, möglichst in interdisziplinärer Kooperation.
Wer sich nun eine eindeutige Aussage aus dem bundesweit bislang einmaligen Verfahren erhofft hatte, wurde enttäuscht. Die Jury unter Vorsitz des parlamentarischen Staatssekretärs Florian Pronold entschied sich, fünf gleichwertige erste Preise und vier Anerkennungen zu vergeben.
Obwohl es nur um Inhalte gehen sollte, gießt dennoch nahezu jeder der Beiträge das Programm in eine Form. Was man als klassische Themaverfehlung deuten könnte, mag Indikator dafür sein, dass Form und Funktion nun mal nicht unabhängig voneinander gedacht werden können, oder auch, dass Architekten qua ihrer Profession einfach bessere Problemlöser als Aufgabensteller sind. Was die Jury als Würdigung der „thematischen Breite der herausragenden Konzepte“ verkauft, stellt sich bei näherer Betrachtung als genau das Dilemma heraus, das auch schon die Dialogverfahren begleitete. Die Akzeptanz einer Architekturinstitution mit internationaler Strahlkraft ist unstrittig und bei der inhaltlichen Ausrichtung geht es um Detailfragen, aber das große Ganze wird von der Form bestimmt und sie ist es, die letztlich in mindestens zwei Lager spaltet. Mit einer Preisverteilung nach Gießkannenprinzip vermeidet es die Jury hier bewusst, Stellung zu beziehen, dabei ist unter den prämierten Arbeiten im Subtext jede formale Haltung zur Bauakademie von maximal Rückwärtsgewandt bis utopisch Visionär zu finden. Am einen Ende der Skala treten Beate Engelhorn und Limited Edition Architecture den Beweis an, dass sich Multifunktionszone, Ausstellung und Lager in den weitgehend ursprünglich belassenen Akademiegrundriss quetschen lassen. Etwas weniger sklavisch packt die Arge Ulrich Müller mit AFF Architekten ihr vernetztes Programm in die rekonstruierte Kubatur. Das Büro merz merz umreißt seine Vorstellung eines Programms piktogrammartig, formuliert aber auch eine Abkehr von der reinen Rekonstruktion in Form eines „historischen Stempels“, der Teile des DDR-Außenministeriums lesbar machen soll. Ein Eingriff in den Schinkelplatz, den die Jury allerdings als zu radikal einstuft. Auch studioeuropa mit Fopp Zaugg greift das abgerissene Außenministerium auf und stellt den Teil, der mit dem Baufenster der Bauakademie überlappt als Funktionskörper in einen ansonsten völlig freien, von einer abstrahierten Schinkelfassade begrenzten Hof. Dreher Architekt unterwirft den eigentlichen Bauprozess verschiedenen Nutzerszenarien und erzeugt so eine sich stetig wandelnde Hülle, die den Findungsprozess der finalen Erscheinung abbildet.
Wer sich nun eine eindeutige Aussage aus dem bundesweit bislang einmaligen Verfahren erhofft hatte, wurde enttäuscht. Die Jury unter Vorsitz des parlamentarischen Staatssekretärs Florian Pronold entschied sich, fünf gleichwertige erste Preise und vier Anerkennungen zu vergeben.
Obwohl es nur um Inhalte gehen sollte, gießt dennoch nahezu jeder der Beiträge das Programm in eine Form. Was man als klassische Themaverfehlung deuten könnte, mag Indikator dafür sein, dass Form und Funktion nun mal nicht unabhängig voneinander gedacht werden können, oder auch, dass Architekten qua ihrer Profession einfach bessere Problemlöser als Aufgabensteller sind. Was die Jury als Würdigung der „thematischen Breite der herausragenden Konzepte“ verkauft, stellt sich bei näherer Betrachtung als genau das Dilemma heraus, das auch schon die Dialogverfahren begleitete. Die Akzeptanz einer Architekturinstitution mit internationaler Strahlkraft ist unstrittig und bei der inhaltlichen Ausrichtung geht es um Detailfragen, aber das große Ganze wird von der Form bestimmt und sie ist es, die letztlich in mindestens zwei Lager spaltet. Mit einer Preisverteilung nach Gießkannenprinzip vermeidet es die Jury hier bewusst, Stellung zu beziehen, dabei ist unter den prämierten Arbeiten im Subtext jede formale Haltung zur Bauakademie von maximal Rückwärtsgewandt bis utopisch Visionär zu finden. Am einen Ende der Skala treten Beate Engelhorn und Limited Edition Architecture den Beweis an, dass sich Multifunktionszone, Ausstellung und Lager in den weitgehend ursprünglich belassenen Akademiegrundriss quetschen lassen. Etwas weniger sklavisch packt die Arge Ulrich Müller mit AFF Architekten ihr vernetztes Programm in die rekonstruierte Kubatur. Das Büro merz merz umreißt seine Vorstellung eines Programms piktogrammartig, formuliert aber auch eine Abkehr von der reinen Rekonstruktion in Form eines „historischen Stempels“, der Teile des DDR-Außenministeriums lesbar machen soll. Ein Eingriff in den Schinkelplatz, den die Jury allerdings als zu radikal einstuft. Auch studioeuropa mit Fopp Zaugg greift das abgerissene Außenministerium auf und stellt den Teil, der mit dem Baufenster der Bauakademie überlappt als Funktionskörper in einen ansonsten völlig freien, von einer abstrahierten Schinkelfassade begrenzten Hof. Dreher Architekt unterwirft den eigentlichen Bauprozess verschiedenen Nutzerszenarien und erzeugt so eine sich stetig wandelnde Hülle, die den Findungsprozess der finalen Erscheinung abbildet.
Was ist nun Anzufangen mit fünf gleichwertig prämierten, aber sehr unterschiedlichen Beiträgen denen keinerlei Verbindlichkeit für das weitere Verfahren zugestanden wird? „Der Sinn war es, sich über die Programmierung sicherer zu werden“, so Florian Pronold. Außerdem hätte man wichtige Erkenntnisse darüber gewonnen, was man nicht wolle. Ausgeschlossen werden konnte so zum Beispiel, dass der zukünftige Intendant ein genau so großes Büro wie ehemals Schinkel bekommt, ebenso ein Schinkel-Archiv, zu viele Büroräume und dass „auf dem Volumen irgendwie ein fünfzig Meter hoher Wohnturm aufgesetzt wird, weil wir Wohnungsnot haben“, so Regula Lüscher ergänzend.
Ein verhältnismäßig kostspieliger Erkenntnisgewinn, veranschlagt man lediglich das Preisgeld von 355.000 Euro. Zumindest seien die Ergebnisse auch „wichtige Ideenbausteine für den anstehenden öffentlichen Diskurs.“ Also noch eine Runde – nach bereits drei durchgeführten Dialogforen? Dass nach dieser oder auch der übernächsten Diskussion ein entscheidender Schritt vollzogen wird, ist – solange mit der Frage nach Inhalt und Nutzung um die Frage der konkreten Form laviert wird – nicht zu erwarten. Ebenso fraglich ist, ob sich nach einem zähen Prozess mit symbolischer Beteiligung eine breite Akzeptanz erzielen lässt.
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