Entwurfsatlas Sakralbauten
Text: Tietz, Jürgen, Berlin
Entwurfsatlas Sakralbauten
Text: Tietz, Jürgen, Berlin
Vervollständigt wird die Auseinandersetzung mit dem Thema Sakralbau durch einen Blick auf die zeitgenössischen Bauten zweier weiterer großer Weltreligionen, Judentum und Islam. Roman Hollenstein konzentriert sich in seinem Beitrag auf die moderne Synagoge im 20. Jahrhundert, während Negar Hakim sich der „Geschichte und Gegenwart des Moscheebaus“ und den vier Moschee-Typen widmet. Zwar ist der Entwurfsatlas lange vor der aktuellen Minarett-Diskussion erschienen, die schneller als das Wasser des Rheins von der Schweiz nach Deutschland geschwemmt wurde. Gleichwohl ist es gerade vor diesem Hintergrund sehr spannend, jene von Hakim vorgestellten Moscheen und kleineren islamischen Sakralbauten zu betrachten, die „eine kritische Distanz zur Tradition“ erkennen lassen. Dazu zählt auch der Gebetsraum im Park des Teppichmuseums in Teheran (1978) von Kamran T. Diba – ganz ohne Kuppel und Minarett.
Wer je versucht hat, in einer der neo-gotischen Kirchen Berlins aus der Gründerzeit mühsam den im Raum verhallenden Worten der Predigt zu folgen, der weiß um die hohe Bedeutung, die der Akustik in Sakralbauten zukommt (Beitrag Dorothea Baumann und Christina Niederstätter). Ganz entscheidend aber wird die Sakralität eines Raums durch dessen Beleuchtung erfahrbar, ein Thema, dem sich Eva-Maria Kreuz widmet.
Der zweite Teil des Buches ist Beispielbauten seit 1970 vorbehalten. Neben ausgewählten Synagogen und Moscheen bilden hier die christlichen Sakralbauten einen deutlichen Schwerpunkt. Die vorgestellten Bauten stehen repräsentativ für das breite Spektrum neuer Kirchen und sind entsprechend ihrer Struktur und Nutzung in die Gruppen Achse, Zentrum, Großkirchen, Doppelkirchen, Arbeiten und Klöster gegliedert sowie – nochmals gesondert — in einen Abschnitt zu Krematorien und Aussegnungshallen. Darunter befinden sich neben Sakralbau-Klassikern der Gegenwart auch einige weniger bekannte Bau-ten. Höchst anregend ist auch ein kurzes Kapitel über „Das Heilige und seine Bedeutung für den Kirchenbau heute“, in dem die Schnittstelle zu künstlerischen Projekten ausgelotet wird, wie Eduardo Chilidas Felsenraum in der Montana Tinday oder James Turells „Skyspaces“.
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