Studentenwohnanlage in Saclay
Es sieht aus wie ein überdimensioniertes Maison Dom-Ino. In Wirklichkeit liegt der Wohnanlage für Studierende in Saclay eine Neuformulierung des Programms zugrunde: Parken und Wohnen wurden gestapelt, um den Hof so grün und offen wie möglich zu gestalten.
Text: Geipel, Kaye, Berlin
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Ein Wettbewerb liegt dem ungewöhnlichen Konzept zugrunde: Ursprünglich sollten Parken und Wohnen an zwei unterschiedlichen Orten des Baublocks untergebracht werden.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
Ein Wettbewerb liegt dem ungewöhnlichen Konzept zugrunde: Ursprünglich sollten Parken und Wohnen an zwei unterschiedlichen Orten des Baublocks untergebracht werden.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
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Die Architekten gewannen mit einer Stapelung.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
Die Architekten gewannen mit einer Stapelung.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
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Forschungslandschaft im Bau: Im Gegensatz zu den geschlossen wirkenden Nachbarbauten zeigt der neue Wohnungsbau ein offenes Tragskelett.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
Forschungslandschaft im Bau: Im Gegensatz zu den geschlossen wirkenden Nachbarbauten zeigt der neue Wohnungsbau ein offenes Tragskelett.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
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Die Doppelhelix der Parkrampe ist an der Stahlbetonstruktur abgehängt.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
Die Doppelhelix der Parkrampe ist an der Stahlbetonstruktur abgehängt.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
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Bei einer künftigen Umnutzung ließe sie sich bei Bedarf auch demontieren.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
Bei einer künftigen Umnutzung ließe sie sich bei Bedarf auch demontieren.
Foto: Bruther/Maxime Delvaux
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Über den Briefkästen hängt eine Lichtdecke aus Neonröhren.
Foto: Bruther/ Filip Dujardin
Über den Briefkästen hängt eine Lichtdecke aus Neonröhren.
Foto: Bruther/ Filip Dujardin
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Im ersten und zweiten Geschoss Parken, ...
Foto: Bruther/ Filip Dujardin
Im ersten und zweiten Geschoss Parken, ...
Foto: Bruther/ Filip Dujardin
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... darüber liegen die Wohnungen für die Studierenden.
Foto: Bruther/ Filip Dujardin
... darüber liegen die Wohnungen für die Studierenden.
Foto: Bruther/ Filip Dujardin
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Die Maisonettewohnungen im Dachbereich besetzen jeweils eine Hälfte unter einem Tonnendach.
Foto: Bruther/ Filip Dujardin
Die Maisonettewohnungen im Dachbereich besetzen jeweils eine Hälfte unter einem Tonnendach.
Foto: Bruther/ Filip Dujardin
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Mehrfach geschichtete Vorhänge schützen vor der Sonne.
Bruther/Maxime Delvaux
Mehrfach geschichtete Vorhänge schützen vor der Sonne.
Bruther/Maxime Delvaux
Im Großraum Paris ist das Angebot für Studierende, bezahlbaren Wohnraum zu finden, noch schmäler als in anderen Großstädten Frankreichs. Emanuel Macrons Versprechen, während seiner Regierungsperiode für die Unis 60.000 neue Wohnungen zu bauen, gilt längst als gescheitert. Der Mangel an Wohnraum betrifft gerade auch das „Plateau de Saclay“, den Standort vieler Universitäten und Forschungseinrichtungen im Süden von Paris. Plateau heißt dieser in Ost-Westrichtung verlaufende Landstrich, weil es sich um eine Hochebene zwischen zwei Tälern handelt, die jahrhundertelang landwirtschaftlich genutzt wurde. Aus den 70er Jahren datiert die Idee, hier nach amerikanischem Vorbild Forschung, universitäre Ausbildung, Industrie und Eliteschulen zu konzentrieren und sich städtebaulich am Campus-Konzept zu orientieren. Mehrere Entwicklungsphasen hat dieses französische Silicon Valley heute hinter sich. Im Gegensatz zum amerikanischen Planungs-Laisser-Faire geht es in Frankreich geordneter zu. Entscheidender Bestandteil der städtebaulichen und landschaftsplanerischen Neustrukturierung ist ein Masterplankonzept, das als Teil der Planungsvorhaben von Grand Paris von Xaveer de Geyter, Floris Alkemade und Michel Desvigne 2011 entworfen wurde (
Bauwelt 26.2018). Auch verkehrstechnisch gibt es hochfliegende Pläne. Im Rahmen des „Grand Paris Express“ wird eine automatisierte Hochbahnlinie gebaut, die Versailles und den Flughafen von Orly mit Saclay verbindet.
