Bauwelt

Zurück auf Los!

Das Architekturzentrum Wien zeigt und hinterfragt Spiele zur Architekturvermittlung

Text: Matzig, Katharina, München

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Architektur Spielen im Architekturzentrum Wien
Foto: Lisa Rastl

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Architektur Spielen im Architekturzentrum Wien

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Zurück auf Los!

Das Architekturzentrum Wien zeigt und hinterfragt Spiele zur Architekturvermittlung

Text: Matzig, Katharina, München

"Sie haben Ihr Bestes gegeben, um einen schönen neuen Bebauungsplan für Parkettdorf zu gestalten. Vielleicht ist es Ihnen aber nicht gelungen, die Mehrheit des Gemeinderats von der Qualität Ihres Vorschlags zu überzeugen. Raumplanung erfordert viel Kreativität, Einfühlungsvermögen für das Wohnumfeld der Zukunft und Informationen über die spezifischen Gegebenheiten des Ortes. Gerade diese Umstände, Rahmenbedingungen und die Wünsche aller Beteiligten führen oft in widersprüchliche Richtungen, die schwer zu vereinen sind. Versuchen Sie es noch einmal!“ Mit anderen Worten: Gehe zurück auf Los!
Wenn Friedrich Schiller recht hat, dass der Mensch nur da ganz Mensch ist, wo er spielt, und wenn es stimmt, wie Frei Otto überzeugt war, dass „auch wenn sich der Mensch nicht schützen müsste vor Regen und Kälte, so würde er doch bauen. Weil es ihm eingeschrieben ist“, dann stellt sich vor allem die Frage, warum sich erst jetzt eine Ausstellung mit dem den Menschen doch so bestimmenden Thema Architektur und Spiele befasst. „Serious Fun“ heißt sie, sie ist in Ausstellungshalle 2 im Architekturzentrum Wien zu sehen und lädt dazu ein, Architekturspiele von Architektinnen, Künstlern und Spieleentwicklerinnen zu spielen und zu reflektieren. Aus gutem Grund: Denn so wie Architektur gebaute Gesellschaft ist, vermitteln Spiele Weltanschauungen, evozieren Utopien oder Dystopien, vermitteln, bestätigen oder kritisieren Werte und Ideen.
Dass die anspruchsvolle Zusammenstellung eher „serious“ ist, als dass sie „fun“ bereitet – und das ist in diesem Fall nicht nur, aber auch als Kompliment gemeint – liegt also nah. Wer Lego erwartet hat, Kapla-Steine oder Monopoly, wird enttäuscht sein. Und überrascht, angeregt, bisweilen jedoch auch überfordert werden von den Exponaten, die Kuratorin Mélanie van der Hoorn destilliert hat. Begonnen hat die Kulturanthropologin ihre Suche nach alternativer Architekturvermittlung mit einer Arbeit über Comics in der Architektur, die folgerichtig zur Recherche über Architektur im Film führte und zwangsläufig überging in eine Forschung zum Thema Architektur und Spiele – denn erst das Spiel macht es möglich, zu interagieren und einzutauchen in eine Parallelwelt, die der Spieler im Zweifelsfall vorher selbst erbaut hat. „Serious Fun“ passt also gut ins AzW, in dem es Direktorin Angelika Fitz nicht nur darauf ankommt, die Kommunikation zwischen Experten und Laien zu fördern, sondern auch der Architektur die Bedeutung zu verleihen, die sie hat: eine sozialpolitische.
In drei Stationen ist die Ausstellung mit 25 Hauptexponaten organisiert, sie startet mit Altbekanntem: einer Plattform voller Brettspiele und Bausätze. Von hier aus allerdings führt der Parcours nicht nur in die Tiefe der Halle, sondern auch der Materie: In „Critical Blocks“ aus dem Jahr 2012 etwa gestaltet Produktdesigner Maykel Roovers eine Welt aus Buchenholzbauklötzen, in der Rathaus, Bahnhof, Einfamilienhaussiedlung und Kirche ersetzt sind durch ein Atomkraftwerk, eine Megafarm und eine Großwohnanlage. Der britisch-nigerianische Künstler Yinka Shonibare nutzt mit „Untitled (Dollhouse)“ von 2002 das Modell eines großbürgerlichen viktorianischen Puppenhauses zur Kritik (post)-kolonialer Verhältnisse: Es ist innen mit Vlisco-Batiken tapeziert und möbliert, einem Stoff, der auf indonesischen Mustern beruht, in den Niederlanden hergestellt und nach Westafrika exportiert wird.
Ein paar Schritte weiter lädt dann das London Developers Toolkit der Architekten Sandra Youkhana und Luke Caspar Pearson zum Mitspielen ein: Die satirische App von 2015 animiert dazu, aus 84 Modulen einen Wolkenkratzer zu bauen, der auf Luxus, Extravaganz und Exzess geprüft wird. Erscheint er den Investoren genehm, darf man sich ein Werbeplakat ausdrucken.
Analog und digital, zum Mitspielen und Reflektieren, spaßig oder didaktisch sind die Kunstwerke, Spieltische, Bildwände, Bauwerke. Zum Teil sind sie sogar real: Schließlich ist das Spiel in der Architektur- und Stadtentwicklungspraxis bewährtes Medium bei Beteiligungsprozessen. Das von Ekim Tan gegründete Büro „Play the City“ beispielsweise hat sich schon 2008 auf die Entwicklung von Spielen zur Förderung von partizipativen Prozessen im Städtebau spezialisiert, auch das TUDelft Campus Urban Game von Blok74 unterstützt seit 2015 als hybrides Spiel interaktive Lösungen für urbane Fragen.
Leichter zugänglich – zumindest für Nicht-Digital-Natives – ist das bereits am Anfang erwähnte „Parquette“, ein städtebauliches Simulationsspiel, das Hans Venhuizen 1991 erfand und dann 2008 für das neu geplante Almere weiterentwickelte. Das Exponat, das extra für die Ausstellung als vereinfachte Version für zwei Spieler adaptiert wurde, liegt am Ende der Spielstraße im AzW. Auf Socken darf das Liliput-Fischgrätparkettdorf betreten und gestaltet werden. Gewonnen hat, wer mit seiner Anordnung von kleinen und großen Doppelhäusern, Hochhäusern und gemischten Gebäudetypen den Gemeinderat überzeugt. Ansonsten eben: Gehe über Los und play it again!

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