Wilfried Stallknecht und das industrielle Bauen
Ein Architektenleben in der DDR
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Wilfried Stallknecht und das industrielle Bauen
Ein Architektenleben in der DDR
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Die DDR ist Geschichte, ebenso ist es der industrielle Geschosswohnungsbau. Die mit ihm zwischen Ostsee und Erzgebirge erstellten Wohngebiete waren in den letzten 25 Jahren Gegenstand soziologischen und stadtplanerischen Interesses – als Objekt der Architekturgeschichte wurden sie kaum wahrgenommen.
Die im Lukas Verlag erschienene Monographie zu Wilfried Stallknecht ist insofern eine Pionierleistung, als ihr Autor Harald Engler einem „Architektenleben in der DDR“ nachgeht, das dem industriellen Wohnungsbau und auch den bis heute aktuellen Fragen von Variabilität und Flexibilität gewidmet war und damit nicht nur von historischer Relevanz ist. Zugleich wird hier erstmals ein Architekt gewürdigt, der nicht mehr in die Kategorie des Genies passt, in die Henselmann, Paulick, Kaiser gerne einsortiert werden, sondern ein Entwerfer, der als Angehöriger der in Kollektiven wirkenden, mithin anonymen technischen Intelligenz des ostdeutschen Staates erscheint. Ein Entwerfer war Stallknecht, daran lässt Engler keinen Zweifel, und zwar vom Möbel (Stallknecht begann seine Karriere mit einer Ausbildung zum Tischler) bis zum Städtebau (Leninplatz Berlin, Stadtsanierung Bernau), und dies in herausragender Position als Kollektivleiter in verschiedenen Instituten der Deutschen Bauakademie. Seine Bedeutung erwächst ihm aus der maßgeblichen Verantwortung für die Konzeption der Wohnungsbauserien P2 und WBS 70. Die Kraft zur Innovation, die in den Planungsabteilungen wirkte, trat nicht immer ins Licht der Öffentlichkeit: Die Hausproduktion im Gleit-Kipp-Verfahren etwa schaffte nie den Sprung in die breite Anwendung. Der 1976 in Dahlewitz-Hoppegarten, Ortsteil Waldesruh, auf diese Weise erstellte Prototyp wurde vor ein paar Jahren leider abgerissen. So liefert der reich illustrierte Band Entdeckungen auf unterschiedlichen Ebenen – er ist eine der wichtigen Publikationen zur ostdeutschen Architektur nach 1990.
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