Der Künstlichkeit eines Städtebaus, der vor allem aus Büros besteht, begegnen Xaveer de Geyter und seine Mitstreiter mit einem Raster aus offenen Blockstrukturen, grünen Hofbereichen, die teilweise weit in die Landschaft ausgreifen und grünen Erschließungsachsen. Eine sieben Kilometer lange Avenue verbindet die Pole im Osten und Westen. Allerdings ist die im Forschungssektor notwendige Nutzungsflexibilität und die hohe Fluktuation der Bewohner wenig hilfreich bei der Umsetzung identitätsstiftender und lebendiger Quartiere. Die Planer versuchen gegenzuhalten, indem sie den Höfen eine je eigene Charakteristik zusprechen und die öffentliche Nutzung an Kreuzungspunkten bündeln. Architektonisch geht es um die knifflige Suche nach hybriden Typologien, die kräftig genug sind, gestalterische Hochpunkte zu setzen, aber auch der Umnutzung nicht im Weg stehen.
Ein neuer Stadtbaustein, der diese städtebauliche Intention markant umsetzt, ist die im Januar fertiggewordene Wohnanlage für Studierende „Rosalind Franklin“. Sie liegt in Palaiseau auf der Ostseite von Saclay, inmitten des Quartiers der „École polytechnique“ und weiterer prestigeträchtiger und heute in die Kritik geratener „Grandes Écoles“. Der Bau mit seinem U-förmigen Grundriss ist das Ergebnis eines Wettbewerbs, den die Büros Bruther aus Paris und Baukunst aus Brüssel gewonnen hatten. Das Programm umfasst rund 200 Wohnungen für Studierende, dazu angesichts des erst in einigen Jahren fertigen Bahnhofs 500 Parkplätze, sowie Flächen für Läden im Erdgeschoss.
Konstruktion als Möglichmacher
Man soll, so sagen es die Architekten, ihren Bau weniger als Bauwerk denn als offene Infrastruktur verstehen: eine Art Spielfläche, die unterschiedliche Nutzungen aufnehmen kann. Dieser Grundgedanke wurde eindrücklich umgesetzt. Der Stahlbetonbau zeigt alle Kennzeichen jener jüngeren französischen Architektur, die sich vom Zwang einer kapitalistischen Immobilienproduktion, nur noch genau kalkulierte „Produkte“ abzuliefern, nicht mehr gängeln lassen will. Als Alternative setzen die Architekten auf ein raffiniertes Paradox: Die Baukonstruktion ist auf den ersten Blick so brutal nüchtern, wirtschaftlich und französisch rational, wie es sich besser kaum vorstellen lässt. Allein der großzügig verwendete Sichtbeton mag da in puncto Zukunftsfähigkeit etwas aus der Rolle fallen.
Dieser nüchternen Struktur steht ihre Bespielung mit plastischen Formen gegenüber, die dem Bau eine unübersehbare Identität verleiht und dabei weit in den öffentlichen Raum ausgreift. Architektur soll jenseits ihrer Nutzungstypologie – Wohnanlage für Studierende – immer auch öffentliche Funktionen wie selbstverständlich integrieren. Wenn die Architekten zum Beispiel die unteren Geschosse für die Parkflächen reservieren, diese aber mit einer riesigen, schon von Ferne sichtbaren Wendel-Rampe à la Melnikov erschließen, so ist damit bereits eine Zukunft ins Auge gefasst. Die Parkflächen für Autos werden über kurz oder lang verschwinden, wenn der neue Bahnhof kommt. Die Rampe wird dann zu einem dominanten öffentlichen Raum, dessen Aneignung den künftigen Nutzern dieser Flächen obliegt. Sichtbar wird hier eine existentialistische Selbstbehauptung der Architektur, die den Spielraum der Erschließungsflächen dazu benutzt, um diese gegen ein knallhart kalkuliertes Raum-für-Raum-Programm in Stellung zu bringen. Solche Strategien einer potentiellen Mehrfach-Codierung, in der die Architektur eine selbstbewusste Rolle als Advokat des Öffentlichen einnimmt, haben die Architekten schon bei früheren Projekten umgesetzt (Bauwelt
12.2016 und
35.2016).
Bleibt die Frage nach dem vielen Stahlbeton. Wegen seiner plastischen Qualitäten mag man ihn auch als Kritiker nicht missen. Die Herausforderung bleibt, ob sich solche Konzepte künftig auch in Holz oder Stahl umsetzen lassen.
Fakten
Architekten
Bruther, Paris; Baukunst, Brüssel
Adresse
1 Place Marguerite Perey, 91120 Palaiseau, Frankreich
aus
Bauwelt 5.2021
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